In diesen Tagen haben viele Internisten in
Oberösterreich und Salzburg und wahrscheinlich auch in anderen österreichischen
Bundesländern Einladungen erhalten zu einem „interaktiven Expertenseminar“ zum
Thema "Orale Antikoagulation in der Schlaganfallprophylaxe bei Vorhofflimmern".
Die Einladungen kommen von einer Event-Agentur in Wien, die mit der
„Entwicklung, Gesamtorganisation und Umsetzung von Veranstaltungen im
Gesundheitsbereich“ ihr Geld verdient. Offensichtlich werden regional viele
Entscheidungsträger aus der Inneren Medizin zu einem dreistündigen Meeting in
einem Hotel vor Ort eingeladen. Den Teilnehmern soll die Gelegenheit zu einem
„intensiven Meinungs- und Erfahrungsaustausch im KollegInnenkreis“ und mit zwei
„Experten“ gegeben werden (ein klinischer Neurologe aus Linz und ein
interventioneller Kardiologe aus Wien). Inhalte der Veranstaltung sollen dann
in einem „Reviewartikel“ festgehalten werden, der wahrscheinlich in irgendeiner
der unzähligen, kostenlos zugeschickten medizinischen Aussendungen oder
Beilagen abgedruckt wird, die uns tagtäglich ungebeten auf den Tisch flattern.
Die Teilnehmer an dem Meeting sollen im Artikel namentlich genannt werden. Für
die Teilnahme an der Veranstaltung und die „Begutachtung und Freigabe“ des
Artikels wird den Teilnehmern ein Honorar von 250 € zzgl. MwSt. angeboten.
Es wird darauf hingewiesen, dass diese „Fortbildungsinitiative“ durch Boehringer
Ingelheim RCV GmbH & Co KG unterstützt wird. Somit muss man davon ausgehen,
dass der pharmazeutische Unternehmer die Kosten übernimmt, sowohl für die
Event-Agentur als auch für die Verköstigung in den Hotels sowie die „Experten“,
den Review-Artikel und die „Honorare“ für die Teilnehmer. Ganz offensichtlich
versucht Boehringer Ingelheim mit dieser Aktion, Dabigatran (vgl. 1; Pradaxa®)
tiefer im Bewusstsein der Ärzte zu verankern - nach dem Prinzip „pecunia et
honor“.
Stellen Sie sich vor, Ihr Autohändler lädt
Sie zur Präsentation eines neuen Modells in ein erstklassiges Hotel ein,
verköstigt sie dort und zahlt Ihnen für Ihr Erscheinen sogar noch Geld. Dazu
erscheinen Sie in einer Autozeitung namentlich als Experte, dessen Urteil über
das neue Modell gefragt ist. Das Problem mit derartigen Veranstaltungen ist:
das Auto kaufen Sie vom eigenen Geld, das teure Arzneimittel wird von der Versichertengemeinschaft
bezahlt! Es ist nach unserer Einschätzung ethisch bedenklich, für die Teilnahme
an solchen und ähnlichen Veranstaltungen Geld anzunehmen, das letztlich von den
Krankenversicherten stammt. Wir schließen uns der Meinung eines empörten Lesers
an: „Ich werde nicht nur meine Teilnahme verweigern,
sondern möchte im ARZNEIMITTELBRIEF zur Diskussion stellen, was wir gegen
solche Praktiken der Pharmaindustrie machen können. Ich glaube, hier handelt es
sich wieder um ein klassisches Beispiel, dass Meinungen von Ärzten „gekauft“
werden können, eine traurige Entwicklung, aber wahrscheinlich ständige Realität“.
Literatur
- AMB 2008, 42,09
; AMB 2009, 43, 96 ; AMB 2010, 44,06b ; AMB 2011, 45, 07a ; AMB 2011,45, 88 ; AMB 2012, 46, 17 ;AMB 2013, 47, 13b ; AMB 2013, 47, 74 ; AMB 2013, 47, 80DB01. 
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