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Impfung gegen Norovirus-Erkrankungen: ein erster Ansatz

Infektionen durch Noroviren (einschließlich der Spezies Norwalk-Virus) verursachen weltweit Gastroenteritiden. In vielen Industrieländern und auch in Deutschland waren sie in den letzten Jahren die häufigste gemeldete Infektionskrankheit (1-2). Meist ist die akute hochkontagiöse Erkrankung zwar selbstlimitierend, kann aber bei alten und bei immungeschwächten Menschen schwer, sogar fatal, verlaufen (3-4). Die Herstellung eines Impfstoffs gegen Noroviren ist dadurch erschwert, dass das Virus bisher nicht auf Zellkulturen etabliert werden konnte und auch kein geeignetes Tiermodell zur Verfügung steht. Allerdings konnten die Hüllproteine in eukaryoten Zellen produziert werden. Sie bilden spontan Virus-ähnliche Partikel (VLP; 5). Diese VLP waren im Tiermodell immunogen (6). In der hier vorgestellten Arbeit wurde nun untersucht, ob sie auch vor der Infektion schützen oder einen Einfluss auf die Symptome nach der Infektion mit homologen Noroviren haben (7).

In einer randomisierten, doppeltblinden, plazebokontrollierten, multizentrischen Studie erhielten freiwillige gesunde Personen zwischen 18 und 50 Jahren intranasal einen Impfstoff, der entweder 100 µg Norovirus-VLP oder Plazebo enthielt und zwar zweimal im Abstand von drei Wochen (7). Es wurden nur Probanden mit funktionellem Fucosyltransferase-2-Gen (FUT2) aufgenommen, denn Menschen mit nicht funktionellem FUT2 sind genetisch resistent gegen einige Norovirus-Stämme. Nach Einwilligung wurden sie oral mit der 10-fachen Menge homologer Noroviren exponiert, die nötig sind um 50% der Probanden zu infizieren (Challenge; 8, 9). Von den 98 eingeschlossenen Probanden erhielten 90 tatsächlich beide Dosen (47 Verum und 43 Plazebo). Die häufigsten berichteten UAW waren Schleimhautschwellung, Naselaufen oder Niesen. Diese UAW waren in beiden Gruppen gleich häufig. Eine spezifische IgA-Antwort gegen das Norovirus (definiert als 4-facher Titeranstieg) wurde bei 70% der Probanden in der Verum-Gruppe gemessen. 77 von 84 Probanden, die mit dem Norovirus inokuliert worden waren, konnten dem Protokoll gemäß ausgewertet werden. Probanden in der Verum-Gruppe entwickelten deutlich seltener eine Gastroenteritis (37% vs. 69%; p = 0,006). Sie waren auch etwas besser vor einer Infektion mit den Noroviren geschützt (61% vs. 82%; p = 0,05).

Die mit der Vakzine erzielten Norovirus-spezifischen IgA-Titer waren niedriger als nach einer durchgemachten Infektion. Aus Freiwilligenversuchen ist bekannt, dass der Schutz nach einer Infektion maximal 12 Monate, meist aber kürzer anhält. So wird wahrscheinlich eine Impfung gegen Noroviren, ähnlich wie die Grippe-Schutzimpfung, jährlich wiederholt werden müssen.

Fazit: Nach den Ergebnissen der hier vorgestellten Studien scheint die Entwicklung eines Impfstoffs gegen Noroviren möglich. Die Effektivität der Vakzine ist jedoch bisher nicht beeindruckend und ein Schutz gegen andere Genotypen wahrscheinlich nicht gegeben. Diese Untersuchungen sollten aber Anstoß sein für die Weiterentwicklung eines Impfstoffs.

Literatur

  1. Glass, R.I., et al.: N.Engl. J. Med. 2009, 361, 1776. Link zur Quelle
  2. Schneider, T, et al.: Dtsch. Arztebl. 2005, 102,A-2551/B-2153/C-2032; Link zur Quelle
  3. Hall, A.J.: Clin. Infect. Dis. 2012, 55, 216. Link zur Quelle
  4. Schwartz, S., et al.: Blood 2011, 117,5850. Link zur Quelle
  5. Jiang, X., et al.: J.Virol. 1992, 66, 6527. Link zur Quelle
  6. Ball, J.M., et al.: J. Virol. 1998, 72, 1345. Link zur Quelle
  7. Atmar, R.L., et al.: N.Engl. J. Med. 2011, 365, 2178. Link zur Quelle
  8. Graham, D.Y., et al.: J.Infect. Dis. 1994, 170, 34. Link zur Quelle
  9. Atmar, R.L., et al.:Emerg. Infect. Dis. 2008, 14, 1553. Link zur Quelle