Zwanzig Autoren berichteten im JAMA jüngst
über eine prospektive randomisierte plazebokontrollierte Studie, in der Epoetin
alfa (EPO) beim ST-Hebungsinfarkt gegen Plazebo getestet wurde (1). Offenbar
glaubt man immer noch an die Omnipotenz dieses Hormons. Die Studie wurde nicht
von einem der Hersteller von EPO initiiert, und die Autoren geben bei der
Offenlegung ihrer Interessenkonflikte an, nicht mit den Herstellerfirmen
verbunden zu sein. Die Arbeit wurde vom National Institute on Ageing (USA)
finanziert.
Die rationale Grundlage für die Studie
ergab sich aus der Hoffnung, eine „Reduction of infarct Expansion
and Ventricular remodeling with Erythropoetin After Large
myocardial infarction” zu erzielen. Diese Hoffnung leiten die Autoren ab von
den dem EPO zugeschriebenen „pleiotropen Effekten auf Zellen und Gewebe,
inklusive der Stimulation von Angiogenese und Schutz vor Apoptose”.
In die Multicenterstudie wurden an 22
Zentren im Zeitraum 10/2006 bis 2/2010 insgesamt (nur) 222 Patienten mit akutem
ST-Hebungsinfarkt (STEMI) eingeschlossen, die innerhalb von acht Stunden eine
Akut-PCI (perkutane koronare Intervention) erhielten. Ihnen wurde einmalig vier
Stunden nach der PCI eine Dosis EPO oder Plazebo infundiert. In einer ersten
dreiarmigen Dosiseskalationsphase erhielten drei kleinere Kohorten 15.000, 30.000,
60.000 I.E. EPO oder Plazebo und eine größere Kohorte in der sog.
Effektivitätsphase 60.000 IE EPO oder Plazebo. Insgesamt wurden 123 Infarktpatienten
mit EPO behandelt. Primärer Studienendpunkt war die Infarktausdehnung,
ermittelt im MRT. Sekundäre Endpunkte waren unter anderen
Sicherheitsereignisse.
Ergebnisse: Die Infarktgröße nach der PCI unterschied sich nicht
zwischen Plazebo- und EPO-Behandelten, weder nach 2-6 Tagen noch nach 12
Wochen. Der erhoffte Effekt trat also nicht ein. Bei den älteren
Infarktpatienten war die Infarktausdehnung in der EPO-Gruppe sogar signifikant
größer. Zudem wurden unter EPO signifikant mehr unerwünschte Wirkungen
beobachtet. Der kombinierte Endpunkt (Tod, Myokardinfarkt, Schlaganfall oder
Stent-Thrombose) trat bei 4% der mit EPO Behandelten und bei keinem unter
Plazebo auf (p = 0,04). Diese erhöhte Komplikationsrate deckt sich
mit Beobachtungen bei chronischer Anwendung von EPO bei anderen Indikationen
(2). Auch hier werden vermehrt Blutdruckanstiege und Thrombosen sowie erhöhte Blutviskosität
beschrieben.
Fazit: Erythropoietin, beim akuten Myokardinfarkt injiziert,
verringert nicht die Infarktgröße und hat nicht die erhoffte „kardioprotektive”
Wirkung. Im Gegenteil, das Risiko, insbesondere für Thrombosen, steigt. Diese
Beobachtung sollte generell zu einer größeren Vorsicht im Umgang mit Erythropoietin
bei herzkranken Patienten mahnen.
Literatur
- Najjar, S.S., et al. (REVEAL = Reduction of infarct Expansionand Ventricular remodeling with Erythropoietin After Largemyocardial infarction): JAMA 2011, 305, 1863.

- AMB 2008, 42,70b.

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