Die
akute infektive Endokarditis ist mit hoher Morbidität und Letalität assoziiert.
Mehrere Studien haben eine Letalität von 15-20% während des
Krankenhausaufenthalts und eine Ein-Jahres-Letalität von 40% gezeigt (1). Zu Morbidität
und Letalität tragen mehrere Faktoren bei. Eine prognostisch ungünstige
Komplikation ist ein Herzklappenfehler, der sich während der Endokarditis entwickelt
(2, 3). Wir haben darüber berichtet, dass Klappenfehler bei Endokarditiden
durch Staphylococcus aureus besonders häufig sind und ein früher
Klappenersatz den klinischen Verlauf günstig beeinflusst (4, 5). Jedoch
gibt es hinsichtlich des allgemeinen Vorgehens bei bakterieller Endokarditis unterschiedliche
Ergebnisse. In einigen Studien fand sich kein Vorteil durch einen operativen
Klappenersatz verglichen mit ausschließlich antibiotischer Therapie (6-8). In anderen
Studien ergab sich dagegen ein deutlicher und anhaltender Vorteil hinsichtlich des
Überlebens bei Patienten, die operiert wurden (2, 9). In einer aktuellen prospektiven
Kohortenstudie wurden nun verschiedene Faktoren - auch der Herzklappenersatz - hinsichtlich
Letalität im Krankenhaus und Ein-Jahres-Letalität bei Patienten mit gesicherter
infektiver Endokarditis untersucht (10).
In
den Jahren 2000-2006 wurden 4.075 Patienten mit nachgewiesener infektiver Endokarditis
und bekanntem Status der Herzinsuffizienz aus 61 Zentren und 28 Ländern in die
Studie eingeschleust. Es wurden Faktoren untersucht, die einen unabhängigen
Einfluss auf die Letalität im Krankenhaus und auf die Ein-Jahres-Letalität
hatten.
Bei
1.359 Patienten (33,4%; CI: 31,9-34,8%) wurde im Verlauf der Endokarditis eine
Herzinsuffizienz diagnostiziert, bei 906 davon (66,7%) im Stadium III oder IV nach
der New York Heart Association (NYHA)-Klassifizierung. 839 Patienten mit
Herzinsuffizienz erhielten operativ einen Herzklappenersatz. Die Letalität
im Krankenhaus betrug bei den Patienten mit Herzinsuffizienz insgesamt 29,7%.
Bei Patienten, bei denen neben der antibiotischen Therapie eine Herzklappe
operativ ersetzt worden war, war sie deutlich niedriger als bei Patienten, die
nur Antibiotika erhalten hatten (20,6%; CI: 17,9-23,4% vs. 44,8%;
CI: 40,4-49%; p < 0,001). Auch die Ein-Jahres-Letalität war bei
operierten Patienten niedriger: 29,1% (CI: 26-32,2%) vs. 58,4% (CI: 54,1-62,2%;
p < 0,001). Der Vorteil war bei allen Patienten mit Herzinsuffizienz
nachweisbar, besonders deutlich aber in den NYHA-Stadien III und IV. Außerdem
wurden als prognostisch ungünstige Parameter identifiziert: höheres Alter,
Diabetes mellitus, auslösender Erreger Staphylococcus aureus oder Pilze,
NYHA-Stadium III-IV, Hirnembolie und paravalvuläre Komplikationen. Ein chirurgischer
Herzklappenersatz bereits während des initialen Krankenhausaufenthalts war mit
einer geringeren Ein-Jahres-Letalität assoziiert. Somit zeigt sich in dieser
großen Endokarditis-Studie erneut, dass Patienten mit infektiöser Endokarditis,
die einen Herzklappenfehler entwickeln, von einer frühen Operation profitieren.
Bestätigt werden auch die Ergebnisse einer früheren kleineren Studie (4, 5),
die fand, dass eine Klappenoperation bei Patienten mit S. aureus-Endokarditis
die Prognose verbessert.
Zu
den Schwächen dieser Kohortenstudie gehört, dass Ärzte aus sehr vielen Zentren die
Schwere des Herzklappenfehlers und das Stadium der Herzinsuffizienz klinisch möglicherweise
unterschiedlich eingeschätzt haben. Auch die Herzoperationen wurden in
verschiedenen Zentren durchgeführt, zwar in der Regel früh nach
Diagnosestellung, aber der Einfluss der Zeit zwischen Diagnose und Eingriff
wurde nicht evaluiert. Jedoch ist eine prospektive randomisierte Studie zum
Vergleich antibiotische versus antibiotische plus operative Therapie bei
infektiver Endokarditis - zumindest bei Patienten, die höhergradige
Herzklappenfehler entwickeln - ethisch nicht vertretbar.
Fazit: Diese große
Kohortenstudie zur Therapie der infektiven Endokarditis zeigt, dass Patienten,
die trotz antibiotischer Therapie einen Herzklappenfehler und eine höhergradige
Herzinsuffizienz entwickeln, von einem chirurgischen Herzklappenersatz profitieren.
Herzchirurgen sollten also früh in das Therapiekonzept einbezogen werden,
besonders dann, wenn sich Herzklappenfehler entwickeln oder eine Endokarditis
durch Staphylococcus aureus vorliegt.
Literatur
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- Delahaye, F., et al.(AEPEI = Association pour l'Etude et la Prévention de I'EndocarditeInfectieuse): Scand. J. Infect. Dis. 2007, 39, 849.

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