Apixaban (Eliquis®) ist ein oraler, direkter
Inhibitor von Faktor Xa. Er wurde zur Prophylaxe venöser Thromboembolien nach
elektiven orthopädischen Operationen zugelassen. Wir haben kürzlich über die wahrscheinliche
Indikationsausweitung zur Thromboembolieprophylaxe bei Vorhofflimmern berichtet
(1).
Grundlage der Zulassung von Apixaban waren drei
ADVANCE-Studien, bei denen zweimal 2,5 mg/d Apixaban p.o. mit dem
niedermolekularen Heparin Enoxaparin (Clexane®) einmal 40 mg/d
s.c. bzw. zweimal 30 mg/d bei orthopädischen Patienten verglichen wurde
(2-4). Dabei zeigte sich eine Nicht-Unterlegenheit von Apixaban
gegenüber Enoxaparin bei etwas weniger Blutungen.
Nun sollte in einer sehr aufwändigen Studie mit dem
Akronym ADOPT eine Überlegenheit einer längeren Einnahme von Apixaban
(einen Monat lang) gegenüber einer Standardprophylaxe mit Enoxaparin nachgewiesen
werden (5). Hierfür erhielten stationäre internistische Patienten mit hohem
Thromboserisiko in einem Doppeltblind- und Doppelt-Dummy-Design entweder Apixaban
(zweimal 2,5 mg/d p.o.) 30 Tage lang oder Enoxaparin (einmal 40 mg/d
s.c.) für die Zeit des Krankenhausaufenthalts. Es handelte sich um Patienten
mit manifester Herzinsuffizienz (39%), akuter pulmonaler Erkrankung (37%),
Infektionen (22%), rheumatischer Erkrankung oder entzündlichen Darmerkrankungen
mit mindestens einem weiteren Risikofaktor für Thrombosen: z.B. Alter ≥ 75
Jahre, anamnestische Thromboembolie, Krebserkrankung, BMI ≥ 30,
moderate bis vollständige Immobilisation. Ausgeschlossen wurden u.a. Patienten
mit einer GFR < 30 ml/min oder mit laufender dualer
Plättchenhemmung.
Der primäre Effektivitäts-Endpunkt war
zusammengesetzt aus: Tod in Folge einer Thromboembolie, jede Lungenembolie,
jede symptomatische oder asymptomatische tiefe Venenthrombose. Hierfür sollte
bei jedem Patienten nach 30 Tagen eine bilaterale Kompressions-Sonografie
durchgeführt werden. Primäre Sicherheitsendpunkte waren größere Blutungen, alle
Blutungen, Herzinfarkt, Schlaganfall u.a.
Ergebnisse:
Insgesamt wurden in dreieinhalb Jahren 6.758 akut kranke Patienten an 302
Zentren eingeschlossen. Davon konnten nur 4.495 (2211 Apixaban, 2284
Enoxaparin) hinsichtlich des primären Endpunkts nach 30 Tagen evaluiert werden.
Zu der hohen „Drop-out Rate” (33,5%; in beiden Gruppen etwa gleich hoch) kam es
überwiegend dadurch, dass die vorgesehene Beinvenen-Sonografie gänzlich fehlte
oder unzureichend war. Die basalen Risiken waren gleich verteilt (mittleres
Alter 66,7 Jahre, 29,7% ≥ 75 Jahre, 50% Männer). Die mittlere
Expositionszeit von Apixaban betrug 25 Tage, die von Enoxaparin 7,3 Tage. Nach
30 Tagen erreichten 2,71% in der Apixaban- und 3,06% in der Enoxaparin-Gruppe
den primären zusammengesetzten Endpunkt (RR: 0,87;
95%-CI: 0,62-1,23; p = 0,44). Keiner der einzelnen
klinischen oder ultrasonografischen Endpunkte trat in der Apixaban-Gruppe seltener
auf als in der Enoxaparin-Gruppe. Dem gegenüber wurden unter der längeren Prophylaxe
mit Apixaban signifikant häufiger schwerwiegende Blutungen beobachtet: 0,47%
vs. 0,19% (RR: 2,58; CI: 1,02-7,24; p = 0,04). Auch waren
die Blutungen insgesamt unter Apixaban im Vergleich zu Enoxaparin häufiger
(7,73% vs. 6,81%; RR: 1,13; CI: 0,95-1,34; p = 0,18). Alle
übrigen untersuchten unerwünschten Ereignisse traten in beiden Gruppen gleich
häufig auf.
ADOPT ist eine reine Herstellerstudie. Die Autoren sind
allesamt als Berater, durch Forschungsunterstützung oder auf andere Weise eng
mit den Herstellern von Apixaban verbunden oder direkte Mitarbeiter von Bristol
Myers Squibb.
Fazit: Bei
akutkranken internistischen Risikopatienten treten Thrombosen unter einer
entsprechenden Prophylaxe eher selten auf: Lungenembolien bei 0,2%,
symptomatische Beinvenenthrombosen bei 0,5% und asymptomatische bei 2%. Eine
30-tägige Thromboseprophylaxe mit dem oralen Faktor-Xa-Inhibitor Apixaban (zweimal
2,5 mg/d) ist nicht wirksamer als eine einwöchige Standardprophylaxe mit
Enoxaparin (einmal 40 mg/d s.c.). Unter Apixaban traten jedoch mehr
schwerwiegende Blutungen auf (0,47% vs. 0,15%). Daher besteht keine
Veranlassung, Patienten, die niedermolekulares Heparin gut vertragen, mit dem
viel teureren Apixaban zu behandeln.
Literatur
- AMB 2011, 45,73.

- Lassen, M.R., et al. (ADVANCE-1 = Apixaban Doseorally Versus ANtiCoagulant with Enoxaparin 1): N.Engl. J. Med. 2009, 361, 594.

- Lassen, M.R., et al. (ADVANCE-2 = Apixaban Doseorally Versus ANtiCoagulation with injectable Enoxaparin2): Lancet 2010, 375, 807.

- Lassen, M.R., et al. (ADVANCE-3 = Apixaban Dosedorally Versus ANtiCoagulation with injectable Enoxaparinto prevent venous thromboembolism 3): N. Engl. J. Med. 2010, 363, 2487
. Vgl. AMB 2011, 45, 73. 
- Goldhaber, S.Z., et al. (ADOPT = Apixaban Dosing to OptimizeProtection from Thrombosis): N. Engl. J. Med. 2011, online 2011.

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