Seit der Zulassung des quadrivalenten humanen
Papillomavirusimpfstoffs (qHPV) 2006 und später des bivalenten HPV-Impfstoffs
2011 sind ca. 120 Mio. Impfdosen weltweit verabreicht worden (1). Bei
neuen Impfstoffen geht es generell nicht nur um die Wirksamkeit, sondern auch
um Häufigkeit und Art der unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW). Die
Erfahrung hat gezeigt, dass kurz nach einer Impfung auftretende schwerwiegende
Ereignisse meist dem Impfstoff zugeordnet werden können. Solche Ereignisse
müssen als Signal ernst genommen und aufgeklärt werden. Das gilt insbesondere
für neurologische und immunologische Erkrankungen (2). Die Angst vor UAW der
HPV-Impfung und die mangelhafte Aufklärung über mögliche Folgen einer
HPV-Infektion gelten als wichtigste Gründe für die niedrige Akzeptanz dieser Impfung
in einigen Ländern, beispielsweise in Deutschland (3, 4). Befürchtungen,
dass Impfungen speziell Autoimmunerkrankungen induzieren können, sind
vermutlich ausgelöst durch die tatsächlich festgestellten Assoziationen
zwischen Grippeimpfstoffen und Narkolepsie (5, 6, 7) und Guillain-Barré-Syndrom
(8). Die gepoolten Daten aus klinischen Studien mit über 28.000 HPV-Geimpften
ergaben jedoch keine Signale in diese Richtung (9). Aber auch diese Zahlen
wären zu klein, um seltene Ereignisse sicher zu erfassen. Eine Analyse der
12.424 Spontanmeldungen an das Vaccine Adverse Event Reporting System (VAERS)
in den USA ergab 772 schwere UAW. Autoimmunerkrankungen waren dabei nicht
häufiger als in der „Kontrollbevölkerung“ (10). Jedoch wurden Synkopen und
thromboembolische Ereignisse überproportional häufig gefunden. Eine
sequenzielle Analyse mittels „Vaccine Safety Datalink“ von sieben
Gesundheitsorganisationen in den USA, die 600.588 qHPV-Geimpfte erfasste, ergab
kein erhöhtes Risiko für acht prädefinierte Ereignisse, bis auf eine
nicht-signifikant erhöhte Assoziation mit thromboembolischen Ereignissen (11). Eine
weitere Kohortenstudie zweier Gesundheitsorganisationen in Kalifornien mit 189.629
Frauen untersuchte das Risiko von 16 Autoimmunerkrankungen im Zusammenhang
mit der HPV-Impfung. Sie fand nur eine erhöhte Rate von Hashimoto-Thyreoiditis,
die aber bei genauerer Analyse in keinem zeitlichen Zusammenhang mit der
Impfung stand. Der Zusammenhang war auch nicht plausibel (12). In derselben
Kohorte wurden keine weiteren Risiken der HPV-Impfung gefunden, selbst dann, wenn
in der Folge alle Besuche von Geimpften in Notaufnahmen oder stationärer
Behandlung ausgewertet wurden (13).
Schweden und Dänemark führen bevölkerungsbasierte
Datenbanken, aus denen sich die UAW eines Impfprogramms sehr gut ablesen lassen.
Diese Register wurden jetzt in einer gemeinsamen Studie für die Frage nach den
UAW von HPV-Impfungen vom Oktober 2006 bis Dezember 2010 genutzt (14). In diese
Analyse gingen 997.685 Mädchen im Alter zwischen 10 und 17 Jahren ein, die
gegen HPV geimpft wurden. Alle in den Krankenhäusern der beiden Länder
gestellten Diagnosen hinsichtlich eines autoimmunen oder thromboembolischen oder
neurologischen Ereignisses wurden innerhalb von 180 Tagen nach jeder Impfung
ausgewertet. Die Inzidenz der Ereignisse wurde mit der Inzidenz in der nicht-geimpften
Bevölkerung verglichen (Rate Ratio = RR). Von 53 diagnostizierten Autoimmunerkrankungen
gab es bei drei Erkrankungen (Raynaud-Syndrom, Diabetes mellitus Typ 1 und
Behcet-Syndrom) eine mögliche Assoziation. Bei diesen Erkrankungen zeigte sich
eine willkürliche Verteilung in Bezug auf die Zeit nach der Impfung. Die RR
dieser Autoimmunerkrankungen mehr als 180 Tage nach der Impfung entsprach der
RR innerhalb der ersten 180 Tage. Die Analyse neurologischer Ereignisse
ergab keine Assoziation. Für Epilepsie bzw. Lähmungen wurde eine inverse Korrelation
errechnet (RR: 0,66; 95%-Konfidenzintervall = CI: 0,54-0,80 bzw. RR: 0,56; CI:
0,35-0,90). Es gab auch keine Assoziation zwischen HPV-Impfung und thromboembolischen
Ereignissen (RR: 0,86; CI: 0,55-1,36).
Fazit: Eine aktuelle, sehr große und aussagekräftige Kohortenstudie
ergab, wie auch frühere Surveillance-Studien, kein Signal für schwerwiegende
UAW in Zusammenhang mit der HPV-Impfung.
Literatur
- www.lakemedelsverket.se/OVRIGA-SIDOR/HPV-vaccinering/

- Wraith,D.C., et al.: Lancet 2003, 362, 1659.

- Laz,T.H., et al.: Vaccine 2012, 30, 3534.

- AMB 2013, 47,65.

- Nohynek.H., et al.: PLoS One 2012, 7, e33536.

- http://www.lakemedelsverket.se/ upload/nyheter/2011/ Fallinventeringsrapport_pandermrix_110630.pdf

- AMB 2013, 47,23b.

- Salmon, D.A., et al.:Lancet 2013, 381, 1461.

- Descamps, D., et al.:Hum. Vaccin. 2009, 5, 332.

- Slade, B.A., et al.: JAMA 2009, 302, 750.

- Gee,J., et al.: Vaccine 2011, 29, 8279.

- Chao, C., et al.: J. Intern. Med. 2012, 271, 193.

- Klein, N.P., et al.: Arch. Pediatr. Adolesc. Med. 2012, 166, 1140.

- Arnheim-Dahlström, L., et al.: BMJ 2013, 347, f5906.

< |