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Langzeit-Medikation mit Metformin senkt die Vitamin-B12-Konzentration im Serum

Metformin-Einnahme verringert die intestinale Absorption von Vitamin B12 (B12), vermutlich über einen Mechanismus, der vom Intrinsic factor unabhängig ist (1). Eine Kalzium-reiche Diät vermindert die durch Metformin induzierte Malabsorption von B12 (2). Die meisten Studien zu diesem Thema dauerten jedoch kürzer als ein Jahr.

De Jager et al. aus Holland (3) veröffentlichten jetzt Daten der HOME-Studie von 390 Patienten mit Insulin-behandeltem Typ-2-Diabetes, die 4,3 Jahre lang prospektiv randomisiert und doppeltblind zusätzlich Metformin oder Plazebo einnahmen. In diesem Teil der Studie wird über die Effekte von Metformin oder Plazebo auf die Serum-Konzentrationen von B12, Folsäure (beides gemessen mit einem Elektrochemoluminiszenz-Immunoassay) und Homozystein berichtet (gemessen mit Chromsystems, Martinsried, Deutschland und korrigiert anhand von zwei externen Standards).

Bei allen Patienten wurden in einer Vorphase (12 Wochen) zunächst andere orale Antidiabetika abgesetzt und die Insulindosen individuell der Stoffwechsellage angepasst. In einer zweiten Phase wurde Metformin nach Randomisierung auftitriert (16 Wochen) zu einer Zieldosis von dreimal täglich 850 mg Metformin oder die Patienten erhielten gleich aussehende Plazebo-Tabletten. Danach begann die eigentliche Interventionsphase. Untersuchungen der Patienten und Blutentnahmen erfolgten nach Ende der Vorphase und später alle drei Monate vier Jahre lang. Zu Beginn, nach 10 und 52 Wochen wurden alle Patienten diätetisch beraten. Eine normale B12-Konzentration im Serum wurde mit Werten > 220 pmol/l definiert, „niedriges” B12 als 150-220 pmol/l und „B12-Mangel” bei Werten < 150 pmol/l. Leider nahm die Zahl der zur Verfügung stehenden Blutproben von ausgangs 378 auf 250 nach 52 Wochen ab.

Die B12-Konzentrationen blieben in der Plazebo-Gruppe unverändert und fielen unter Metformin gelegentlich schon ab dem dritten Monat deutlich und signifikant, später langsamer ab. Verglichen mit Plazebo war B12 nach Metformin am Ende um 19% abgefallen, Folsäure um 5%, und Homozystein hatte um 5% zugenommen. Am Ende der Studie hatten 35 Metformin- und 13 Plazebo-Patienten „niedriges” B12, und 19 Metformin- und fünf Plazebo-Patienten einen „B12-Mangel” (< 150 pmol/l). Homozystein im Serum war bei normalem B12-Spiegel am Ende der Studie signifikant niedriger (im Mittel 14,9 µmol/l) als bei „niedrigem” B12 (18,1 µmol/l) und bei B12-Mangel (23,7 µmol/l). Offenbar entwickelte keiner der Patienten eine Makrozytose oder eine durch B12-Mangel bedingte neurologische Erkrankung, so dass die klinische Relevanz der niedrigen B12-Spiegel unklar bleibt.

Da Metformin jetzt das wichtigste, von sehr vielen Patienten eingenommene orale Antidiabetikum ist, plädieren die Autoren dafür, UAW dieser Therapie möglichst zu vermeiden und regelmäßig bei Langzeiteinnahme die B12-Konzentration im Serum zu messen. Die Kommentatoren dieses Artikels im gleichen Heft des BMJ aus Cardiff, UK, halten diese Empfehlung für verfrüht (4). Sie raten vielmehr dazu, einem B12-Mangel durch eine gezielte Diätberatung (B12– und Kalzium-reiche Nahrung) vorzubeugen. Auch sei nicht sicher, ob B12 im Serum auch bei nicht mit Insulin behandelten Typ-2-Diabetikern unter Metformin deutlich abfällt. Darüber hinaus sei es nicht klar, ob Metformin zu einem klinisch bedeutsamen B12-Mangel führen könne. Die Korrelation des B12-Abfalls mit Anstieg des Homozysteins im Serum zeigt jedoch, dass es sich bei der Beobachtung von de Jager et al. nicht um ein zu vernachlässigendes Labor-Artefakt handelt.

Fazit: Die Langzeiteinnahme von Metformin führt bei zusätzlich mit Insulin behandelten Typ-2-Diabetikern zu einem Abfall der Serumkonzentration von Vitamin B12 um ca. 20% und bei ca. 10% der Patienten sogar in den Bereich des „Vitamin-B12-Mangels” (< 150 pmol/l), ohne dass im Verlauf dieser Studie (4,3 Jahre) Krankheitszeichen auftraten. Mit Metformin behandelte Patienten sollten angehalten werden, öfter Vitamin B12-reiche Nahrungsmittel zu sich zu nehmen. Sehr niedrige Vitamin-B12-Konzentrationen im Serum können auch durch Vitamin-B12-Tabletten korrigiert werden, da die verminderte Resorption nicht durch einen Mangel an Intrinsic factor verursacht ist.

Literatur

  1. Ting, R.Z., et al.: Arch. Intern. Med. 2006, 166, 1975. Link zur Quelle
  2. 2

  3. Baumann, W.A., et al.: Diabetes Care 2000, 23, 1227. Link zur Quelle
  4. de Jager, J., et al. (HOME = Hyperinsulinaemia: the Outcome of its Metabolic Effects): BMJ 2010, 340, c2181. Link zur Quelle
  5. Vidal-Alaball, J., und Butler, C.C.: BMJ 2010, 340, c2198. Link zur Quelle