Fibrate, anfangs Clofibrat, werden seit ca. 40 Jahren
als Lipidsenker eingesetzt, also wesentlich länger als Statine. Hinsichtlich der
Reduktion klinischer kardiovaskulärer (KV) Endpunkte sind sie jedoch weniger
wirksam als Statine, und ihre Verordnungszahlen sind rückläufig. Bei Patienten
mit sehr hohem KV-Risiko und kombinierten Hyperlipidämien können Fibrate jedoch
zusammen mit Statinen indiziert sein, da Statine das KV-Risiko und die Letalität
zwar senken, aber nicht „normalisieren”. Fibrate senken als PPAR-alpha-Agonisten
deutlich erhöhte Triglyzeride, etwas das LDL-Cholesterin (LDL-C) und erhöhen
etwas das HDL-C.
Min Jun et al. veröffentlichten kürzlich eine vom
National Health and Medical Research Council von Australien finanzierte neue
Metaanalyse zu Effekten von Fibraten als Monotherapie in der Primär- und
Sekundär-Prävention von KV-Ereignissen (1). Unter mehr als 1000 zum Thema passenden
Publikationen kamen 18 Studien mit insgesamt 45058 Probanden in die Auswertung,
weil nur so wenige den Ansprüchen der Autoren hinsichtlich ausreichender
Probandenzahl sowie Glaubhaftigkeit einer vorschriftsmäßigen Randomisierung,
Verblindung und unabhängiger Evaluation der Endpunkte genügten. Allerdings
wurden auch die Ergebnisse der von uns kürzlich besprochenen
ACCORD-Lipid-Studie bei Diabetikern (2) eingeschlossen, obwohl hier ein Fibrat
(Fenofibrat) kombiniert mit Simvastatin versus Simvastatin allein getestet
wurde (ohne wesentlichen Vorteil für die Kombination).
Die Laufzeiten der in dieser Metaanalyse
berücksichtigten Studien mit der größten Patientenzahl betrugen 4-7 Jahre.
Eingeschlossen wurden Diabetiker und Nicht-Diabetiker. Die meisten Studien
waren sekundär-präventiv.
Größere KV-Ereignisse (Herzinfarkte und
Schlaganfälle) waren – lässt man eine kleine und ältere Studie mit Clofibrat,
die nur die Sekundärprävention von Schlaganfällen untersuchte, außer Acht - unter
Fibrat-Therapie um 12% seltener als unter Plazebo (RR: 0,88;
95%-Konfidenz-Intervall = CI: 0,82-0,95; p = 0,002).
Hier war Gemfibrozil am wirksamsten. Für koronare Ereignisse allein war das
Gesamt-Ergebnis ähnlich (13% Reduktion). Kardialer Tod und plötzlicher Tod
waren unter Fibraten mit RR-Werten von 0,93 bzw. 0,89 etwas (aber nicht
signifikant) seltener als unter Plazebo. Koronare Revaskularisationen waren
unter Fibraten in drei Studien, in denen dies untersucht wurde, signifikant
seltener (RR: 0,88; CI: 0,78-0,98; p = 0,025) als unter Plazebo.
Schlaganfälle, die besonders effektiv durch Senkung erhöhter Blutdruckwerte verhindert
werden, wurden durch Fibrate nicht vermindert. In vielen Studien kam es unter
Fibraten zu einem im Mittel leichten Anstieg des Serum-Kreatinins; bei
Diabetikern wurde die Progression der Proteinurie verlangsamt (RR: 0,86; CI: 0,75-0,98).
Hinsichtlich dramatischer renaler Endpunkte, wie terminale Niereninsuffizienz,
erlaubt die Metaanalyse keine Aussage. In einer kleinen Studie mit Etofibrat
und einer umfangreichen mit Bezafibrat bei Diabetikern wurde die Progredienz
einer Retinopathie durch diese Fibrate deutlich verzögert (RR: 0,63; CI: 0,49-0,81;
p < 0,0001).
Insgesamt war der Effekt von Fibraten auf größere
koronare Ereignisse deutlich geringer als in einer früheren Metaanalyse (3), in
die 53 Studien mit zum Teil sehr geringer Patientenzahl und insgesamt nur
16 802 Probanden einbezogen wurden. Damals wurde eine Risikoreduktion um
25% berechnet. Anders als Fibrate reduzieren Statine bereits bei noch gesunden
Probanden mit erhöhtem KV-Risiko selbst die Letalität signifikant (4) und bei
Patienten mit heterozygoter familiärer Hypercholesterinämie die Inzidenz koronarer
Ereignisse sehr deutlich (5).
Bezafibrat ist hinsichtlich der Prävention koronarer
Ereignisse vermutlich etwas weniger wirksam als Gemfibrozil, aber besser als
Fenofibrat. Beza- und Fenofibrat sind für die Kombination mit Statinen, wenn
erforderlich, geeignet, während bei Kombination von Gemfibrozil mit Statinen
häufig Myopathien bis zur Rhabdomyolyse gesehen wurden. Diese Kombination ist
heute obsolet. Die Autoren vermeiden es, Empfehlungen für ein bestimmtes Fibrat
auszusprechen.
Subgruppen-Analysen sprechen dafür, dass koronare
Ereignisse durch Fibrate wirksamer verhindert werden bei Patienten mit
Serum-Triglyzeriden > 2 mmol/l (> 177 mg/dl) und/oder
LDL-C > 3,5 mmol/l (> 135 mg/dl) und/oder HDL-C
< 1,0 mmol/l (< 39 mg/dl) im Vergleich mit Patienten,
die diese basalen Konzentrations-Kriterien nicht erfüllen. Die Wirkung von
Fibraten auf die relativen Risiken bei Diabetikern und Nicht-Diabetikern war in
dieser Metaanalyse identisch. Grundsätzlich ist - wie bei allen prinzipiell
wirksamen Therapien - die Reduktion des absoluten Risikos, auch bei relativ
bescheidener Senkung des relativen Risikos, umso größer je höher das
individuelle Krankheitsrisiko ist (Familienanamnese, Alter des Patienten bei
Ersterkrankung, Grad der Hyperlipidämie nach Ernährungsumstellung etc.).
Die Metaanalyse ergab, dass UAW (Myopathien
einschließlich extrem seltener Rhabdomyolysen, Magen-Darm- und
Gallenblasenerkrankungen), abgesehen von dem erwähnten signifikanten, aber
quantitativ nicht angegebenen stärkeren Anstieg des Serum-Kreatinins, unter
Fibrat-Monotherapie nicht häufiger waren als unter Plazebo.
Fazit: Diese
Metaanalyse lässt erkennen, dass Fibrate bei diabetischen und nicht diabetischen
Patienten mit erhöhtem, aber nicht extrem hohem, kardiovaskulärem Risiko die
Zahl koronarer Ereignisse, nicht aber die der Schlaganfälle, mäßig aber signifikant
reduzieren. Als Monotherapie scheinen Gemfibrozil und Bezafibrat stärker zu
wirken als Fenofibrat. Fibrate kommen als Monotherapie zur Behandlung extremer,
durch Diät nicht zu beherrschender Hypertriglyzeridämien, außerdem bei
Patienten mit einer Indikation zur Lipidsenkung bei Statin-Unverträglichkeit in
Frage. Bei Patienten mit sehr hohem kardiovaskulärem Risiko oder ausgeprägten
kombinierten Hyperlipidämien und durch Statine in risikoarmer Dosierung nicht
ausreichend beeinflussbaren Lipidwerten kann eine Kombination mit Bezafibrat
oder Fenofibrat - trotz der Ergebnisse der ACCORD-Studie - indiziert sein. Gemfibrozil
darf nicht mit Statinen kombiniert werden.
Literatur
-
Jun, M., et al.: Lancet
2010, 375, 1875.

-
AMB 2010, 44, 36.

-
Birjmohun, R.S., et al.: J. Am. Coll. Cardiol. 2005, 45, 185.

-
Brugts, J.J., et al.: BMJ
2009, 338, b2376.

-
AMB 2009, 43, 28a.

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