Häufige
Exazerbationen einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD)
verschlechtern die Prognose und sind mit erhöhter Letalität assoziiert (1). Es
ist deshalb ein wichtiges therapeutisches Ziel, schwere Exazerbationen zu
vermindern. Wir haben mehrfach darüber berichtet (2-4). Internationale Leitlinien
empfehlen bei akuten Verschlechterungen eine 7-14-tägige Therapie mit
Kortikosteroiden (KS), z.B. Prednisolon 30-40 mg/d oral (5, 6). In
randomisierten kontrollierten Studien (RCT) konnte nachgewiesen werden, dass KS
den klinischen Verlauf verbessern sowie die Länge des stationären Aufenthalts und
die Zeit bis zur Erholung des FEV1 (forciertes exspiratorisches Volumen
in der ersten Sekunde) verkürzen (7). Für die optimale KS-Dosis und die
Therapiedauer gibt es aber keine genauen Daten. Nach den Ergebnissen der SCCOPE-Studie
nimmt jedoch die günstige Wirkung einer KS-Therapie im Hinblick auf
Re-Exazerbationen im Verlauf kontinuierlich ab und ist nach sechs Monaten nicht
mehr besser als Plazebo (8). Andererseits ist eine systemische Langzeittherapie
mit KS ein unabhängiger Risikofaktor für eine erhöhte Letalität (9).
In einer
aktuellen doppeltblinden plazebokontrollierten Multicenter-Studie (REDUCE)
wurde untersucht, ob die Dauer der Therapie mit KS bei akuter Exazerbation ohne
Nachteile für den Verlauf der COPD reduziert werden kann (10). Es wurde eine
5-tägige systemische KS-Therapie mit einer 14-tägigen Therapie verglichen. Die
Studie war auf Nicht-Unterlegenheit ausgelegt. Im Randomisierungszeitraum von
2006-2011 wurden in der Schweiz 314 Patienten > 40 Jahre
eingeschlossen mit akuter Exazerbation einer bekannten COPD, definiert durch mindestens
zwei der folgenden Kriterien: vermehrt Luftnot, vermehrt Husten, größere Sputum-Menge
oder purulentes Sputum. Voraussetzung für den Einschluss war eine
Raucheranamnese von mindestens 20 Packungs-Jahren. Ausschlusskriterien waren
Asthma bronchiale, ein FEV1/FVC > 70%, ein radiologisch
nachweisbares pneumonisches Infiltrat und eine Überlebenswahrscheinlichkeit von
weniger als sechs Monaten aufgrund relevanter Begleiterkrankungen. Die meisten
Patienten waren im GOLD-Stadium 3 und 4 (vgl. 2).
Alle
Patienten erhielten initial 40 mg Methylprednisolon i.v., gefolgt von
40 mg Prednison oral an den Tagen 2 bis 5, unabhängig davon, ob sie
eine vorbestehende Therapie mit KS hatten oder nicht. An den Tagen 6-14 erhielten
die Patienten randomisiert 40 mg/d Prednison oral oder Plazebo. Zusätzlich
wurden alle Patienten sieben Tage lang mit einem Breitband-Antibiotikum
behandelt, unabhängig von Infektparametern und Wert des Procalcitonins. Alle
Patienten inhalierten nach Bedarf 4-6mal täglich einen kurzwirkenden
Bronchodilatator. Während der gesamten Studie erhielten die Patienten zweimal
täglich eine Kombination aus einem inhalativen Glukokortikoid mit einem
inhalativen langwirksamen Beta2-Agonisten plus Tiotropium 18 µg/d.
Den Empfehlungen der American Thoracic Society und European Respiratory Society
entsprechend, erhielten die Patienten zusätzlich Sauerstoff, Physiotherapie
und, wenn notwendig, eine invasive oder nicht-invasive maschinelle Beatmung. Im
Bedarfsfall konnten KS zusätzlich gegeben werden. Die Patienten wurden an den
Tagen 6, 15, 30, 90, und 180 re-evaluiert im Hinblick auf den primären
Endpunkt: erneute Exazerbation, die einer ärztlichen Behandlung bedarf.
Sekundäre Endpunkte waren: Gesamtletalität, Änderung der FEV1,
kumulative KS-Dosis und die Klassifizierung der subjektiven Symptome nach dem
Fragenkatalog der Medical Research Council Dyspnea Scale, dem
Bronchitis-associated quality-of-life Score und einer visuellen Analog-Skala
zur Lebensqualität am Tag der Exazerbation und nach sechs Monaten. Außerdem wurden
die Dauer des stationären Aufenthalts erfasst, das Intervall bis zur additiven
KS-Gabe und die Notwendigkeit einer invasiven oder nicht-invasiven Beatmung.
KS-assoziierte UAW wurden definiert als neu auftretende Infektionen und
relevante Veränderungen der Blutglukose oder der Blutdruckwerte, die einer
Behandlung oder Erweiterung einer zuvor bestehenden Therapie bedurften. Die
beiden Patientenkollektive waren ähnlich im Hinblick auf Alter, Schwere der
Erkrankung und Vorbehandlung mit KS. Unter den konventionell Therapierten (14
Tage) waren mehr Frauen als Männer (46,5% vs. 32,7%; p = 0,2).
Ergebnisse: Nach einer medianen Nachbeobachtung von 180 Tagen
erreichten 56 Patienten (35,9%) den primären Endpunkt (COPD-Exazerbation)
unter Kurzzeitbehandlung mit KS und 57 Patienten (36,8%) unter
konventioneller Therapie. Die Zeit bis zu einer erneuten Exazerbation
unterschied sich in den beiden Gruppen nicht. Die Hazard Ratio (HR) für eine
Re-Exazerbation unter Kurzzeit-Therapie im Vergleich zur konventionellen
Therapie war bei Intention-to-treat-Analyse 0,95
(90%-Konfidenzintervall = CI: 0,70-1,29; p = 0,006) und bei
Per-protocol-Analyse 0,93 (CI: 0,68-1,26; p = 0,005). Die Zeit bis
zur Re-Exazerbation betrug nach Kurzzeittherapie im Median 43,5 Tage und 29
Tage nach 14-tägiger Behandlung. Eine zuvor bestehende KS-Behandlung oder die
GOLD-Zuordnung hatten keinen Einfluss auf die HR. Auch bei den sekundären
Endpunkten Letalität oder Häufigkeit maschineller Beatmung ergab sich kein
Unterschied. Das FEV1 verbesserte sich im Vergleich zum
Ausgangswert signifikant und in beiden Gruppen gleichermaßen (vgl. Tab. 1).
Der Effekt hielt bis zum Ende des Beobachtungszeitraums von sechs Monaten an.
Die Kurzzeit-Behandelten hatten im Verlauf keinen höheren Bedarf an KS. Die
kumulative KS-Dosis war sogar deutlich geringer: 379 mg (95%-CI: 311-446 mg)
vs. 793 mg (95%-CI: 710-876 mg; p < 0,001).
Der
stationäre Aufenthalt war bei Kurzzeit-Therapie sogar kürzer: im Median 8 vs. 9
Tage (p = 0,04).
Patienten mit Kurzzeit-Therapie mussten auch nicht häufiger beatmet werden.
Unterschiede bei Blutdruck und Blutglukose erreichten kein Signifikanzniveau. Auch
andere mögliche UAW, wie Infektionen oder gastrointestinale Blutungen, waren
nicht unterschiedlich. Ob sich diese Ergebnisse auch auf Nie-Raucher mit COPD
übertragen lassen, bleibt offen.
Fazit: Bei akuter Exazerbation einer schweren oder sehr
schweren COPD ist eine systemische Kortikosteroid-Therapie wirksam. Die
REDUCE-Studie fand bei Rauchern und Ex-Rauchern, dass eine 5-tägige Therapie der
konventionellen 14-tägigen Therapie nicht unterlegen ist im Hinblick auf die Häufigkeit
von Re-Exazerbationen im Verlauf von sechs Monaten. Auch hinsichtlich Erholung
der Lungenfunktion und klinischer Symptome war die kürzere Therapie gleich
wirksam. Die mit Risiken behaftete systemische Kortikosteroid-KS-Therapie kann bei
Exazerbationen einer COPD offenbar verkürzt werden.
Literatur
- Hansel,T.T., und Barnes, P.J.: Lancet 2009, 374, 744.

- AMB 2009, 43,33.

- AMB 2011, 45, 76.

- AMB 2011, 45, 59b.

- Wouters,E.F.: Lancet 2004, 364, 883.

- http://www.goldcopd.org/uploads/users/files/GOLDReport_April112011.pdf

- Davies,L., et al.: Lancet 1999, 354, 456.

- Niewoehner, D.E., etal. (SCCOPE = SystemicCorticosteroids in Chronic Obstructive Pulmonary diseaseExacerbations): N. Engl. J. Med. 1999, 340, 1941 10379017.

- Groenewegen, K.H., etal.: Chest 2003, 124, 459.

- Leuppi, J.D., et al. (REDUCE = REDuction inthe Use of Corticosteroids in Exacerbated COPD): JAMA 2013 May 21:1-9.doi: 10.1001/jama.2013.5023.[Epub ahead of print].

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