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Leserbrief

Rituximab in der Erstlinienbehandlung der chronischen lymphatischen Leukämie

Schreiben der CLL8-Arbeitsgruppe zu unserer Kleinen Mitteilung (1): >> Wir bedanken uns für die kritische Würdigung unserer Ergebnisse aus der CLL8-Studie der DCLLSG (2). Leider enthält der Beitrag einige Schlussfolgerungen, denen wir nicht zustimmen. Deshalb möchten wir kurz Stellung nehmen:

  1. Dass sich durch irgendeine Ersttherapie (im Falle der CLL8-Studie: FCR, Fludarabin, Cyclophosphamid, Rituximab) das Überleben der rekurrenten, wiederholt zu behandelnden CLL positiv beeinflussen lässt, war die große Überraschung der Studie. Es konnte bisher noch für keine der zugelassenen oder etablierten Therapien gezeigt werden, dass sie das Überleben von CLL-Patienten verlängert. Dieses Ergebnis weist möglicherweise auf eine besondere Wirksamkeit der Behandlung mit FCR bei der CLL hin.

  2. Insbesondere die von Ihnen propagierte, bisherige Standardtherapie mit Chlorambucil hat den Nachweis der Verbesserung des Gesamtüberlebens bei CLL-Patienten bisher nie erbringen können (3-6). Sollten Sie also diese Kriterien anlegen, dürften Sie selbst nicht Chlorambucil empfehlen.

  3. Üblicherweise war bisher wegen der rekurrenten Natur der CLL das progressionsfreie Überleben (PFÜ) der primäre Endpunkt aller klinischen Studien. Bezüglich des PFÜ profitierten alle wesentlichen Gruppen des CLL8-Protokolls von FCR, auch die Patienten über 65 Jahre. Wir können daher nicht nachvollziehen, weshalb Sie schlussfolgern, dass Patienten über 65 Jahre nicht von der Behandlung profitieren.

  4. Weiterhin zeigte eine Analyse der Daten mit längerem Follow-Up, die zum Zeitpunkt der Veröffentlichung im Lancet noch nicht vorlag, dass FCR auch bei Patienten im Binet-Stadium C zu einem längeren PFÜ führt. Wir legen die aktuelle Auswertung diesem Brief bei. Folglich gilt auch Ihr Fazit nicht mehr, dass Patienten im Binet-Stadium C nicht von FCR profitieren.

Wir empfehlen daher derzeit außerhalb von Therapiestudien den Einsatz von FCR bei allen CLL-Patienten mit aktiver Erkrankung und Symptomen (Definition siehe 7).

Den folgenden Ihrer Empfehlungen stimmen wir hingegen ausdrücklich zu:

  1. FCR sollte nur bei Patienten mit ausreichender Fitness und normaler Nierenfunktion verabreicht werden, unabhängig vom Alter.

  2. Für die nicht ausreichend fitten CLL-Patienten, bei denen eine Therapieindikation besteht, stellt Chlorambucil eine gute, preisgünstige Behandlungsoption dar.

  3. Die Therapie der CLL sollte möglichst im Rahmen klinischer Studien erfolgen. <<

Literatur

  1. AMB 2011, 45, 04. Link zur Quelle
  2. Hallek, M., et al.: Lancet 2010,376, 1164. Link zur Quelle
  3. Sawitsky, A., et al.: Blood1977, 50, 1049. Link zur Quelle
  4. Shustik, C., et al.: Hematol. Oncol. 1988, 6, 7. Link zur Quelle
  5. CLL Trialists’ CollaborativeGroup: J. Natl. Cancer Inst. 1999, 91, 861. Link zur Quelle
  6. Dighiero, G., et al.: N. Engl.J. Med. 1998, 338, 1506. Link zur Quelle
  7. Hallek, M., et al.: Blood 2008, 111,5446. Link zur Quelle
  1. Das Gesamtüberleben (OS) war jedoch nur für Patienten im Stadium Binet B sowie bei 11q- und 13q-Deletion statistisch signifikant verlängert, nicht jedoch in den Altersgruppen <65 Jahre bzw. ≥65 Jahre, in den Stadien Binet A bzw. Binet C und bei 17p-Deletion bzw. Trisomie 12 (1). Bei Patienten im Stadium Binet C schnitt sogar die FC-Gruppe tendenziell besser ab (OS drei Jahre nach Randomisierung 85% vs. 81%; HR: 1,48; p = 0,168). Darüber hinaus dürfte die Validität der Ergebnisse dadurch eingeschränkt sein, dass das OS kein primärer, sondern nur ein sekundärer Endpunkt der CLL8-Studie war und die Ergebnisse das Resultat einer Zwischenanalyse sind. Ebenso wie das OS war auch das progressionsfreie Überleben (PFS) nur im Stadium Binet B, nicht aber in den Stadien Binet A und C signifikant verlängert. In den Altersgruppen <65 Jahre und ≥65 Jahre findet sich trotz signifikant verlängertem PFS in beiden Altersgruppen keine signifikante Verbesserung des OS.
  2. B. mit Stadium Binet B oder 11q-Deletion gerechtfertigt ist.
  3. Eine Überlegenheit hinsichtlich des OS wurde jedoch bisher für keine therapeutische Strategie gezeigt, insbesondere auch nicht für die Therapie mit Purin-Analoga wie Fludarabin (vgl.2). Darüber hinaus zeigte die Studie der deutschen CLL-Studiengruppe bei älteren Patienten (>65 Jahre) mit einer CLL, dass die Erstlinientherapie mit Fludarabin im Vergleich zu Chlorambucil keinen klinischen Vorteil brachte (3,4). Obwohl es beim OS keinen statistisch signifikanten Unterschied gab, war das mediane OS unter Chlorambucil sogar länger (64 vs. 46 Monate; p=0,15). Bei nicht eindeutiger Datenlage zur Wirksamkeit ist es aus unserer Sicht sinnvoll, auf Grund der geringeren Toxizität und des günstigeren Preises Chlorambucil als Therapie insbesondere für gesundheitlich weniger stabile Patienten zu empfehlen.
  4. Wir sind deshalb auf die nächste publizierte Auswertung der CLL8-Studie gespannt und gerne bereit, unsere Einschätzung des Stellenwerts von FCR in der Erstlinientherapie der CLL zu revidieren, wenn entsprechende Ergebnisse veröffentlicht sind, die durch eine zweite Studie bestätigt werden sollten. Wir hoffen dann auch Daten zur Lebensqualität zu finden, zu denen sich in der aktuellen Publikation zur CLL8-Studie leider keine Angaben finden (1).<<
  5. , etal.: Lancet 2010, 376, 1164 20888994.
  6. F., et al. (GCLLSG= German CLL Study Group): Blood 2009, 114, 3382 19605849.