Zusammenfassung: Im Jahr 2007 sind 31 Arzneimittel
neu zugelassen worden. Davon hatten 17 eine neuartige Struktur oder ein
neuartiges Wirkprinzip, bei fünf waren Pharmakokinetik oder Pharmakodynamik
verbessert und fünf waren Analogpräparate ohne Innovation und Zusatznutzen.
Lumiracoxib musste im gleichen Jahr wegen Lebertoxizität wieder vom Markt
genommen werden. Bei Vareniclin ergaben sich Hinweise auf gefährliche
psychiatrische UAW. Trotzdem ist bei den Neuzulassungen des Jahres 2007 nicht
die Arzneimittelsicherheit das Hauptproblem, sondern - wie schon im Vorjahr -
die zum Teil extrem hohen Preise. Viele der teuren Medikamente haben ihre
Indikation bei seltenen Krankheiten (Orphan Drugs), andere bei häufigen
(Exenatid, HPV-Impfstoff, Ranibizumab). Die Preise spielen bei der Zulassung in
Deutschland keine Rolle. Das muss sich dringend ändern.
Im Juli 2008 ist der neue Arzneiverordnungs-Report
erschienen (1). Er berichtet wie alljährlich über das Verordnungsverhalten der
Ärzte zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) im Jahr zuvor.
Insgesamt stiegen die Arzneimittelausgaben im Jahr 2007
um 6,7% auf 27,8 Mrd. €. Die Zahl der Verordnungen hat zugenommen, und es
wurden teurere Arzneimittel und größere Packungen verordnet. Zum Anstieg der
Kosten trugen aber auch die Erhöhung der Mehrwertsteuer von 16% auf 19% bei,
die auch für Arzneimittel gilt, und die Übernahme der Kosten für
Schutzimpfungen in den Leistungskatalog der GKV.
Bei der Betrachtung einzelner Marktsegmente entsteht
allerdings der Eindruck, dass auch preisbewusster und daher preiswerter
verordnet wird. So wurde z.B. im Bereich des „generikafähigen” Marktes mehr
verordnet. Im Jahre 2000 waren es 63%, demgegenüber im Jahr 2007 75%. Im selben
Zeitraum gingen auch die Kosten für die Verordnungen „umstrittener Arzneimittel”
von 163 Mio. auf 42 Mio. € zurück. Der Umsatz von ”Me too”- oder
Analog-Präparaten nahm im gleichen Zeitraum zwar deutlich zu (von 2,5 Mrd. €
auf 4,9 Mrd. €), aber es wurden infolge der Festpreisregelung, die diese
Präparate deutlich verbilligt, preisgünstigere Arzneimittel verordnet.
Es könnte jedoch noch preisbewusster verordnet
werden. 1,3 Mrd. € wären zu sparen, wenn regelmäßig die preisgünstigsten
Arzneimittel der jeweiligen Gruppe gewählt würden, etwa Omeprazol statt
Pantoprazol, Morphin statt Oxycodon, Carbamazepin statt Pregabalin oder Bisoprolol
statt Metoprolol. Würde das jeweils preisgünstigste Generikum ausgewählt,
könnten weitere 995 Mio. € gespart werden. Offenbar halten es viele Ärzte noch
immer nicht für ihre Aufgabe, sich um Arzneimittelpreise zu kümmern. Zu hohe
Preise sind doch die häufigste „unerwünschte Wirkung” von Arzneimitteln!
Bei den neuen Arzneimitteln des Jahres 2007 fällt
auf, dass sieben Substanzen für seltene Krankheiten zugelassen worden sind und
dass die Preise für diese Arzneimittel extrem hoch sind (2). Würden die elf
teuersten Medikamente, die im Jahr 2007 zugelassen wurden, regelmäßig bei der
Indikation eingesetzt, die in der Zulassung genannt ist, müssten etwa 12 Mrd. €
zusätzlich veranschlagt werden, allein für Ranibizumab (Lucentis®)
fast 9 Mrd. €. Das ist bezeichnend für die rücksichtslose und leider
unkontrollierte Preispolitik der Hersteller. Auf diese Weise sollen offenbar
finanzielle Einbußen durch Marktsättigung und Preisverfall bei den Medikamenten
gegen die Volkskrankheiten wettgemacht werden.
Im folgenden sind die neuen Arzneimittel des Jahres
2007 aufgelistet. Für jedes Medikament ist, wie im Arzneiverordnungs-Report
üblich, die Bewertung nach Fricke angegeben: A = Innovative Struktur mit
therapeutischer Relevanz; B = Verbesserung pharmakodynamischer oder
pharmakokinetischer Eigenschaften; C = Analogpräparat mit keinen oder
nur geringen Unterschieden; D = nicht ausreichend gesichertes
Wirkprinzip oder unklarer therapeutischer Stellenwert. Die Preise (in €) pro
WHO-definierter mittlerer Tagesdosis (DDD) sind ebenfalls dem
Arzneiverordnungs-Report 2008 entnommen.
Abatacept (Orencia®) wurde, in Kombination mit Methotrexat, zur i.v.
Behandlung von Patienten mit Rheumatoider Arthritis zugelassen, die auf andere
Remission-induzierende Arzneimittel, auch TNF-Antagonisten (Eternacept,
Infliximab, Adalimumab) nicht ansprechen. Es handelt sich um einen sehr
komplexen Eiweißkörper, der die Stimulation der T-Lymphozyten bremst.
Aktivierte T-Lymphozyten spielen eine besondere Rolle in der Pathogenese der
Rheumatoiden Arthritis. In den Zulassungsstudien führte bei Patienten, die auf
Methotrexat bzw. Infliximab nicht ansprachen, die Behandlung mit Abatacept nach
6 bzw. 12 Monaten zu deutlich positiven klinischen Effekten. Unerwünschte
Arzneimittelwirkungen (UAW) sind Infusionsreaktionen und im weiteren Verlauf
schwere Infektionen. In einer mit Infliximab (3) vergleichenden Untersuchung
war die Wirksamkeit ähnlich, das UAW-Profil vielleicht etwas günstiger. Eine
abschließende klinische Einordnung des neuartigen teuren Arzneimittels ist noch
nicht möglich.
Bewertung: A; Kosten pro WHO definierter
Tagesdosis (DDD): 59,56 €.
Aliskiren (Rasilez®) ist der erste zur Behandlung der arteriellen
Hypertonie zugelassene Renininhibitor. Wir haben die Substanz kritisch
besprochen (4). Es fehlen Langzeitstudien. Die Therapiekosten sind
vergleichsweise hoch (vgl. 5).
Bewertung: A/C; DDD: 1,00 €. Zum Vergleich:
Valsartan (Diovan®, Provas®, Cordinate®) ~ 0,65
€, Ramipril Hexal® 0,07 €.
Anidulafungin (Ecalta®) ist nach Caspofungin der zweite Vertreter der
Echinocandine, der zur Behandlung der invasiven Candidiasis bei erwachsenen,
nicht neutropenischen Patienten zugelassen wurde. In vergleichenden klinischen
Studien mit Fluconazol (vgl. 6) ergaben sich bei ähnlichem UAW-Profil keine
überzeugenden Hinweise für eine bessere Wirksamkeit von Anidulafungin.
Bewertung: C; DDD: 583,77 €. Zum Vergleich:
Fluconazol Hexal® 65,27 €.
Betain (Cystadane®) ist ein lange bekanntes, jetzt als Orphan drug
zugelassenes Präparat (2) zur Behandlung der seltenen, genetisch bedingten
Hyperhomozystinämie und Homozystinurie (verzögerte geistige Entwicklung,
Augenlinsen-Luxationen, frühe Arteriosklerose und Osteoporose).
Bewertung: A; DDD: 21,24 €.
Cilostazol (Pletal®) wurde zugelassen zur Förderung der arteriellen
Durchblutung bei Claudicatio intermittens. Die schmerzfreie Gehstrecke verlängert
sich unter der Behandlung nicht mehr als unter Naftidrofuryl, aber deutlich
weniger als bei systematischem Gehtraining (7).
Bewertung: C; DDD: 2,50 €. Zum Vergleich:
Naftidrofuryl 1,18 €.
Darunavir (Prezista®) ist ein neuartiger Proteaseinhibitor zur Behandlung
von HIV-Infektionen. Er bewirkte in einer Studie mit mehrfach vorbehandelten
Patienten ein besseres virologisches Ansprechen als in der
Proteaseinhibitor-Kontroll-Gruppe. Ob die beobachtete Reduktion der Viruslast
auch zu Verbesserungen harter klinischer Endpunkte führt, kann nur durch
Studien mit mehr Patienten und längerem Beobachtungszeitraum entschieden werden
(8).
Bewertung: B; DDD: 32,67 €. Zum Vergleich:
Tripranavir (Aptivus®) 39,90 €.
Eculizumab (Soliris®) ist ein humanisierter monoklonaler Antikörper gegen
das Komplementprotein C5 zur Behandlung der paroxysmalen nächtlichen
Hämoglobinurie. Es ist als Orphan drug zugelassen (2). In klinischen Studien
konnte eine effektive Senkung von Transfusionsbedarf und Thromboembolierate
nachgewiesen werden. Problematisch sind die enorm hohen Therapiekosten. Die
Tagesdosis (300 mg) kostet 5.736,10 €, die Dauertherapie (900 mg alle 14 Tage)
448.645 €/Jahr. Für die 1300 Patienten, die es in Deutschland gibt, entstehen also
Kosten von etwa 580 Mio. €.
Bewertung: A; DDD: 5.736,10 €.
Epoetin delta (Dynepo®) ist ein weiterer Erythropoese-stimulierender
Wirkstoff, der sich im Herstellungsverfahren (menschliche Hautzelllinie)
gegenüber den Epoetinen alfa und beta unterscheidet. Epoetin delta ist zur
Behandlung der renalen Anämie zugelassen. Klinische Studien zeigten eine
vergleichbare Wirksamkeit und Sicherheit mit Epoetin alfa. Wir sind auf die
Problematik dieser Stoffgruppe ausführlich eingegangen (9). Epoetin delta ist
etwas preisgünstiger als die anderen Erythropoese-stimulierenden
Referenzarzneimittel, aber teurer als die kürzlich zugelassen biosimilaren
Arzneimittel.
Bewertung: C; DDD: 11,47 €. Zum Vergleich: Epoetin
alfa (Erypo®) 15,17 €.
Eptotermin alfa (Osigraft®) ist ein Protein, das die Knochenneubildung bei
Patienten mit Pseudarthose, z.B. nach Tibiafraktur, anregt. Es ist ebenso
wirksam wie eine Knochentransplantation, aber teurer.
Bewertung: A/C; Einmalige Gabe 5.402,72 €.
Exenatid (Byetta®) ist ein Inkretin-Analogon. Es hat eine dem Glucagon-like
peptide-1 des Dünndarms ähnliche Wirkung. Es ist zugelassen zur Behandlung von
Typ-2-Diabetikern, die auf orale Antidiabetika (OA) nicht ausreichend ansprechen.
Wir haben das Medikament kritisch besprochen (10). Mittlerweile ist als UAW
auch über akute Pankreatitis berichtet worden (11). Ein weiteres Problem sind
die Kosten (12). Es gibt in Deutschland etwa 490 000 Typ-2-Diabetiker, die
auf OA nicht ausreichend ansprechen. Würden diese alle vor dem Übergang auf
Insulin mit Exenatid behandelt, entstünden jährlich Kosten von 730 Mio. € (1),
ohne dass ein Zusatznutzen erkennbar ist. Die Preisgestaltung der Hersteller
ist dringend kontrollbedürftig.
Bewertung: A/C; DDD: 4,10 €. Zum Vergleich:
Actraphane® 1,27 €.
Gadoversetamid (Optimark®) ist ein Kontrastmittel für die
Magnetresonanz-Angiographie mit ähnlichen Eigenschaften und UAW wie andere
Gadolinium-haltige Kontrastmittel.
Bewertung: C; Preis pro Untersuchung: 79,63 €.
Zum Vergleich: Gadovist® 82,30 €, Dotarem® 89,52 €.
Humaner Papillomvirus-Impfstoff Typ 16,18 (Cervarix®). Die Probleme bei der Beurteilung von Wirkungen, UAW
und Preis der HPV-Impfung haben wir bei der Zulassung von Gardasil®
ausführlich und kritisch diskutiert (12). Auch für Cervarix® gelten
die gleichen Überlegungen. Zur Prophylaxe von Genitalwarzen ist es unwirksam.
Bewertung: C; Preis für drei Immunisierungen:
454,41 €. Gardasil® ist gleich teuer.
Idursulfase (Elaprase®) ist eine rekombinante Sulfatase zur Behandlung des
Enzymmangels bei einer speziellen Mukopolysaccharidose (Hunter-Syndrom; 2). Die
motorischen Symptome (Gehstrecke, Vitalkapazität) werden gebessert, nicht aber
die schwere neurologische Symptomatik. Die Therapiekosten betragen 700.000 €/Jahr,
so dass für die Behandlung der pro Jahr neun neuen Patienten in Deutschland
etwa 6 Mio. € aufgewendet werden müssen.
Bewertung: A; Kosten/Jahr für ein Kind (25
kg): 391.000 €.
Lenalidomid (Revlimid®) ist ein dem Thalidomid chemisch ähnlicher Wirkstoff.
Er ist in Kombination mit Dexamethason für die Behandlung von Patienten mit
Multiplem Myelom, die mindestens eine vorausgegangene Therapie erhalten haben,
zugelassen. Lenalidomid hat stärkere antiangiogenetische und tumorhemmende
Wirkungen als Thalidomid, wobei Ergebnisse vergleichender Studien, z.B. mit
Thalidomid oder Bortezomib (Velcade®) zur Wirksamkeit und Sicherheit
bei Patienten im zugelassenen Anwendungsgebiet, nicht vorliegen. Auf die
Ergebnisse klinischer Phase-III-Studien, auf der die Zulassung basiert, werden
wir in Kürze ausführlich eingehen. Inzwischen wird Lenalidomid auch in der
primären Therapie des Multiplen Myeloms im Rahmen klinischer Studien eingesetzt.
Wie Thalidomid hat auch Lenalidomid teratogene Wirkungen (14). Die Einhaltung
höchstmöglicher Sicherheitsvorkehrungen und Verschreibung beider Wirkstoffe nur
noch über ein sog. T-Rezept (ab 8. Februar 2009) sind deshalb obligatorisch.
Die Gesamtüberlebensrate unter dieser Kombinationstherapie betrug in einer
Untersuchung 29,6 Monate im Vergleich zu 20,2 Monaten unter der Monotherapie
mit Dexamethason. Schwere UAW (Neutropenie, Thromboembolien) waren bei der
Kombinationstherapie deutlich häufiger. Ein Nachteil von Lenalidomid ist der
gegenüber Thalidomid, aber auch Bortezomib, extrem hohe Preis.
Bewertung: A; DDD: 282,56 € bzw. 103.000 €/Jahr.
Lumiracoxib (Prexige®). Dieser COX-2-Inhibitor wurde am 2.1.2007 zugelassen
und wegen seiner Lebertoxizität am 19.11.2007 wieder vom Markt genommen (15).
Maraviroc (Celsentri®) blockiert den Chemokininrezeptor CCR5 und verhindert
damit (wie Enfurvitid) den Eintritt des HIV in die Zelle. Es ist angezeigt in
Kombination mit anderen antiretroviralen Arzneimitteln zur Therapie
vorbehandelter Erwachsener, bei denen ausschließlich CCR5trope Viren
nachgewiesen wurden. In den Zulassungsstudien wurde bei den mit Maraviroc
behandelten Patienten die Viruslast gesenkt, nicht jedoch die Häufigkeit
AIDS-typischer Infektionen. Hepatotoxizität und Interaktionen sind besonders zu
beachten.
Bewertung: A; DDD: 36,70 €.
Mecasermin (Increlex®) ist ein rekombinanter humaner
Insulin-like growth factor-1 (IGF-1). Er
ist zur Behandlung der wenigen Kinder zugelassen, die unter Kleinwuchs und
einem Mangel an IGF leiden und bei denen Wachstumshormon nicht wirksam ist (Laron-Syndrom).
Typische UAW sind Hypoglykämie, Lipohypertrophie an der Injektionsstelle und
Tonsillenvergrößerungen.
Bewertung: A; DDD: 39,09 €.
Methoxy-Polyethylenglykol-Epoetin beta (Mircera®) ist ein weiterer Erythropoese-stimulierender
Wirkstoff, der 2007 zur Behandlung der renalen Anämie zugelassen wurde. Durch
Pegylierung steigt das Molekulargewicht, und die Wirkdauer wird auf ca. vier
Wochen verlängert. Methoxy-Polyethylenglykol-Epoetin beta wird deshalb auch als
„Continuous Epoetin Receptor Activator” (C.E.R.A.) bezeichnet, ein Begriff, der
angesichts identischer Wirksamkeit und Verträglichkeit wie z.B. Epoetin alfa
und beta eher dem Marketing dient und kein neues Wirkprinzip darstellt.
Bewertung: B; DDD: 8,58 €. Zum Vergleich:
Epoetin delta (Dynepo®) 11,47 €, Epoetin alfa (Erypo®)
15,17 €.
Nelarabin (Atriance®) ist ein Desoxyguanosin-Analogon zur Behandlung von
Patienten mit akuten lymphoblastischen Leukämien bzw. lymphoblastischen
Lymphomen der T-Zellen, deren Erkrankung nicht auf die vorangehende Behandlung
mit mindestens zwei Chemotherapieschemata angesprochen hat oder rezidiviert
ist. Bisher wurde Nelarabin bei Kindern und Erwachsenen mit diesen Erkrankungen
nur in unkontrollierten Phase-II-Studien untersucht, so dass der klinische
Stellenwert dieses Wirkstoffs nicht sicher beurteilt werden kann.
Bewertung: B; DDD: 625,80 €.
Paliperidon (Invega®), ein atypisches Neuroleptikum, das in Wirkungs- und
UAW-Profil dem Risperidon stark ähnelt. Es wird allerdings in einer speziellen
Retardform angeboten, die seine terminale Halbwertzeit auf etwa 23 Stunden
verlängert. Das hat für die Praxis der Therapie psychisch instabiler Patienten
gewisse Vorteile, aber z.B. beim Auftreten von UAW (extrapyramidale Störungen)
auch Nachteile.
Bewertung: C; DDD: 7,82 €. Zum Vergleich: Clozapin
Hexal® 2,19 €.
Perflutren (Luminity®) ist ein so genanntes lungengängiges Kontrastmittel
für die Echokardiographie, dessen Kontrast, wie die anderer
Ultraschall-Kontrastmittel, auf umhüllten (Fluorkohlenwasserstoff, Albumin)
Mikro-Gasbläschen beruht, die nach der Herzpassage nicht in der Lunge
abgeschieden werden. Mit Kontrastmittel waren 74% der Untersuchungen
aussagefähig, in der Vergleichsgruppe nur 26%. UAW waren ebenso häufig wie bei
Plazebo und anderen diagnostischen Maßnahmen in der Kardiologie. Allerdings
mussten andere Perflutren-haltige Kontrastmittel (Optison®, Definity®)
nach schweren UAW (auch Todesfällen) bei Patienten mit schweren kardialen
Vorerkrankungen in den USA mit einer Sicherheitswarnung („Boxed Warning”)
versehen werden bzw. wurden bereits 2005 vorübergehend vom Markt genommen (16).
Bewertung: C; Preis/Anwendung: 107,10 €. Zum
Vergleich: Optison® (Albumin) 122,22 €.
Ranibizumab (Lucentis®) ist, wie Bevacizumab (Avastin®), ein
Hemmstoff des vaskulären endothelialen Wachstumsfaktors (VEGF) und zur
Behandlung der altersbedingten Makuladegeneration zugelassen (17). Ranibizumab
ist extrem teuer. Durch einen Rabattvertrag vom Juni 2008 zwischen dem
Herstellern Novartis und 15 Allgemeinen Ortskrankenkassen ist das Problem mittlerweile
etwas entschärft (18). Nur eine unabhängig finanzierte Untersuchung der
Behandlungsergebnisse mit Bevacizumab kann Abhilfe schaffen. Derartige vergleichende
Studien sind 2008 begonnen worden. Ergebnisse sind aber erst 2010 zu erwarten.
Bewertung: A; Kosten/Jahr: 18.279 €. Zum
Vergleich: Bevacizumab (Avastin®) 266,50 €.
Retapamulin (Altargo®). Ein neues topisches Antibiotikum zur
Kurzzeitbehandlung oberflächlicher Hautinfektionen mit grampositiven Keimen. Es
wirkt nicht besser als Fucidine Salbe®, ist aber fast doppelt so
teuer.
Bewertung: A/C; DDD: 9,15 €. Zum Vergleich:
Fucidine® Salbe 4,90 €.
Rufinamid (Inovelon®) ist ein Antiepileptikum, das zur zusätzlichen
Behandlung einer besonderen Form der kindlichen Epilepsie
(Lennox-Gastaut-Syndrom) als Orphan drug zugelassen worden ist. Es hat dasselbe
Profil von Wirkungen und schweren UAW wie die bisher bei solchen Patienten
eingesetzten Medikamente (Lamotrigin, Felbamat, Topiramat), ist aber wesentlich
teurer.
Bewertung: C; DDD: 17,16 €. Zum Vergleich:
Lamotrigin 1,00 €.
Sitagliptin (Januvia®) ist ein Hemmer der Dipeptidylpeptidase. Dieses Enzym
baut hormonell aktive Proteine ab, z.B. das Glucagon-like peptide (s.
Exenatid). Sitagliptin wird als Tablette eingenommen und ist zur Behandlung von
Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 zugelassen, wenn Sulfonylharnstoffe oder
Metformin weder allein noch in Kombination den Blutzucker ausreichend senken
können (19). In den Zulassungsstudien wurden - wie bei Exenatid - Blutzucker
und HbA1c in ähnlicher Weise gesenkt wie bei Behandlung mit Sulfonylharnstoff.
Hypoglykämie und Gewichtszunahme waren seltener. Diabetes-typische Endpunkte
wie Niereninsuffizienz, Retinopathie und makrovaskuläre Komplikationen konnten
natürlich noch nicht untersucht werden. In einer großen vergleichenden Analyse
der oralen Antidiabetika war ein Zusatznutzen der Substanz bisher nicht zu erkennen
(20). Trotz eines hohen Preises wurde es bereits im ersten Jahr nach der Zulassung
sehr häufig verordnet.
Bewertung: A/C; DDD: 2,08 €. Zum Vergleich:
Glibenclamid 0,24 €, Glimepirid 0,20 €.
Telbivudin (Sebivo®) ist ein neu zugelassenes Nukleosid-Analogon zur
Behandlung der chronischen Hepatitis B, das schneller als Adefovir zu einer
Reduktion der HBV-DNA führt. Nach 52 Wochen Behandlung ist der Unterschied
jedoch nicht mehr signifikant. Bei der Behandlung der chronischen Hepatitis B
mit Nukleosid-/Nukleotid-Analoga sind aber vor allem die Langzeitergebnisse wichtig
und zusätzlich nützlich (21).
Bewertung: B; DDD: 17,51 €. Zum Vergleich:
Lamivudin 3,96 €.
Temsirolimus (Torisel®) ist ein i.v. zu verabreichender kompetitiver
Inhibitor von mTOR (Mammalian Target Of Rapamycin). Mit dem Wirkungsmechanismus
von Temsirolimus und den Ergebnissen randomisierter kontrollierter Studien zu
neuen Arzneimitteln für die Behandlung des Nierenzellkarzinoms werden wir uns demnächst
in einem Hauptartikel beschäftigen (22). Die Kosten sind sehr hoch. Am 5.1.2009
informierte der Hersteller in einem Rote-Hand-Brief über bedrohliche, auch
tödliche Zwischenfälle bei der Infusion von Temsirolimus (23).
Bewertung: A; DDD: 158,44 €. Zum Vergleich:
Interferon alfa ~ 34,70 €.
Tetrabenazin (Nitoman®) wurde schon vor Jahrzehnten in die Therapie der
Chorea Huntington eingeführt (Schweiz, Großbritannien, Irland). Erst 2006 wurde
allerdings eine randomisierte Studie veröffentlicht, die zwar eine geringe
Wirksamkeit zeigte, aber auch bedenkliche UAW. Bessere, evidenzbasierte
Behandlungsalternativen gibt es nicht.
Bewertung: A/C; DDD: 7,30 €.
Trabectedin (Yondelis®) ist ein neuartiges Zytostatikum zur Behandlung von
Patienten mit fortgeschrittenem Weichteilsarkom nach Versagen der Standardtherapie
mit Anthrazyklinen und Ifosfamid. Ergebnisse zur Wirksamkeit und Sicherheit beruhen
auf unkontrollierten Phase-II-Studien, die eine abschließende Beurteilung des
therapeutischen Stellenwerts nicht erlauben.
Bewertung: A; Kosten/Jahr: 124.835 €.
Trepostinil (Remodulin®) ist, wie Iloprost, ein Prostaglandin-Analogon, das
allerdings nicht inhalativ, sondern s.c. als Infusion angewandt wird zur
Behandlung der fortgeschrittenen, primären pulmonalen Hypertonie. Sildenafil,
oral anwendbar, und Iloprost sind klinisch äquivalent und sehr viel
preisgünstiger.
Bewertung: C; DDD: 658,33 €. Zum Vergleich:
Iloprost (Ventavis®) 50,87 €, Sildenafil (Revatio®) 26,16
€.
Vareniclin (Champix®) ist eine weitere Alternative der medikamentösen
Hilfe zur Raucherentwöhnung. In seiner Effizienz ist es Bupropion (Zyban®)
etwa ebenbürtig (24). Zum Vergleich der Häufigkeit von UAW reichen die
vorliegenden Daten nicht aus. Bisher gibt es keine Studie, in der Vareniclin
direkt mit der preiswerteren und in verschiedenen Studien etwa ebenso wirksamen
Nikotinersatz-Therapie verglichen wird (25). Nach der Zulassung haben Berichte
über neuropsychiatrische Symptome wie Depressionen und Suizidgedanken bei
Einnahme von Champix® zu Warnhinweisen der FDA, der EMEA und der
AkdÄ geführt (25).
Bewertung: A/C; DDD: 3,65 €. Zum Vergleich:
Bupropion (Zyban®) 2,97 €; Nikofrenon® Pflaster 1,67 €.
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