Über die neuen
Antikoagulanzien (NOAK) bei Vorhofflimmern (VHF) haben wir in Anbetracht des
Fehlens von Langzeitdaten, Therapiemonitoring, Antidoten und
differenzialtherapeutischen Empfehlungen mehrfach kritisch berichtet (1). Eine
häufige Ko-Medikation bei diesen Patienten ist Amiodaron, das ein beträchtliches
Risiko für Nebenwirkungen und Interaktionen hat – unter anderem mit
Vitamin-K-Antagonisten (VKA) über CYP2C9 (2).
Eine kürzlich
publizierte Analyse (3) untersuchte retrospektiv den Zusammenhang von thromboembolischen
Ereignissen, Letalität und Blutungen mit der Einnahme von Amiodaron bei
Teilnehmern der ARISTOTLE-Studie. In der 2011 publizierten Zulassungsstudie von
Apixaban (Eliquis®) wurde Apixaban gegen VKA (Warfarin) bei 18.201
Patienten mit VHF verglichen (4; vgl. 2). Zum Randomisierungzeitpunkt
standen davon 2.051 Patienten (11%) unter Amiodaron-Therapie. Von diesen wurden
1.009 für Apixaban und 1.042 für VKA randomisiert – ohne signifikante
Unterschiede in Risikofaktoren für Schlaganfall und Blutung.
Ergebnisse: 1. Mit versus
ohne Amiodaron in der gesamten Studienpopulation: Unabhängig von der Art
der Antikoagulation waren in der Propensity-Score-adjustierten Analyse Schlaganfälle
und arterielle Embolien bei Patienten mit Amiodaron signifikant häufiger als bei
Patienten ohne Amiodaron (1,58%/Jahr vs. 1,19%/Jahr; Hazard ratio: 1,47;
95%-Konfidenzintervall: 1,03-2,10; p = 0,0322). Hinsichtlich Gesamtletalität,
kardiovaskulärer und nicht-kardiovaskulärer Letalität, Myokardinfarkt- und
Blutungsraten waren die beiden Gruppen mit bzw. ohne Amiodaron nicht signifikant
unterschiedlich.
2. Mit versus ohne
Amiodaron bei Patienten unter VKA: Die Zeit im therapeutischen INR-Bereich
war bei Patienten mit VKA plus Amiodaron kürzer als bei Patienten mit VKA ohne
Amiodaron (56,5% vs. 63,0% der Patienten; p < 0,0001). Patienten
mit VKA plus Amiodaron waren signifikant häufiger sowohl unterantikoaguliert
(INR < 2: 28,5% vs. 24,2%; p < 0,0001) als auch überantikoaguliert
(INR > 3: 15% vs. 12,8%; p < 0,0001).
3. Mit versus ohne
Amiodaron bei Apixaban vs. VKA: Die aus ARISTOTLE bekannten Effekte bzw.
fehlenden Effekte von Apixaban vs. VKA hinsichtlich Schlaganfällen, arteriellen
Embolien, Gesamtletalität und schweren Blutungen waren im Wesentlichen auch bei
Patienten mit bzw. ohne Amiodaron zu beobachten, aber statistisch nicht
unterschiedlich (s. Tab. 1).
Die Autoren sehen
einen möglichen kausalen Zusammenhang zwischen den stärker schwankenden
INR-Werten unter VKA plus Amiodaron und den (allerdings nur tendenziell)
häufigeren Schlaganfällen/Embolien und Blutungen in dieser Gruppe. Dies erwähnen
sie in ihrer Diskussion als mögliches Argument für die Bevorzugung von Apixaban
bei dieser Patientengruppe. In einem Editorial wird außerdem postuliert, dass
ein Einfluss von Amiodaron (mit-)verantwortlich sein könnte für die in der
Gesamtpopulation - unabhängig von der Art der Antikoagulation - signifikant
höhere Schlaganfall- und Embolierate (5). Die Ursachen müssen in Anbetracht der
geringen, nicht signifikanten Unterschiede letztlich als ungeklärt angesehen
werden.
Zu bedenken sind auch
die großen geographischen Unterschiede in der Anwendung von Amiodaron. Die lateinamerikanischen
Studienpatienten erhielten deutlich häufiger Amiodaron (17,9%) als die US-amerikanischen
(6,6%). Außerdem unterschieden sich die Patienten mit Amiodaron-Therapie
signifikant von den anderen: sie waren jünger, hatten häufiger paroxysmales
Vorhofflimmern und eine systolische kardiale Dysfunktion und weniger häufig
Diabetes sowie vorangegangene arterielle Thromboembolien. Die Autoren
konstatieren, dass diese Unterschiede die Resultate beeinflusst haben könnten
trotz ihrer Propensity-Score-adjustierten Analyse. Die Verlässlichkeit der Analyse
wird auch eingeschränkt, weil sie retrospektiv ist, die Dauer der Amiodaron-Therapie
vor und nach dem Randomisierungszeitpunkt nicht erfasst wurde und nicht
zwischen persistierendem und permanentem VHF unterschieden wurde.
Fazit: Eine retrospektive
Analyse von Daten der Zulassungsstudie von Apixaban zeigt, dass Patienten, die
mit einem Vitamin-K-Antagonisten (Warfarin) antikoaguliert waren und zusätzlich
Amiodaron einnahmen, häufiger außerhalb des therapeutischen INR-Bereichs lagen als
ohne Amiodaron. Tendenziell waren bei diesen Patienten auch Schlaganfälle und
arterielle Embolien häufiger als bei Patienten unter Apixaban plus Amiodaron.
Dass Apixaban – wie von den Autoren postuliert – wegen der geringeren
Interaktion mit Amiodaron bei diesen Patienten zu bevorzugen ist, lässt sich aus
den Ergebnissen jedoch nicht verlässlich ableiten. „Nebenbefundlich“ fand sich
eine ursächlich ungeklärte signifikant höhere Rate von Schlaganfällen und
arteriellen Embolien bei allen Patienten unter Amiodaron, auch unabhängig von
der Art der Antikoagulation.
Literatur
- AMB 2011, 45,73
. AMB 2014, 48, 12 . AMB 2014, 48,35 . AMB 2014, 48,41 . AMB 2014, 48, 71. 
- AMB 2007, 41,45b.

- Flaker, G., et al. (ARISTOTLE = Apixaban for reduction in stroke andother thromboembolic events in atrial fibrillation): J. Am. Coll. Cardiol.2014, 64, 1541.

- Granger, C.B., et al.(ARISTOTLE =Apixaban for reduction in stroke and other thromboembolic events in atrialfibrillation): N. Engl. J. Med. 2011, 365, 981.

- Viles-Gonzalez, J.F.,und Halperin, J.L.: J. Am. Coll. Cardiol. 2014, 64, 1551.

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