Etwa 10% der Patienten mit Vorhofflimmern (Vofli) leiden an
Hyperthyreose (1). Das ist gut bekannt. Die Pathogenese ist jedoch noch nicht
völlig klar. Wie aber ist es umgekehrt betrachtet, d.h. wie ist das gesamte
Spektrum der Schilddrüsenfunktion - von Hypothyreose bis Hyperthyreose - mit
Vofli assoziiert? Dazu gibt es jetzt eine sehr große Registerstudie aus Kopenhagen
(2), deren Ergebnisse an klinische und demographische Daten adjustiert wurden. 586.460
Personen wurden eingeschlossen, deren Schilddrüsenfunktion zwischen dem 1.
Januar 2000 und 22. Januar 2010 im Zentrallaboratorium der niedergelassenen
Ärzte untersucht worden war. Die Schilddrüsenfunktion wurde eingeteilt in euthyreot,
hypothyreot, subklinisch hypothyreot, hyperthyreot und subklinisch
hyperthyreot. Während der Nachbeobachtung von insgesamt 3.215.807
Patientenjahren hatten 17.154 Patienten (5,3/1000 Patientenjahre) eine im
Krankenhaus erstmals gestellte Diagnose von Vofli. Die Ergebnisse im Einzelnen
sind in Tab. 1 wiedergegeben.
Die Schilddrüsenfunktion ist korreliert mit der Inzidenz von
Vofli: bei Hyperthyreose häufiger und bei Hypothyreose seltener als bei
normaler Funktion. Das ist nicht unerwartet. Die bekannte Sinustachykardie bei
Hyperthyreose lässt auf eine größere Erregbarkeit des Herzens und Neigung zu
tachykarden Rhythmusstörungen schließen. Interessanter noch als die statistische
Bestätigung eines klinischen Befundes sind methodische Aspekte: 1. Eine
Registerstudie ist in der Lage - wenn sehr viele Probanden untersucht werden - einen
klinischen Eindruck zu reproduzieren und damit zu objektivieren. 2. Epidemiologische
Großstudien sind in der Lage, die Realität medizinischer Sachverhalte darzustellen,
die in randomisierten kontrollierten Studien aus ethischen oder methodischen
Gründen nicht zu erfassen sind. Dazu trägt - wie auch in dieser Untersuchung -
die Adjustierung wesentlich bei. Z.B liegen die adjustierten Werte der Häufigkeit
von neu diagnostiziertem Vofli in ihrer Assoziation mit der Schilddrüsenfunktion
enger zusammen als die nicht adjustierten (s. Tab. 1).
So bestätigt diese Studie nicht nur eine klinische Erfahrung,
sondern sie wirft auch ein positives Licht auf die Ergebnisse großer
Kohortenstudien, die oft mit Skepsis betrachtet werden. Über mehrere haben wir
in den letzten Monaten berichtet, z.B.: ”Betablocker bei koronarer
Herzkrankheit” (3), ”Ischämischer Schlaganfall, Myokardinfarkt und venöse
Thromboembolie unter hormonalen Kontrazeptiva” (4)”, „Die Wirksamkeit des
Impfstoffs gegen die Schweinegrippe 2009/2010 war in Dänemark gering” (5). Der methodische
Goldstandard zum Nachweis erwünschter Wirkungen von Arzneimitteln sind aber
randomisierte kontrollierte Studien.
Fazit: Die Inzidenz von (neudiagnostiziertem) Vorhofflimmern
ist höher bei Patienten mit manifester und latenter Hyperthyreose und geringer
bei Hypothyreose verglichen mit euthyreoten Personen.
Literatur
- Mackenrodt, T., und Scriba,P.C. in: Innere Medizin in Praxis und Klinik. 4. Aufl., Georg Thieme Verlag,Stuttgart, New York.
- Selmer, C., et al.: BMJ2012, 345, e7895.

- AMB 2012, 46,91.

- AMB 2012, 46,57.

- AMB 2012, 46,10.

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