Zusammenfassung: Erstmals hat eine randomisierte
kontrollierte Studie bei Patienten mit „therapieresistenter“ Hypertonie (nicht
ausreichende Blutdrucksenkung unter antihypertensiver Dreifachkombination
einschließlich Diuretika) drei verschiedene Wirkstoffe und Plazebo als
zusätzliche Behandlung untersucht. Spironolacton erwies sich in dieser
Indikation als gut wirksam und war signifikant wirksamer als Bisoprolol und
Doxazosin. Diese können als Alternativen angesehen werden, beispielsweise bei
Unverträglichkeit von Spironolacton. Aus unserer Sicht ist bei dieser
Patientengruppe (insbesondere bei postmenopausalen Frauen) zusätzlich zu einer
konsequenten Modifikation des Lebensstils (einschließlich Salzrestriktion!) ein
Therapieversuch mit Spironolacton (25 mg-50 mg/d) unter Beachtung von
Kontraindikationen und Risiken (Kontrollen des Serumkaliums; vgl. 9)
sinnvoll.
Wenn bei der Arzneimitteltherapie der Hypertonie mit drei
Antihypertensiva – typischerweise ACE-Hemmer oder Angiotensin-II-Rezeptor-Antagonist (A),
Kalziumantagonist (C) oder Diuretikum (D) – keine ausreichende Senkung des
Blutdrucks erreicht wird, empfehlen Internationale Leitlinien die Kombination
mit einem vierten Antihypertensivum (1, 2). Aufgrund fehlender Studiendaten
ist die Wahl des Wirkstoffs bisher rein empirisch. Auf die Wirksamkeit von
Aldosteron-Antagonisten in dieser Indikation wiesen sowohl Erfahrungen klinisch
tätiger Endokrinologen und Hypertensiologen als auch limitierte Studiendaten
aus den vergangenen Jahren hin (3). In einer gerade publizierten Metaanalyse werden
diese Ergebnisse zusammengefasst und bestätigt (4).
Die aktuell in Lancet publizierte britische PATHWAY-2-Studie
(5) analysierte nun erstmals randomisiert die Wirksamkeit mehrerer Wirkstoffe bei
Patienten mit „therapieresistenter“ Hypertonie. Spironolacton, Betablocker und
Doxazosin wurden dabei in einem randomisierten, plazebokontrollierten
Cross-Over-Design untersucht. Primäres Ziel der Studienautoren war es, die
Hypothese zu testen – unter der Annahme einer Natriumretention als vorwiegenden
Pathomechanismus – dass Spironolacton der antihypertensiv wirksamste
zusätzliche Wirkstoff bei diesen Patienten ist. Die Studie wurde von der
British Heart Foundation und dem National Institute for Health Research
finanziert.
Design: Eingeschlossen wurden Patienten aus 14 britischen
Zentren im Alter von 18-79 Jahren mit „therapieresistenter“ Hypertonie
(Definition: systolischer Blutdruck > 140 mmHg in der Klinik bzw.
> 130 mmHg bei Selbstmessung unter maximal tolerierten Dosen von
A, C und D). Nach einer 4-wöchigen zusätzlichen Plazebo-Phase rotierten die
Patienten durch vier Zyklen mit Spironolacton 25-50 mg, Doxazosin 4-8 mg,
Bisoprolol 5-10 mg und Plazebo (jeweils einmal täglich) in randomisierter
Reihenfolge. Die Zyklen wurden jeweils für sechs Wochen mit der niedrigen
Dosierung begonnen und dann für weitere sechs Wochen mit der jeweils doppelten
Dosierung fortgeführt, so dass die Gesamtstudiendauer für jeden Patienten ein
Jahr betrug. Es erfolgten neun Nachuntersuchungen (jeweils eine nach der
Plazebo-Phase und nach den einzelnen Zyklen), bei denen als primäre Endpunkte
der selbst gemessene Blutdruck (morgens und abends je dreimal an den jeweils
vier vorangegangenen Tagen) und der bei den Nachuntersuchungen gemessene
Blutdruck in der Klinik erfasst wurden. Außerdem wurde zu Beginn der Studie die
Plasma-Renin-Konzentration gemessen. Es wurde besonderes Augenmerk auf die
Therapieadhärenz (u.a. Serum-ACE-Bestimmung, Drug-Monitoring durch Urintests)
und den sorgfältigen Ausschluss sekundärer Hypertonieformen gelegt.
Ergebnisse: 436 Patienten wurden von Mai 2009 bis
Juli 2014 gescreent und davon 335 randomisiert. Von insgesamt 314 Patienten
lagen zum Ende der Studie auswertbare Daten vor, 230 davon machten alle
Zyklen wie vorgesehen durch. Die Senkung des systolischen Blutdrucks durch
Spironolacton war hochsignifikant stärker im Vergleich zu Plazebo und den anderen
beiden Substanzen (s. Tab. 1). Die diastolischen Drücke unter
Spironolacton unterschieden sich kaum von denen unter Bisoprolol und Doxazosin.
Das Therapieziel von < 135 mmHg bei
Selbstmessung erreichten mit Spironolacton 58% der Patienten vs. 44% unter
Bisoprolol und 42% unter Doxazosin. Erwartungsgemäß war der
Spironolacton-Effekt umso ausgeprägter, je niedriger der Plasma-Renin-Spiegel
vor Studienbeginn war. Lediglich bei den 3% der Patienten mit den höchsten
Plasma-Renin-Spiegeln war Spironolacton nicht überlegen. Die Häufigkeit von
Nebenwirkungen war bei allen Substanzen etwa gleich. Unter Spironolacton kam es
zu keinen klinisch relevanten Veränderungen der errechneten glomerulären
Filtrationsrate (eGFR im Mittel: - 10,02 ml/min), des Serumkaliums
(Mittel: + 0,45 mmol/l) oder des Serumnatriums (Mittel: - 1,19 mmol/l)
und zu keinen diesbezüglichen Therapieabbrüchen. Unter Spironolacton wurde (bei
der relativ kurzen Therapiedauer von 12 Wochen) auch keine Gynäkomastie
registriert.
Diskussion: Diese gut durchgeführte, erste
randomisierte Studie zur „therapieresistenten“ Hypertonie zeigt, dass
Spironolacton für den größten Teil dieser Patienten eine gut wirksame
Viertlinien-Therapie ist, wenn eine antihypertensive Dreifachkombination nicht
ausreicht. Bisoprolol und Doxazosin sind demgegenüber weniger wirksam, kommen
aber als Alternative bei Spironolacton-Unverträglichkeit in Frage. Die
Resultate unterstützen die Hypothese, dass eine Natriumretention der vorherrschende
Pathomechanismus bei diesen Patienten ist. Die Autoren schließen nicht aus,
dass einige der eingeschlossenen Patienten einen leichten primären
Hyperaldosteronismus hatten oder vor Einschluss in die Studie mit Diuretika
unterdosiert waren. Als Einschränkungen der Studie sind zu nennen: die relativ kurze
Therapiedauer (jeweils 12 Wochen pro Substanz), die (wie bei vielen
Hypertoniestudien) fehlenden Daten zu kardiovaskulären Endpunkten sowie zu
Patienten mit höhergradiger Niereninsuffizienz (eGFR < 45 ml/min)
und zu nicht-weißen Patienten.
Dass fast 60% der Patienten das angestrebte Therapieziel
innerhalb von 12 Wochen erreichten, zeigt auch, dass das Konzept der
arzneimittelresistenten Hypertonie hinterfragt werden muss. Dieses war in den
vergangenen Jahren Hauptargument für fragwürdige alternative Strategien wie
beispielsweise die renale Denervierung (6, 7). Das übliche
Einschlusskriterium für Studien zur renalen Denervierung – systolischer
Blutdruck bei Selbstmessung > 150 mmHg trotz antihypertensiver
Dreifachkombination – fand sich in PATHWAY-2 nach 12-wöchiger Therapie mit
Spironolacton nur bei etwa 5% der Patienten. Anders formuliert: 95% der
Patienten mit sogenannter „resistenter“ Hypertonie hatten unter zusätzlicher Therapie
mit Spironolacton demnach keine Indikation für eine renale Denervierung.
Spironolacton hat außer der erwünschten Blockade des
Mineralokortikoid-Rezeptors (Nebenwirkung: Hyperkaliämie; vgl. 9) auch
antiandrogene und progestagene Eigenschaften. Diese können bei höherer und
längerer Dosierung bei prämenopausalen Frauen zu Regelstörungen und bei Männern
jeden Alters zu Potenzstörungen und zur Mastodynie/Gynäkomastie führen. Bei
postmenopausalen Frauen entfallen diese Nebenwirkungen des „unreinen“
Aldosteron-Antagonisten Spironolacton weitgehend, so dass bei ihnen das
Nutzen-Risiko-Profil günstiger ist.
Doxazosin hat sich als vierter Wirkstoff bei schwer
behandelbarer Hypertonie bereits bewährt. Betablocker sind aus unserer Sicht
hierfür weniger gut geeignet, da eine Komponente ihrer Wirkung auf den Blutdruck,
die Senkung des Plasma-Renins, mit dem Wirkprinzip der ACE-Hemmer und Angiotensin-II-Rezeptor-Antagonisten konkurriert.
Wir stimmen mit den Studienautoren überein, dass die
Definition der „therapieresistenten“ Hypertonie revidiert und ein Therapieversuch
mit Spironolacton eingeschlossen werden sollte, bevor diese Bezeichnung
verwendet wird. In weiteren randomisierten kontrollierten Studien sollte auch
untersucht werden, ob andere, selektivere Aldosteronantagonisten (z.B.
Eplerenon, zugelassen zur Therapie der Herzinsuffizienz; Finerenon zurzeit in
Phase-II-Studien) in dieser Indikation ebenso wirksam und möglicherweise (auch
in höheren Dosen) besser verträglich sind. Eplerenon hat beispielsweise keine
antiandrogenen und progestagenen Wirkungen. In diesem Zusammenhang ist zu
erwähnen, dass neue Kaliumbinder (z.B. Patiromer; 8) zur Behandlung von
Hyperkaliämien (in den USA) kurz vor der Zulassung stehen. Langfristig ist auch
die Frage zu klären, ob Patienten mit „therapieresistenter“ Hypertonie unter antihypertensiver
Dreifachkombination eine Subgruppe sind, in der ein Aldosteron-Antagonist
bereits in einem früheren Behandlungsstadium sinnvoll ist.
Literatur
- Mancia, G., etal.: J. Hypertens. 2013, 31, 1281.

- James, P.A., et al. (JNC8 = Eighth Joint National Committee): JAMA 2014, 311, 507
. Erratum: JAMA 2014, 311,1809.
- AMB 2009, 43, 38.

- Dahal, K., et al.: Am. J. Hypertens.2015; doi: 10.1093/ajh/hpv031.

- Williams, B., et al.(PATHWAY-2 = PreventionAnd Treatment of Hypertension With Algorithm-basedtherapY-2): Lancet 2015; doi: 10.1016/S0140-6736(15)00257-3.

- AMB 2012, 46, 33.

- AMB 2014, 48, 16.

- Bakris, G.L., et al.(AMETHYST-DN = RLY5016in the treatment of hyperkalemia in patients with hypertension and DiabeticNephropathy): JAMA 2015, 314, 151.

- AMB 1999, 33, 83
. AMB 2005, 39, 06a. 
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