Komplementärmedizinische und auch nicht-pharmakologische
Behandlungsmethoden bei arterieller Hypertonie werden von vielen Patienten nachgefragt
und sind auch gesundheitsökonomisch erwünscht. Wir haben mehrfach über ernährungstherapeutische
Möglichkeiten der Hypertoniebehandlung berichtet. Neben den inzwischen
etablierten Ernährungsformen, wie DASH- bzw. mediterrane Ernährung (1) und einigen
speziellen Nahrungsmitteln (Rote Beete, Kakao, schwarze Schokolade; 2), werden nun
auch weitere komplementärmedizinische Methoden diskutiert.
Auf dem letzten Jahreskongress der American Heart
Association (AHA) wurde eine randomisierte kontrollierte Studie zur
blutdrucksenkenden Wirkung von Hibiskustee (Hibiscus sabdariffa) vorgestellt (3).
Sechs Wochen lang tranken nach randomisierter Zuordnung 65 Patienten (Alter
30-70 Jahre) mit einem systolischen Blutdruck zwischen 120 und 150 mm Hg
(Mittelwert 130 mm Hg) und einem diastolischen Blutdruck von < 95 mm Hg (Mittelwert
79 mm Hg) täglich entweder drei Tassen Hibiskustee (jeweils einen Teebeutel mit
1,25 g Hibiskus-Extrakt, sechs Minuten ziehen lassen) oder ein Plazebo-Getränk mit
Hibiskusgeschmack. Die Patienten nahmen keine weiteren blutdrucksenkenden Medikamente
ein.
Nach sechs Wochen war unter Hibiskustee der Blutdruck
um 7,2 ± 1,9 mm Hg systolisch und um 3,1 ± 1,2 mm Hg diastolisch abgefallen,
unter Plazebo um 1,3 ± 1,8 mm Hg systolisch und um 0,5 ± 1,4 mm Hg diastolisch.
Für den systolischen Blutdruck war der Unterschied signifikant (p < 0,03). In
der Subgruppe von Patienten mit einem systolischen Blutdruck von mindestens 130
mm Hg (n = 30) fand sich unter Hibiskustee eine noch stärkere Senkung (13,2 ± 2,9
mm Hg vs. 1,3 ± 3,4 mm Hg; p = 0,002). Diese Studie bestätigt Ergebnisse einer
anderen kürzlich publizierten Untersuchung (4). In dieser tranken 60 Patienten
mit Diabetes mellitus Typ 2 und leichtgradiger (bis dahin unbehandelter) Hypertonie
nach randomisierter Zuordnung einen Monat lang Hibiskus- oder schwarzen Tee.
Unter Hibiskustee wurde der systolische Blutdruck signifikant gesenkt (p <
0,001). Für die Blutdrucksenkung werden verschiedene Inhaltstoffe des Hibiskus
(Anthocyanine, Flavonoide, Phenolsäuren) verantwortlich gemacht. Eine offizielle
Empfehlung zum Trinken von Hibiskustee wollte die AHA nicht aussprechen. Es
fehlen u.a. Daten zu Langzeit- und unerwünschten Wirkungen. Das Trinken des
wohlschmeckenden Hibiskustees wäre vermutlich eine leicht umzusetzende
therapeutische Maßnahme. Weitere Studien sollen nun durchgeführt werden.
Mehrere Arbeitsgruppen beschäftigten sich mit der
Wirksamkeit der Akupunktur in der Hypertoniebehandlung. Viele frühere experimentelle
Studien ergaben günstige Effekte der Akupunktur auf Marker des vegetativen Nervensystems.
Unklar blieb aber, ob dies auch zu klinisch relevanten antihypertensiven Effekten
führt. Die methodisch beste Studie zu diesem Thema wurde an der Erlanger
Universitätsklinik durchgeführt (5). In diese Studie wurden 160 Patienten mit arterieller
Hypertonie (Grad 1 oder 2) eingeschlossen. 70% der Patienten waren bereits medikamentös
behandelt. Die Medikation blieb während der Studie unverändert. Die Patienten
wurden randomisiert einer sechswöchigen Intervention von Verum-Akupunktur oder
Schein-Akupunktur mit jeweils 22 Therapieeinheiten zugeordnet. Primärer
Endpunkt war der Mittelwert der 24-h-Blutdruckmessung unmittelbar nach Ende der
Behandlungsserie sowie nach drei und sechs Monaten. Nach Ende der Behandlung
war der Blutdruck in der Gruppe mit Verum-Akupunktur stärker gesenkt als nach Scheinakupunktur.
Die mittlere Gruppendifferenz für den kombinierten systolischen bzw. diastolischen
Blutdruck betrug 6,4 mm Hg (95%-Konfidenzintervall = CI: 3,5-9,2) bzw. 3,7 mm Hg
(CI: 1,6-5,8; p > 0,001). Besonders ausgeprägt war die Senkung des
systolischen Blutdrucks nach Verum-Akupunktur tagsüber (Gruppenunterschied 7,3 mm
Hg; CI: 4,1-10,5). Die Blutdrucksenkung
hielt jedoch nicht an: nach drei und sechs Monaten zeigte sich kein
Gruppenunterschied mehr. Für eine relevante klinische Wirkung müsste die
Akupunktur möglicherweise kontinuierlich fortgeführt werden. Dies wäre mit 3-4
Therapieeinheiten/Woche à 20-30 Minuten allerdings nicht kosteneffektiv.
Die Ergebnisse aller bislang publizierten Studien zur
blutdrucksenkenden Wirkung der Akupunktur sind in einer aktuellen Metaanalyse
zusammengefasst (6). Von elf randomisierten, kontrollierten Studien, hatten nur
drei eine Schein-Akupunktur-Kontrolle. Bei Zusammenführung der Daten ergab sich
unter Verum-Akupunktur eine nicht-signifikante Senkung des systolischen
Blutdrucks von 5 mm Hg (p = 0,12) und diastolisch eine zwar signifikante, aber
nur geringe Senkung von 3 mm Hg (p = 0,05). Die Aussagen der Metaanalyse sind
jedoch durch die Heterogenität der Studien eingeschränkt.
Fazit: Es
gibt erste wissenschaftliche Studien mit komplementärmedizinischen Ansätzen in der
Hypertoniebehandlung. Hibiskustee senkt den Blutdruck und sollte wegen seiner
leichten Umsetzbarkeit weiter erforscht werden, vor allem hinsichtlich der
Langzeit- und unerwünschten Wirkungen. Auch Akupunktur kann den Blutdruck vermutlich
senken. Wegen fehlender Langzeitwirkung und des großen Aufwands erscheint die
Anwendung in dieser Indikation allenfalls einzelnen Patienten vorbehalten.
Literatur
-
AMB 1997, 31,
53a
und AMB 2001, 35, 31a. 
-
AMB 2008, 42, 74.

-
McKay, D.L., et al.:
Circulation 2008, 118, S-1123.
-
Mozaffari-Khosravi, H.,
et al.: J. Hum. Hypertens. 2009,
23, 48.

-
Flachskampf, F.A., et
al.: Circulation 2007, 115, 3121.

-
Lee, H., et al.: Am. J.
Hypertens. 2009, 22, 122.

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