Die FDA hat im Februar 2009
die Weichen für eine baldige Zulassung von Prasugrel (Lilly/Daiichi Sankyo) gestellt,
obwohl nach der TRITON-TIMI-38-Studie (1) weiterhin erhebliche Sicherheitsbedenken
wegen häufiger Blutungskomplikationen und auch wegen leicht erhöhter Tumorraten
bestehen. Die Zulassung kommt für den Hersteller zu einem günstigen Zeitpunkt,
denn es häufen sich gerade Meldungen und Publikationen zu Resistenzen gegen
Clopidogrel (2) und zu potenziell gefährlichen Interaktionen mit
Protonenpumpen-Hemmern (Omeprazol, Lansoprazol
und Rabeprazol; 3, 4). Das
verwundert, denn Clopidogrel (Iscover®, Plavix®) ist seit
10 Jahren zugelassen und wird weltweit mit bisher als vertretbar eingeschätzten
UAW verordnet (Umsatz > 7 Mrd. €). Man gewinnt den Eindruck, als solle jetzt
durch geballte Veröffentlichung der Sicherheitsbedenken das Terrain für die
Marktzulassung von Prasugrel vorbereitet werden. In dieses Bild passt, dass
jetzt im Lancet unter dem Titel „Prasugrel compared with clopidogrel in
patients undergoing percutaneous coronary intervention for ST-elevation
myocardial infarction (TRITON-TIMI 38): double-blind, randomised controlled
trial” eine nicht prädefinierte Analyse (post-hoc) der TRITON-TIMI-38-Daten
publiziert wurde, wonach die Subgruppe der Patienten mit ST-Hebungsinfarkt nicht
vermehrt Blutungen unter Prasugrel erlitten hat (5). Schon der Titel dieser
Arbeit ist unseres Erachtens irreführend, denn er suggeriert, es handele sich
um eine eigenständige Studie. Fünf von sieben Autoren sind zudem vertraglich
mit den Herstellern von Prasugrel verbunden. Es verwundert, dass sich der
Lancet vor diesen Karren spannen lässt.
Zeitgleich werden nun
Ungereimtheiten beim Zulassungsverfahren von Prasugrel bei der FDA bekannt. Von
der jüngsten Anhörung vor dem Zulassungsausschuss in den USA am 3. Februar 2009
wird berichtet, dass sie in der Stimmung eines „Familienpicknicks” verlaufen
sei. Eine wissenschaftliche Diskussion habe kaum stattgefunden und die
Empfehlung, Prasugrel für die Indikation „Akutes Koronarsyndrom” zuzulassen,
fiel ohne Gegenstimme (6). Der ursprünglich auch in das Gremium berufene
Gefäßphysiologe Dr. Sanjay Kaul vom Cedars-Sinai Medical Center in Los Angeles
wurde einen Tag vor der Anhörung wegen eines „intellektuellen Bias” ausgeladen.
Die übrigen Mitglieder erfuhren von dieser Entscheidung der FDA erst am Morgen
der Sitzung. Dem Ausschluss ging, wie sich nun herausgestellt hat, eine
Intervention von Lilly voraus. Die Herstellerfirma rief vier Tage vor der
Sitzung bei der FDA an und stellte die Objektivität dieses Mitglieds in Frage.
Dr. Kaul hatte im Vorfeld mehrere Artikel in Fachzeitschriften veröffentlicht, in
denen er nach Analyse der Daten von TRITON-TIMI 38 Zweifel an den klinischen
Vorteilen von Prasugrel gegenüber Clopidogrel geäußert hatte (7). Er führt den
Nutzen von Prasugrel gegenüber Clopidogrel in dieser Studie allein auf die
Minderung der postinterventionellen Myokardinfarkte zurück. Bei strengerer
Definition der Diagnose Myokardinfarkt, sei kein Nutzen mehr nachweisbar.
Diesem fraglichen Nutzen stünden aber sehr reale Blutungskomplikationen
gegenüber. Offizielle Vertreter der FDA gaben jetzt auch zu, dass Kaul alle
diese Informationen der FDA zeitgerecht mitgeteilt hat. Ihm wird von der FDA im
Wesentlichen vorgeworfen, sich wiederholt in den Medien kritisch über die
TRITON-TIMI-38-Daten geäußert zu haben. Daher sei er gegen die Substanz
voreingenommen. Nach Aussagen von John Jenkins, dem ”Director of the office of
new drugs”, wünscht sich die FDA aber, dass die Mitglieder des
Zulassungsausschusses „offen” für die diskutierte Substanz sind („open
minded”). Diese „Offenheit” scheint bei der FDA im Falle Prasugrel ohne Zweifel
zu bestehen. Mittlerweile hat Jenkins unter dem öffentlichen Druck eingeräumt,
dass der Ausschluss von Dr. Kaul ein Fehler gewesen sei. An der positiven
Entscheidung für Prasugrel ändert das freilich nichts. Im Februar wurde Prasugrel
(Efient®) von der EMEA als Komedikation mit ASS zugelassen für
Patienten mit Akutem Koronarsyndrom, die katheterinterventionell behandelt
wurden.
Literatur
-
Wiviott, S.D., et al. (TRITON-TIMI 38 = TRial to assess Improvement
in Therapeutic Outcomes by optimizing platelet InhibitioN
with prasugrel - Thrombolysis In Myocardial Infarction
38): N. Engl. J. Med. 2007, 357, 2001.
Vgl. AMB
2008, 42, 05. 
-
AMB 2009, 43, 25.

-
Juurlink, D.N., et
al.: CMAJ 2009, 180, 713.

-
Ho, M.P., et al.: JAMA
2009, 301, 937.
Vgl. AMB 2009, 43, 26. 
-
Montalescot, G., et
al. (TRITON-TIMI 38 = TRial to assess Improvement in Therapeutic
Outcomes by optimizing platelet InhibitioN with prasugrel - Thrombolysis
In Myocardial Infarction 38): Lancet 2009, 373, 723.

-
http://www.theheart.org

-
http://circ.ahajournals.org

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