Die Thrombozytenaggregationshemmer (TAH) Clopidogrel
und Prasugrel sind Prodrugs, aus denen über verschiedenen Zytochrom - ganz
wesentlich über CYP1A2, CYP3A4 und CYP2C19 - die aktiven Metabolite gebildet
werden. Protonenpumpen-Hemmer verringern die Aktivität von CYP2C19 und damit
die Umwandlung und Wirkung von Clopidogrel. Die Konsequenzen haben wir
eingehend diskutiert (1).
Andere Substanzen stimulieren Cyp1A2, z.B. Theophyllin,
Olanzapin, Koffein, aber dies tun auch die polyzyklischen Hydrokarbone des
Zigarettenrauchs. So könnte bei Rauchern aus dem Prodrug Clopidogrel vermehrt der
aktive Metabolit gebildet und seine Wirkung gesteigert werden. In einigen
klinischen Studien hatten sich tatsächlich Hinweise darauf ergeben, dass die
Wirkung von Clopidogrel bei Rauchern stärker sein könnte als bei Nichtrauchern
(z.B. 2). Aber auch die Wirksamkeit von Ticagrelor, das kein Prodrug ist,
sondern eine aktive Substanz, scheint bei Rauchern verstärkt. Wichtige Arbeiten
zur protektiven kardiovaskulären Wirksamkeit der TAH bei Rauchern und
Nichtrauchern sind jetzt in einer Metaanalyse des Pharmakoepidemiologischen
Instituts der Harvard Medical School gesammelt, ausgewertet und im British
Medical Journal veröffentlicht worden (3).
Methodik: Es wurden randomisierte kontrollierte
Studien gesucht mit genauen Angaben zu Diagnose (Infarkt, instabile Angina
pectoris), Therapie (Dosierung), Dauer der Nachbeobachtung, Definition der
Begriffe Raucher und Nichtraucher, primärer kombinierter Endpunkt kardiovaskulärer
Tod, Herzinfarkt oder Schlaganfall. Aus den Häufigkeiten dieses kombinierten
Endpunkts in den Untergruppen Raucher und Nichtraucher wurde der Quotient
Verum/Kontrolle gebildet und verglichen (s. Tab. 1.). Werte dieses
Quotienten < 1 bedeuten: Verum führt zu weniger Endpunkten, wirkt also
besser. Je niedriger dieser Quotient ist, desto deutlicher ist die
Überlegenheit.
Ergebnisse: Bei systematischer Durchsicht der Literatur
der letzten Jahrzehnte fanden sich neun Arbeiten zur Wirksamkeit von
Clopidogrel, Prasugrel oder Ticagrelor im Vergleich zu Kontrollen, in denen
auch die Untergruppen Raucher und Nichtraucher dargestellt wurden. Die
Ergebnisse sind in Tab. 1 zusammengefasst. Der primäre Endpunkt trat unter
Verum stets seltener auf als in der Kontroll-Gruppe. Das ist erwartet, denn die
Wirksamkeit der neuen TAH ist zweifelsfrei nachgewiesen. Fast alle zitierten
Untersuchungen haben wir auch referiert. Aber ein wichtiger Befund wurde bisher
übersehen und überrascht: Bei Rauchern ist die Wirkung auf kombinierte
kardiovaskuläre Endpunkte fast immer deutlich besser als bei Nichtrauchern.
Clopidogrel ist z.B bei der gemeinsamen Betrachtung aller Studien bei
Nichtrauchern nur wenig wirksam (Relatives Risiko = RR: 0,92), und Prasugrel
ist nur bei Rauchern dem Clopidogrel überlegen (RR: 0,76 und 0,54).
Diskussion: Eine Stimulation von CYP1A2 könnte die
bessere Wirksamkeit von Clopidogrel bei Rauchern erklären (s.o.). Aber
Prasugrel wird kaum von CYP1A2, sondern mehr von CYP3A4 abgebaut, das
allerdings auch am Abbau von Clopidogrel beteiligt ist. Ticagrelor ist eine
aktive Substanz, d.h. kein Prodrug, aber auch seine Aktivität ist bei Rauchern
verstärkt (12). Einen einheitlichen Mechanismus der stärkeren Wirksamkeit
scheint es offenbar nicht zu geben. Aber der Befund ist klar. M.M. Hirschl,
Landesklinik Waldviertel in Österreich, nimmt im Editorial zum Thema die Daten
sehr ernst (13), stellt aber fest, dass in der Metaanalyse (3) keine
Information über die Blutungshäufigkeit speziell bei Rauchern gegeben werden
konnte, dass aber in den großen Studien, sowohl in CHARISMA (8) als auch in TRILOGY
ACS (11), schwere Blutungen bei Rauchern häufiger gewesen sind. Er ist der
Ansicht, dass – sollten sich die neuen Befunde in speziellen randomisierten
Untersuchungen bestätigen - ganz neu über die Wirkungen und Nebenwirkungen der
Therapie mit modernen TAH nachgedacht werden müsse.
Fazit: Eine aktuelle Metaanalyse zeigt, dass Clopidogrel bei
Rauchern intensiver wirkt als bisher gedacht und bei Nichtrauchern kaum wirksam
ist. Die Wirkungen von Prasugrel und Ticagrelor sind in ähnlicher Weise vom
Rauchen abhängig. In zwei Studien (8, 11) ist auch nachgewiesen, dass bei
Rauchern schwere Blutungen häufiger sind. Sollten sich diese Befunde in
speziellen Studien bestätigen, werden sie Auswirkungen auf die Therapie mit Hemmern
der Thrombozytenaggregation haben.
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