Unter einer therapieresistenten oder schwer
behandelbaren Hypertonie (englisch: resistent hypertension) versteht man einen
noch erhöhten Blutdruck (> 140/90 mm Hg) trotz Einnahme dreier anerkannter
Antihypertensiva inklusive Diuretikum (1). Ein noch zu hoher Blutdruck trotz
Einnahme der verordneten Medikamente kann viele Ursachen haben: Suboptimale
Auswahl der Antihypertensiva, schlechte Compliance des Patienten, sehr hohe
Salzzufuhr und andere Ursachen von großem Extrazellulärvolumen (EZV),
obstruktive Schlaf-Apnoe und nicht erkannte „sekundäre” Hypertonien
(Nierenarterienstenose, Phäochromozytom, Primärer Hyperaldosteronismus,
Cushing-Syndrom etc.). Patienten mit „Weißkittel-Hypertonie”, bei denen der
Blutdruck zu Hause normal und beim Arzt erhöht ist, sollten leicht
identifizierbar sein. Eine antihypertensive Behandlung sollte heute nicht nur
aufgrund hoher Blutdruckwerte in der Sprechstunde begonnen oder intensiviert
werden.
In der Praxis des Autors dieses kurzen Artikels, dem
oft Patienten mit „therapieresistenter” Hypertonie (TRH) zum Zweck des
Ausschlusses einer „sekundären” Hypertonie (siehe oben) zugewiesen werden,
finden sich solche Syndrome eher selten. Meist ist der Blutdruck noch zu hoch,
weil der Patient 3-5 Medikamente, aber kein Diuretikum einnimmt. Nach
Verordnung von 12,5 mg oder 25 mg/d Hydrochlorothiazid normalisiert sich meist der
Blutdruck und eines oder mehrere der bisherigen Medikamente können abgesetzt
werden (siehe auch 2, 3). Oft enthalten diese bisherigen Therapieregime sehr
hohe Dosen Betablocker (z.B. 200-300 mg/d Metoprolol), wo doch Betablocker (in
niedrigerer Dosierung) heute nur noch einen untergeordneten Stellenwert in der
Hochdrucktherapie haben sollten (4).
Der Primäre Hyperaldosteronismus (PHA) galt früher
als eine sehr seltene Erkrankung (< 1% der Hypertoniker). Er ist
endokrinologisch charakterisiert durch eine autonom erhöhte Aldosteronsekretion,
die zu einer Expansion des EZV mit Hypertonie und renalem Kaliumverlust und zu
einer Suppression des Plasma-Renins führt. Im Plasma ist der Quotient
Aldosteron/Renin (Aldosteron-Renin-Ratio = ARR) daher deutlich höher als bei
Gesunden oder bei Patienten mit „essentieller” Hypertonie. Seit diese Hormone
mit Berechnung der ARR in den letzten zehn Jahren in manchen Zentren
routinemäßig bei Hypertonikern gemessen werden, sind viele zusätzliche
Patienten mit PHA, auch ohne Hypokaliämie, gefunden worden. Der Prozentsatz
dieser Patienten mit oder ohne Nebennieren-Adenom ist besonders groß (4-10%) in
der Gruppe der Patienten mit TRH (5).
Da Patienten mit PHA ohne Nebennieren-Adenom (sog.
„idiopathischer” PHA) nicht operativ geheilt werden können, ist das Mittel der
Wahl Spironolacton (Spiro), das bei diesen Patienten den Blutdruck in
erstaunlichem Maß senkt und oft das Absetzen anderer Medikamente ermöglicht.
Hierdurch hat diese lang bekannte Substanz eine Art Renaissance erfahren. Spiro
ist ein „unreiner” Aldosteron- oder Mineralokortikoid-Antagonist, der zusätzlich
antiandrogene und progestagene Eigenschaften hat. In Dosen über 25 mg/d führt
er bei prämenopausalen Frauen deshalb oft zu Periodenstörungen und bei Männern
zur Gynäkomastie und zu sexuellen Funktionsstörungen (Libido und Potenz). Bei
postmenopausalen Frauen hat Spiro in dieser Hinsicht praktisch keine UAW. Die
gute blutdrucksenkende Wirkung von Spiro bei PHA hat nun zu Therapieversuchen
auch bei Patienten mit TRH ohne nachgewiesenem PHA geführt. Chapman et al. (6)
behandelten im Rahmen des ASCOT-Trials Patienten mit Blutdruck noch > 157/85
mm Hg trotz Einnahme dreier Antihypertensiva mit im Mittel 25 mg/d Spiro und
erzielten eine mittlere Blutdrucksenkung von 22/10 mm Hg. Besonders gut wirksam
war Spiro bei älteren adipösen Hypertonikern mit vermutlich expandiertem EZV. Egan
et al. (7) bestimmten bei 38 Patienten mit TRH unter Therapie mit ihren
bisherigen Antihypertensiva nur die Plasma-Renin-Aktivität (PRA) und gingen
davon aus, dass solche mit einer niedrigen PRA (< 0,65 ng/ml/h) eine EZV-
Expansion hatten (Gruppe A), während solche mit einer PRA > 0,65 ng/ml/h
eher eine Vasokonstriktions-Hypertonie (Gruppe B) hatten. In Gruppe A ersetzten
sie dann Antihypertensiva, die das Renin-Angiotensin-System (RAS) hemmen durch
höhere Dosen Diuretika oder Spironolacton. In Gruppe B verstärkten sie medikamentös
die RAS-Hemmung. Mit dieser durch die Renindiagnostik geleiteten Strategie erreichten
sie eine Blutdruck-Senkung von im Mittel 157/87 auf 128/73 mm Hg (-29/-14 mm
Hg). Eine andere Gruppe von Ärzten versuchte im Rahmen dieser Studie rein
empirisch ohne Reninmessung auszukommen und erreichte durch Änderung der
Medikation eine geringere Blutdrucksenkung (-19/-12 mm Hg). Mahmud et al. (8)
untersuchten die Korrelation zwischen ARR und Blutdrucksenkung nach im Mittel
14 Wochen zusätzlicher Behandlung mit 50 mg/d Spiro bei 39 Patienten mit TRH
(noch erhöhter RR trotz dreier oder mehr Antihypertensiva). Der Blutdruck fiel
im Mittel um 28/13 mm Hg, aber es ergab sich keine Korrelation zwischen Blutdruckabfall
und ARR. Bei zuvor noch nicht therapierten Hypertonikern war hingegen die
Blutdrucksenkung nach 50 mg/d Spiro hoch signifikant mit der ARR vor
Therapiebeginn korreliert. Das spiegelt die Erfahrung wider, dass die Messung
der ARR unter Therapie mit Medikamenten, die mit dem RAS interferieren,
problematisch ist.
Bei Patienten mit TRH, die bereits ein niedrig
dosiertes Thiazid-Diuretikum nehmen, lohnt es sich durchaus, einen
Therapieversuch mit 25-50 mg/d Spiro zu machen, besonders wenn das Serum-Kalium
< 4 mmol/l ist. Ein niedrig dosierter Hemmer des RAS (ACE-Hemmer,
Angiotensin-II-Rezeptor-Blocker) kann bei Zugabe von Spiro zunächst weiter eingenommen
werden, jedoch nicht zwei Medikamente aus dieser Gruppe. Bei Niereninsuffizienz
ist wegen des Hyperkaliämie-Risikos Vorsicht geboten. Bei postmenopausalen
Frauen, bei denen keine endokrinen UAW von Spiro zu befürchten sind, ist ein
Therapieversuch mit diesem Medikament besonders lohnend. Jüngere Frauen und
Männer jeden Alters vertragen 25 mg/d Spiro manchmal ohne UAW. Bei höherer
Dosierung und Auftreten der oben erwähnten endokrinen UAW trotz guter Senkung
des Blutdrucks kommt im Prinzip der Wechsel auf den Aldosteron-Antagonisten
Eplerenon (Inspra®; 9) infrage, der aber nur für Patienten mit
Herzinsuffizienz nach Myokardinfarkt zugelassen ist, obwohl umfangreiche und
erfolgreiche Therapiestudien bei Hypertonikern durchgeführt und publiziert
wurden (z.B. 10). Eplerenon hat nur etwa 60% der antimineralokortikoiden Potenz
von Spiro, hat aber keinen antiandrogenen und progestagenen Effekt. Das
Medikament ist sehr teuer. 100 Tbl. à 50 mg kosten 316,18 € (100 Tabl. à 50 mg
Spiro 19-20 €). Eine Off-label-Verschreibung von Eplerenon ist nach
Rückversicherung bei der Krankenkasse bei Patienten mit PHA ohne therapeutische
Alternative und Unverträglichkeit von Spiro zu vertreten. Wenn Spiro bei TRH
den Blutdruck sehr gut senkt, aber unakzeptable UAW auftreten, sollte eine
Behandlung mit Eplerenon auch ermöglicht werden.
Fazit: Bei
„therapieresistenter” Hypertonie sollte eine endokrine oder renale Ursache
ausgeschlossen und die Pharmakotherapie optimiert werden. Enthält die
Medikamentenliste noch kein Diuretikum, sollte ein Thiazid (niedrig dosiert) verordnet
werden. Bei weiterhin zu hohem Blutdruck führt die Zugabe von 25-50 mg/d
Spironolacton oft zu einer deutlichen Blutdrucksenkung, besonders wenn die Reninkonzentration
oder -aktivität niedrig ist. Spironolacton führt bei postmenopausalen Frauen,
anders als bei jungen Frauen und bei Männern, fast nie zu endokrinen UAW.
Literatur
-
Chobanian, A.V., et al. (The Seventh Report of the Joint National
Committee on Prevention, Detection, Evaluation, and Treatment of High Blood
Pressure): JAMA 2003, 289, 2560.

-
AMB 2007, 41,
21.

-
AMB 2007, 41,
27.

-
AMB 2006, 40,
62.

-
Young, W.F.:
Endocrinology 2003, 144, 2208.

-
Chapman, N., et al.
(ASCOT-BPLA= Anglo-Scandinavian Cardiac Outcomes Trial-Blood
Pressure Lowering Arm): Hypertension 2007, 49, 839.

-
Egan, B.M., et al.: Am. J.
Hypertens. 2009, Apr. 16
(Epub ahaed of print).

-
Mahmud, A., et al.: Am. J.
Hypertens. 2005, 18, 1631.

-
AMB 2003, 37,
35.

-
Weber, M.A.: Am. Heart
J. 2002, 144 (5 Suppl.), S12.

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