Nochmals: Was tun
bei Statin-Unverträglichkeit?
Prof. Dr. H.G. aus Innsbruck schreibt folgenden Kommentar (stark
gekürzt) zu unserem Statin-Artikel (1): >> Der ARZNEIMITTELBRIEF rät,
dass Patienten bei Myalgien unter Statin-Therapie entscheiden sollen, ob sie
das Medikament weiter einnehmen. Die angebotenen Alternativen (Absetzen,
Versuch mit einem anderen Statin) sollten m.E. ergänzt werden durch Kontrolle
und gegebenenfalls Korrektur des Vitamin-D-Status.
Experimentelle Befunde sprechen dafür, dass die
intrazellulären Prozesse, die zur Statin-induzierten Myopathie führen, Vitamin-D-abhängig
sind. In einer Studie an 621 Statin-behandelten Personen hatten die 128
Patienten mit myalgischen Symptomen niedrigere 25-(OH)-Vitamin-D-Werte als die
asymptomatischen (28,7 vs. 34,3 ng/ml). 38 Myalgiepatienten mit einem mittleren
Spiegel von 20,4 ng/ml wurden daraufhin unter Fortführung der Statin-Therapie
mit 50 000 I.U. Vitamin D2 pro Woche drei Monate lang behandelt.
Nach drei Monaten waren die 25-(OH)-Vitamin-D-Spiegel auf 48,2 ng/ml gestiegen
und 35 von 38 Patienten (92%) waren von den Myalgiebeschwerden befreit (2).
Interessant ist in diesem Zusammenhang auch eine
prospektive, cross-over Atorvastatin/Vitamin-D-Pharmakokinetik-Studie an 16 Patienten
(3). Nach sechs Wochen Vitamin-D-Substitution (800 I.U./d) stieg der mittlere
Spiegel des 25-(OH)-Vitamin D von 19 auf 29 ng/ml (p < 0,0001), während das
LDL-Cholesterin von 97 auf 83 mg/l sank (p < 0,005). Zur Überraschung der
Autorin wurde durch Vitamin D die Plasma-AUC der aktiven Metabolite von
Atorvastatin deutlich und hochsignifikant (p < 0,001) gesenkt, was als eindeutiger
Beleg für eine verminderte systemische Bioverfügbarkeit des Statins unter
Vitamin-D-Gabe zu sehen ist. Auch verschiedene andere Beobachtungen stützen die
mögliche Interaktion zwischen Statinen und Vitamin D (4-8).
Versucht man eine vorläufige Interpretation der verfügbaren
Daten, kommt man zu folgenden Schlussfolgerungen:
·
Ein
optimaler 25-(OH)-Vitamin-D-Spiegel (z.B. durch Supplementation) scheint die
optimale LDL-Cholesterinsenkung durch Statine zu begünstigen.
·
Ein
optimaler 25-(OH)-Vitamin-D-Spiegel scheint die systemische Bioverfügbarkeit
von Atorvastatin zu verringern.
·
Über
die Optimierung eines insuffizienten Vitamin-D-Status durch Supplementation
können Statin-Myalgien möglicherweise erfolgreich behandelt werden
Für die Behandlung der Statin-Myalgie kann daher als
Therapieversuch (unter Beachtung von Kontraindikationen) empfohlen werden, nach
Bestimmung des 25-(OH)-Vitamin-D-Spiegels und Vorliegen einer Vitamin-D-Insuffizienz
(25-(OH)-Vitamin-D-Spiegel < 20 ng/ml = < 50 nmol/l) oder -Defizienz (<
10 ng/ml = < 25 nmol/l) mit Vitamin D3 (Cholecalciferol) zu
supplementieren. <<
Antwort: >> Wir finden diese Ergebnisse zur Interferenz
von Statinen und Vitamin D sehr interessant, empfehlen aber, mit
Therapieversuchen abzuwarten, bis größere, kontrollierte Studien eine bessere
Entscheidungsbasis geben. <<
Literatur
-
AMB
2009, 43, 91.

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Ahmed,
W., et al.: Transl. Research 2009, 153, 11.

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Schwartz, J.B.:
Clin. Pharmacol. Ther. 2009, 85, 198.

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Lee, P.,
et al.: Clin. Endocrinol.
(Oxf.) 2009, 71, 154.

- Neves, P.L., et al.: Int. Urol. Nephrol. 2009 Sep 11. [Epub ahead of print].

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Rejnmark,
L., et al.: Int. J. Endocrinol. 2010, 2010, 957174.

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Aloia,
J.F., et al.: Am. J. Cardiol. 2007, 100, 1329.

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Pérez-Castrillón,
J.L., et al.: Int. J. Endocrinol. 2010, 2010, 320721.

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