Bei Therapieentscheidungen sind neben den Wirkungen auch die
Nebenwirkungen von Arzneimitteln zu berücksichtigen, und Ärzte müssen ihre
Patienten eingehend darüber aufklären (1). Eine neuseeländische Arbeitsgruppe
hat nun untersucht, wie hilfreich für diese Aufklärung Informationsmaterialien
sind, die von verschiedenen Organisationen erstellt wurden.
Die Autoren extrahierten Informationen über Nebenwirkungen
aus 136 Dokumenten von fünf verschiedenen Quellen über 15 häufig
verschriebene Arzneimittel, darunter Metoprolol, Simvastatin, Celecoxib,
Lisinopril und Quetiapin. Zu den Quellen gehörten zwei staatliche
Organisationen – die neuseeländische Zulassungsbehörde und die US-amerikanische
National Library of Medicine – und drei Webseiten inoffizieller Anbieter,
darunter Yahoo Health. Zwei dieser Quellen hatten für Ärzte und Laien jeweils
unterschiedliche Informationen erstellt.
Für jedes Arzneimittel wurden sehr viele Nebenwirkungen
aufgeführt: bei 8 der 15 Wirkstoffe im Median über 50, bei keinem weniger als
im Median 26. Dabei gab es eine große Spannweite. Mindestens eine Quelle führte
mehr als 40 Nebenwirkungen für alle untersuchten Arzneimittel mit Ausnahme
von Pioglitazon auf und mehr als 150 Nebenwirkungen für Fluoxetin, Celecoxib
und Quetiapin. Die Zahl der Nebenwirkungen pro Quelle variierte beträchtlich
und lag im Median zwischen 15 und 70.
Die Angaben zur Häufigkeit der Nebenwirkungen waren
inkonsistent. Zwei Quellen machten überhaupt keine Angaben dazu, bei zwei
anderen fehlten sie in den Patienteninformationen. Auch die Definitionen zur Häufigkeit
und zum Schweregrad der Nebenwirkungen wurden nur unregelmäßig beachtet und variierten.
Informationen zu Nebenwirkungen können auf Fallberichten,
Meldungen von Ärzten und Patienten, Beobachtungsstudien und randomisierten,
kontrollierten Studien beruhen. Keine Quelle gab durchgehend an, auf welchem Evidenz-Level
die Angaben basieren. Allerdings wurde darauf hingewiesen, dass die
Nebenwirkungen möglicherweise nicht kausal mit der Anwendung des Arzneimittels verknüpft
sind, und dass die Informationen möglicherweise unvollständig sind.
Die als Nebenwirkungen aufgeführten Symptome entsprachen
häufig gewöhnlichen Beschwerden des täglichen Lebens, wie z.B. Rücken-, Kopf-
und Gelenkschmerzen, Müdigkeit oder Schlafprobleme. Dies ergab der Vergleich
mit den Ergebnissen einer bevölkerungsbasierten Studie, in der zufällig ausgewählte
Personen die häufigsten Beschwerden der letzten sieben Tage angegeben hatten.
Eine kausale Verknüpfung zwischen Nebenwirkung und Arzneimittel war oft nicht
plausibel, wie z.B. bei Celecoxib und Rückenschmerz.
Als mögliche Konsequenzen der aktuellen, mit Mängeln
behafteten Informationen sehen die Autoren die Gefahr, dass Patienten eine
Therapie nicht beginnen oder abbrechen. Eine negative Erwartungshaltung von
Ärzten und Patienten kann den Therapieerfolg gefährden und zu weiteren
Meldungen führen. Inkonsistenzen in den Materialien können verwirren und das
Vertrauensverhältnis von Patient und Arzt belasten. Außerdem können
Informationen über solche Nebenwirkungen untergehen, deren Kausalität belegt
ist oder die schwer sind.
Die Autoren schlagen vor, dass in Informationen zu
Nebenwirkungen künftig der Evidenzlevel angegeben wird, auf dem sie beruhen,
genauso wie Schätzungen zum absoluten Risiko. Daten aus randomisierten,
kontrollierten Studien sollte größeres Gewicht gegeben werden. Treten unspezifische
Symptome auch unter Plazebo auf, spricht das gegen einen kausalen Zusammenhang
mit dem Wirkstoff – dies sollte berücksichtigt werden.
Fazit: In Informationsmaterialen zu Nebenwirkungen von
Arzneimitteln finden sich übermäßig viele Angaben, die teilweise inkonsistent
sind, häufig schlecht präsentiert werden und darüber hinaus oft Befindlichkeitsstörungen
im täglichen Leben entsprechen - dies ergab eine Untersuchung von 136 Informationen
zu Nebenwirkungen aus fünf Quellen zu 15 häufig verschriebenen Arzneimitteln.
Unpräzise, unvollständige und verwirrende Informationen zu Nebenwirkungen
können den Erfolg einer Therapie mindern. Wo immer möglich, sollten Prinzipien
und Kriterien der evidenzbasierten Medizin auch in Informationen zur Arzneimittelsicherheit
angewendet werden.
Literatur
- http://openjur.de/u/188968.html

- Tan, K., et al.:BMJ 2014, 349, g5019.

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