Es ist bekannt, dass unter den nichtsteroidalen
Antiphlogistika (NSAID) nicht nur Coxibe mit einem erhöhten kardiovaskulären
Risiko assoziiert sind. Vor zwei Jahren haben wir über eine Metaanalyse
berichtet, in der unterschiedliche plazebokontrollierte und vergleichende
Studien zusammengefasst wurden mit dem Ziel, das kardiovaskuläre Risiko
verschiedener NSAID vergleichend abzuschätzen (1, 2). In dieser Analyse,
die auch bis dahin unveröffentlichte Herstellerdaten einschloss, zeigte sich,
dass von den verglichenen NSAID (Naproxen, Ibuprofen, Diclofenac, Celecoxib,
Etoricoxib, Rofecoxib, Lumiracoxib) Ibuprofen mit der höchsten
„Zusammengefassten Ereignisrate nach APTC-Methodik” (3) assoziiert war: Rate
ratio = RR: 2,26 (CI: 1,11-4,89), Diclofenac dagegen mit der höchsten
Gesamtletalität (RR: 2,31; CI: 1,00-4,95) und kardiovaskulären Letalität (RR:
3,98; CI: 1,48-12,70). Etoricoxib, Rofecoxib und Lumiracoxib nahmen eine
Mittelstellung ein. Naproxen und Celecoxib erwiesen sich in dieser Studie als
die NSAID mit dem günstigsten kardiovaskulären Risikoprofil.
Zu ähnlichen Ergebnissen kam eine weitere Metaanalyse aus
dem Jahr 2011, die auch kontrollierte Bevölkerungsstudien einschloss (4):
Diclofenac war hier mit einem ähnlich hohen Risiko für kardiovaskuläre
Ereignisse assoziiert wie Rofecoxib (RR: 1,40; CI: 1,27-1,55). Unter Naproxen war
das Risiko am geringsten erhöht (RR: 1,09; CI: 1,02-1,16). Celecoxib und
Ibuprofen lagen in der Mitte (RR: 1,17; CI: 1,08-1,27 bzw. 1,18; CI:
1,11-1,25).
Die großen Metaanalysen wurden nun zusammengefasst (5). Zudem
wurde das Verschreibungsverhalten der Ärzte hinsichtlich NSAID in Ländern mit
hohem oder niedrigem Einkommen analysiert und die Listen essentieller
Arzneimittel aus verschiedenen Ländern untersucht. Trotz der Daten zum kardiovaskulären
Risiko von Diclofenac, das nach heutiger Studienlage dem des vom Markt
genommenen Rofecoxib gleichzusetzen ist, liegt Diclofenac weltweit auf
Platz 1 der Marktanteile von NSAID. Sowohl in Ländern mit Hoch- als auch
Niedrigverdienst macht es fast ein Drittel aller verordneten NSAID aus. Von 100
Ländern, die ihre Listen essentieller Arzneimittel auf der WHO-Seite publiziert
haben, halten 74 Diclofenac für essentiell. Naproxen, das mit deutlich
geringeren Risiken assoziiert ist, wird hingegen nur von 27 Ländern als
essentiell geführt. Ibuprofen, auch mit deutlich erhöhtem Risiko assoziiert,
wird sogar von 90 Ländern als essentiell eingestuft.
Erst langsam beginnen die nationalen Behörden damit, sich
über die Risiken von Diclofenac Gedanken zu machen. Von der EMA wurde kürzlich
ein Risikobewertungsverfahren in Auftrag gegeben, das derzeit vom
Pharmacovigilance Risk Assessment Committee (PRAC) der EMA durchgeführt wird
(6). Mit Ergebnissen ist aber erst in Monaten bis Jahren zu rechnen. Bis dahin
sind die Ärzte direkt angesprochen, die Verschreibung von Diclofenac wegen der
potenziellen Risiken genau zu überlegen und auch die zunehmenden Risiken bei
langer Einnahmedauer zu bedenken. Die Autoren der Marktanalyse empfehlen sogar,
Diclofenac global vom Markt zu nehmen oder es zumindest aus den Listen
essentieller Arzneimittel herauszunehmen.
Fazit: Die Daten mehren sich, dass das oft verordnete nichtsteroidale
Antiphlogistikum Diclofenac das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse in ähnlichem
Ausmaß erhöht wie das 2004 aus diesem Grund vom Markt genommene Rofecoxib. Risikobewertungsverfahren
zur Klärung dieses Verdachts sind auf den Weg gebracht. Bis dahin gilt es, die Verschreibung
bzw. Einnahme von Diclofenac und besonders auch die Einnahmedauer gut zu
bedenken, vor allem bei Patienten mit höherem kardiovaskulärem Risiko oder
manifester kardiovaskulärer Erkrankung (vgl. 2). Als risikoärmere
Alternative kommt am ehesten Naproxen in Betracht.
Literatur
- Trelle, S., etal.: BMJ 2011, 342, c7086.

- AMB 2011, 45,21.

- AntiplateletTrialists’ Collaboration: BMJ 1994, 308, 81.

- McGettigan, P., undHenry, D.: PLoS Med. 2011, 8, e1001098.

- McGettigan, P., undHenry, D.: PLoS Med. 2013, 10, e1001388.

- http://www.ema.europa.eu/docs/en_GB/document_library/Referrals_document/ Diclofenac-containing_medicinal_products/Procedure_started/WC500134472.pdf

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