Ivabradin (Procoralan®) ist für zwei
Indikationen zugelassen: Für die Behandlung der stabilen Koronaren
Herzkrankheit (KHK) und der Herzinsuffizienz. Laut
Fachinformation ist Ivabradin bei KHK indiziert, wenn Sinusrhythmus und trotz
ausreichender Betablockade ein Ruhepuls > 60/Min. bestehen (1). Hintergrund
ist das hypothetische Konzept, dass ein hoher Puls bei Herzkranken prognostisch
ungünstig ist und sich eine Senkung der Frequenz daher günstig auswirken muss.
In den Leitlinien der European Society of Cardiology (ESC) zur Behandlung der
stabilen KHK wird Ivabradin als Zweitlinienmedikament neben langwirkenden
Nitraten oder Nicorandil oder Ranolazin empfohlen, je nach Herzfrequenz,
Blutdruck und Verträglichkeit. Es handelt sich um eine IIa-Empfehlung mit dem
Evidenzgrad B (2).
Wir konnten und können weder das Konzept noch diese
Bewertung in der Leitlinie nachvollziehen. Die Ergebnisse der BEAUTIFUL-Studie
haben wir 2008 als „kärglich“ bewertet und die Darstellung als manipulativ (3).
Nun bestätigen die Ergebnisse der SIGNIFY-Studie
diese Einschätzung (4). In dieser doppelblinden, randomisierten, plazebokontrollierten
Studie an 1139 (!) Zentren in 51 Ländern wurde der mögliche Nutzen von
Ivabradin zusätzlich zu einer antianginösen Standardtherapie bei Patienten mit
stabiler KHK untersucht. Ausschlusskriterien waren u.a. Herzinsuffizienz und
Vorhofflimmern. Insgesamt wurden für diese vom pharmazeutischen Unternehmer
Servier initiierte und finanzierte Studie > 19.000 Patienten
rekrutiert. Die Patienten waren im Mittel 65 Jahre alt, 72% waren Männer
und 43% Diabetiker. Drei Viertel der Patienten hatten einen Myokardinfarkt in
der Anamnese und 68% eine koronare Revaskularisation (PCI). Bei 63% wurde die
Angina pectoris als „aktivitätsmindernd“ eingeschätzt (Canadian Cardiovascular
Society-Klasse ≥ II). Die Basistherapie bestand aus ASS (91%),
Betablocker (83%) und Statin (92%). 31% nahmen zusätzlich einen Kalziumantagonisten
ein und 40% ein Nitrat, 62% einen ACE-Hemmer, 22% einen Angiotensin-II-Rezeptor-Blocker
und 31% ein Antidiabetikum.
9.550 Patienten erhielten
zusätzlich Ivabradin und 9.552 Plazebo. Jeder fünfte Patient setzte
Ivabradin im Studienverlauf wieder ab, meist wegen Bradykardien (Abbruchrate
bei Plazebo: 14,5%). Der primäre Endpunkt in SIGNIFY war zusammengesetzt aus
kardiovaskulärem Tod und nicht-tödlichem Myokardinfarkt. Die mediane
Nachbeobachtung betrug 27,8 Monate. Das Ergebnis war eindeutig. Es gab
keinen Unterschied zwischen Ivabradin und Plazebo, weder hinsichtlich des
primären Endpunkts (6,8% vs. 6,4%; Hazard Ratio: 1,08; 95%-Konfidenzintervall:
0,96-1,2; p = 0,20) noch bei irgendeinem prädefinierten sekundären
Endpunkt. Dagegen erhöhte Ivabradin die Komplikationsrate. Signifikant mehr
Patienten erlitten eine symptomatische Bradykardie (7,9% vs. 1,2%), Vorhofflimmern
(5,3% vs. 3,8%) oder Ivabradin-typische Lichtwahrnehmungen (= Phosphene; 5,4%
vs. 0,5%).
Fazit: Ivabradin bringt Patienten mit stabiler KHK und
antianginöser Standardtherapie klinisch keinen kardiovaskulären Zusatznutzen.
Nach den Ergebnissen der SIGNIFY-Studie schadet es dagegen beträchtlich (Bradykardien,
Vorhofflimmern). Ivabradin sollte aus den Behandlungsleitlinien der KHK
gestrichen werden.
Literatur
- FachinformationProcoralan:
(Zugriff am10.9.2014).
- 2013 ECSGuidelines on the management of stable coronary artery disease: Eur. Heart J.2013, 34, 2949.

- Fox, K., etal. (BEAUTIFUL = The morBidity-mortality EvAlUaTionof the I(f) inhibitor ivabradine in patients with coronary disease andleft ventricULar dysfunction): Lancet 2008, 372, 807
. AMB 2008, 42, 87. 
- Fox, K., et al. (SIGNIFY = Study assessInG the morbidity-mortalitybeNefits of the If inhibitor ivabradine in patients with coronarYartery disease): N. Engl. J. Med. 2014, 5.Sept.:
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