Frage von Dr. S.H. aus
N.: >> Ich nehme Bezug auf Ihren Hauptartikel vom Mai 2014 (1). Wir
therapieren Patienten, die wegen eines M. Basedow und begleitender, nicht-florider
endokriner Orbitopathie bei uns eine Radiojodtherapie erhalten, mit Prednisolon
0,5 mg/kg Körpergewicht pro Tag. Die Dauer beträgt vier Wochen mit
anschließend sieben Tagen Prednisolon 2,5 mg/d. Bei einem 80 kg
schweren Patienten liegen wir mit 40 mg/d Prednisolon deutlich über der
Cushing-Schwelle. Bedarf es bei diesem Vorgehen regelhaft einer Prüfung der ACTH-Kortisol-Achse
nach Beendigung der Kortikosteroid-Medikation? <<
Antwort: >> Nach vier
Wochen Therapie mit 0,5 mg/kg Prednisolon pro Tag ist eine Prüfung der
ACTH-Kortisol-Achse nicht erforderlich. Mit 2,5 mg/d Prednisolon für eine
Woche am Ende dieser prophylaktischen Begleitmaßnahme einer Radiojodtherapie
(RJX) erhält der Patient ein Äquivalent von 12-15 mg/d Hydrokortison (HK),
was der normalen täglichen HK-Sekretionsrate eines gesunden ungestressten
Menschen entspricht. Ihre guten Erfahrungen mit diesem Vorgehen bestätigen die
Sicherheit dieser Maßnahme.
Für unsere Leser,
die mit der Endokrinen Orbitopathie (EO) nicht so vertraut sind: Die EO kommt
nur bei der autoimmun verursachten Hyperthyreose (M. Basedow) vor und ist nicht
Folge der Hyperthyreose. Im Retroorbitalraum (Fettgewebe, äußere Augenmuskeln)
werden bei EO in geringem Maße Schilddrüsen-Antigene, auch TSH-Rezeptoren,
exprimiert, gegen die sich die für M. Basedow typischen TSH-Rezeptor-Antikörper
(TRAK) richten und die eine autoimmune Entzündung mit konsekutiver Fibrose
auslösen können. Bei einer RJX wegen M. Basedow gelangen infolge Destruktion
von Thyreozyten auch Schilddrüsenantigene in den Kreislauf, die im Retroorbitalraum
die Entzündung aktivieren und die EO verschlimmern können.
Bartalena et al.
aus Pisa (2) haben erstmals gezeigt, dass sich durch eine Prednisolon-Prophylaxe
mit 0,4-0,5 mg Prednisolon/kg KG pro Tag mit Beginn der RJX die
Exazerbation einer EO verhindern lässt. Diese Prophylaxe wird in europäischen
nuklearmedizinischen Zentren allerdings in unterschiedlicher Form durchgeführt
und meist nicht bei Patienten, die zuvor keine Symptome einer EO hatten (3).
<<
Literatur
- AMB2014, 48, 33.

- Bartalena, L.,et al.: N. Engl. J. Med. 1989, 321,1349.

- Lazarus,J.H., et al. (EUGOGO = EUropean Group On Graves’ Orbitopathy):J. Endocrinol. Invest. 2010, 33, 409.

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