Das ist das Ergebnis einer umfangreichen Metaanalyse,
basierend auf der Auswertung prospektiver Studien mit insgesamt 2554
Patient(inn)en mit einer ersten Thrombose/Embolie (1). In einer früheren
Metaanalyse (2) - ohne die Möglichkeit, individuelle Patientendaten zu
berücksichtigen - wurde bereits eine höhere Inzidenz von Rezidiv-Thrombosen bei
Männern vermutet und u.a. auf ihr höheres Alter bei Diagnose der initialen
tiefen Beinvenenthrombose zurückgeführt. Diese Erklärung wurde in der
vorliegenden Studie weitgehend widerlegt. Zunächst wurde auf
Einzel-Patienten-Basis unterschieden zwischen Thrombosen bei Männern und
Frauen, die „unprovoziert” oder „provoziert” (nach Operation, Trauma,
Immobilisierung, während Schwangerschaft oder Puerperium) aufgetreten waren. Da
nach Ansicht der Autoren die Einnahme hormonaler Kontrazeptiva (OK) oder
postmenopausaler Östrogen/(Gestagen)-Präparate (HRT) das Thrombose-Risiko nur
gering erhöht, wurden Frauen mit solcher Medikation zunächst der Gruppe
„unprovoziert” zugerechnet. Patient(inn)en mit Malignomen, dauernder
Immobilität, bekanntem Antiphospholipid-Syndrom oder Antithrombin-Defizienz
wurden von der Auswertung ausgeschlossen. Die sieben der Metaanalyse zugrunde liegenden
Studien werden in Tabellen genauer charakterisiert.
Die Studienpatient(inn)en waren nach Diagnose der
Erstthrombose ca. 10 Tage lang mit Heparin und anschließend mindestens drei Monate
lang mit Vitamin-K-Antagonisten behandelt worden. Nach Absetzen der
Antikoagulation wurden sie im Mittel 27,1 Monate lang hinsichtlich Rezidivthrombosen
beobachtet. Die Männer waren bei der ersten Thrombose im Mittel 58,8 Jahre, die
Frauen 57,6 Jahre alt. In der Gesamt-Population war das Rezidivrisiko im ersten
Jahr nach Absetzen der Antikoagulation bei Frauen 5,3%, bei Männern 9,5%. Die
Drei-Jahres-Rezidivrate war 9,1% vs. 19,7%.
Für Rezidive nach unprovozierter Erstthrombose war
die Hazard-Ratio (HR) für Männer vs. Frauen 2,2 (95%-Konfidenzintervall =
CI: 1,7-2,8), d.h. das Risiko war bei Männern um 120% höher als bei Frauen.
Blieben Frauen mit OK oder HRT unberücksichtigt, dann war das Rezidivrisiko bei
Männern immer noch um ca. 80% höher (HR: 1,8; CI = 1,4-2,5). Bei
Männern und Frauen mit „provozierten” Thrombosen war das Rezidivrisiko nicht
unterschiedlich (HR: 1,2; CI: 0,6-2,4). Allerdings war die
Patientenzahl in dieser Gruppe kleiner, so dass ein erhöhtes Rezidivrisiko bei
Männern nicht auszuschließen ist.
Altersunterschiede als Ursache für das höhere
Rezidivrisiko nach idiopathischen Thrombosen bei Männern konnten die Autoren weitgehend
ausschließen. Auch ergab sich kein Hinweis darauf, dass Frauen oder Männer nach
der Erstthrombose unterschiedlich intensiv oder lange behandelt worden waren
oder dass das Ausmaß der Erstthrombosen bei den Männern größer war. Nicht
auszuschließen ist, dass die Männer häufiger ein „Metabolisches Syndrom”
hatten, das ein Risikofaktor für Thrombosen ist.
Die Ergebnisse zeigen, dass generell nach Erstthrombosen
und Beendigung der Antikoagulation sorgfältig auf Rezidive zu achten ist. Alle
Patient(inn)en sollten für frühe Symptome eines Rezidivs sensibilisiert werden.
Durch Messung der D-Dimere im Blut nach Beendigung der Antikoagulation kann das
Rezidivrisiko abgeschätzt werden. Einen Monat nach Beendigung der
Antikoagulation sind allerdings bei Frauen etwas öfter als bei Männern die
D-Dimere erhöht (3).
Im gleichen Heft des BMJ kommentieren F.A. Spencer
und J.S. Ginberg (4) diesen Artikel. Ihre Diskussion möglicher Ursachen der
festgestellten Geschlechtsdifferenz von Rezidivthrombosen reicht nicht viel
weiter als die von Douketis et al. (1). Sie schätzen das Fünf-Jahres-Rezidiv-Risiko
unprovozierter Thrombosen auf 18% bei Frauen (ohne OK und HRT) und auf 32% bei
Männern. Sie sind nicht in der Lage, einen numerischen Schwellenwert
hinsichtlich Rezidivrisiko als Indikation für eine lebenslange Antikoagulation
nach einer ersten Thrombose anzugeben. Das Risiko müsse individuell geschätzt werden.
Die vorliegende Studie könnte dazu führen, dass man sich bei Männern eher als
bei Frauen zu einer dauerhaften Antikoagulation entschließt, allerdings unter
Inkaufnahme eines Risikos von 2-3%/Jahr für eine größere Blutungskomplikation
(5).
Fazit:
Eine Metaanalyse von Studien mit einer großen Patientenzahl spricht für ein
höheres Rezidivrisiko bei Männern als bei Frauen nach einer ersten
idiopathischen, d.h. nicht nach einer Operation oder einem Trauma aufgetretenen
Thrombose. Männer wie Frauen sollten nach Beendigung der Antikoagulation auf
Frühsymptome eines Thromboserezidivs hingewiesen werden und im Verdachtsfall
sofort ihren Arzt aufsuchen. Wird das individuelle Rezidivrisiko hoch
eingeschätzt, kann bereits nach einer ersten Thrombose eine dauerhafte Antikoagulation
indiziert sein.
Literatur
- Douketis, J.,et al.: BMJ 2011, 342, d813.

- McRae, S., etal.: Lancet 2006, 368, 371
. Vgl. AMB 2006, 40,79a. 
- Palareti, G.,et al. (PROLONG): N. Engl. J. Med. 2006, 355, 1780.
Erratum:N. Engl. J. Med. 2006, 355, 2797. Vgl. AMB 2007, 41, 20. 
- Spencer,F.A., und Ginberg, J.S.: BMJ 2011, 342, d611.

- Linkins,L.A., et al.: Ann. Intern. Med. 2003, 139, 893.

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