Zu diesem Thema haben wir zuletzt in 2006 ausführlich
referiert, einschließlich Chemie und Stoffwechselwirkungen der langkettigen
mehrfach ungesättigten Omega-3-Fettsäuren (MUFA; 1). Damals ergab sich, im
Gegensatz zu älteren Studien, kein sicherer Hinweis auf die Reduzierung
kardiovaskulärer Ereignisse oder der Gesamtletalität nach Einnahme von Omega-3-Supplementen
(Eicosapentaën- oder Docosahexaën-Säure) oder nach Ernährungsumstellung mit
gesteigertem Verzehr von Seefischen.
Die Mechanismen der angenommenen kardiovaskulären
Protektion durch 3-Omega-MUFA sind nicht klar. Berichtet wurden Senkung der Serum-Triglyzeride,
verminderte Blutplättchen-Aggregation, leichte Blutdrucksenkung und
antiarrhythmische Wirkungen. Die meisten nationalen kardiovaskulären
Therapierichtlinien empfehlen MUFA zur Behandlung der erheblichen Hypertriglyzeridämie
(USA) oder zur Reduzierung des kardiovaskulären Risikos (Europa).
Eine neue Metaanalyse aus Griechenland wertet 20
kontrollierte, meist plazebokontrollierte Studien von 1-6 Jahren
Interventionsdauer aus, die meisten zur Sekundärprophylaxe kardiovaskulärer Ereignisse
(2). In 18 Studien wurden 3-Omega-MUFA verabreicht, in zwei Studien wurde die
Ernährung umgestellt. Den Plazebo-Teilnehmern wurde meist die Verwendung
bestimmter Pflanzenöle zur Nahrungszubereitung empfohlen. An der Finanzierung
der Studien waren überwiegend interessierte Firmen beteiligt.
Erstaunlich ist das immer noch große Interesse an
solchen Studien. So kamen von den insgesamt 68.680 teilnehmenden Personen fast
46.000 aus solchen Studien, die von 2006-2012 publiziert wurden, also nach dem
systematischen Review von Hooper et al. von 2006, in dem keine sicheren
Hinweise zur Verminderung der Letalität bzw. Senkung kardiovaskulärer
Ereignisse durch MUFA gefunden wurden (1, 3).
Die Ergebnisse sind ernüchternd: Zwar liegen für alle
Endpunkte (Gesamtletalität, Tod durch Herzkrankheit, Plötzlicher Herztod und
neuer Herzinfarkt) die Relativen Risiken (RR) etwas unter 1,0 (0,87-0,96)
zugunsten der Verum-Gruppen, jedoch überschreiten die 95%-Konfidenzintervalle
(CI) mit einer Ausnahme den Wert 1,0 im Sinne von „nicht signifikant”. Nur für
„Tod durch Herzkrankheit” ist das CI mit 0,85-0,98 bei einem RR von 0,91 formal
signifikant, wird aber aufgrund einer sehr geringen Risikoreduktion von den
Autoren als „nicht signifikant” bezeichnet. Für den Endpunkt „Schlaganfall”
jedweder Genese ist das RR mit 1,05 (CI: 0,93-1,18) nicht signifikant erhöht. Auch
Patienten mit einem ICD (ca. 1.150 Patienten aus drei Studien) profitierten
hinsichtlich Plötzlichem Herztod und anderen Endpunkten nicht signifikant von
den Interventionen. In einer Studie von Burr et al. aus dem Jahr 2003 ergab
sich sogar ein Hinweis auf Zunahme von Plötzlichem Herztod nach diätetisch erhöhter
Einnahme von MUFA (3).
Eine Abbildung in der Metaanalyse listet die
Reduktion des Relativen Risikos für die Gesamtletalität in den verschiedenen
Studien chronologisch auf. Bis ca. 2006 scheinen die MUFA noch einen
protektiven Effekt gehabt zu haben. In allen folgenden, meist umfangreicheren
Studien ist das nicht mehr der Fall (RR-Werte zwischen 0,92 und 0,96). Falls
MUFA wirklich einen gewissen kardiovaskulär-protektiven Effekt haben sollten,
könnten die nach 2006 schlechter werdenden Ergebnisse daran liegen, dass in den
neueren Studien alle Teilnehmer, auch die der Kontroll-Gruppen,
leitliniengerecht mit Statinen und anderen empfohlenen Arzneimitteln behandelt
wurden.
Fazit: Eine
neue Metaanalyse zum hypothetischen kardiovaskulär-protektiven Effekt von 3-Omega-MUFA
unter Einschluss mehrerer neuer umfangreicher Studien (meist zur Sekundärprophylaxe)
seit 2006 ergab keine signifikante Risikoreduktion der Endpunkte „Kardiale und allgemeine
Letalität, Plötzlicher Tod, neuer Herzinfarkt und Schlaganfall”. 3-Omega-MUFA
scheinen bei leitliniengerecht mit Lipidsenkern behandelten koronarkranken Patienten
keinen zusätzlichen protektiven Effekt zu haben.
Literatur
- AMB 2006, 40,54.

- Rizos, E.C., et al.:JAMA 2012, 308, 1024.

- Hooper, L., et al.:BMJ 2006, 332, 752.

- Burr, M.L., et al.:Eur. J. Clin. Nutr. 2003, 57, 193.

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