Die Post-ERCP-Pankreatitis (ERCP = endoskopische
retrograde Cholangiopankreatikografie) ist die häufigste Komplikation dieser
Untersuchung. Sie tritt nach der Erfahrung verschiedener Zentren mit einer
Häufigkeit von 3,8%-13,3% auf (1-4). Wir hatten 2012 über eine Studie
berichtet, die gezeigt hat, dass Indometacin – rektal in Form zweier Suppositorien
von je 50 mg vor einer ERCP appliziert – Pankreatitiden reduziert (5). Dieses
Ergebnis wurde inzwischen durch weitere Studien bestätigt, so dass das Vorgehen
in die Routine und in die Leitlinien der Fachgesellschaften übernommen wurde (6-9).
Bei rektaler Applikation wird der Indometacin-Spitzenspiegel nach 30-90 Minuten
erreicht (10). Einige Studien haben gezeigt, dass Indometacin vor einer
ERCP angewendet effektiver ist als nach dem Eingriff (11-12). Allerdings
wurden diese beiden Zeitpunkte bisher nicht direkt miteinander verglichen. In
einer aktuellen Studie aus China wurde nun untersucht, ob die routinemäßige rektale
Applikation von Indometacin vor ERCP bei allen Patienten Vorteile hat gegenüber
der selektiven, d.h. nur bei Hochrisiko-Patienten, nach der ERCP (13).
In diese multizentrische, randomisierte Studie aus
China (6 Zentren) wurden insgesamt 2.600 Patienten aufgenommen (Alter
18-90 Jahre, Median 62 Jahre), bei denen eine ERCP durchgeführt wurde.
Bei allen Patienten in dieser Studie war zuvor kein Eingriff an der Papilla
duodeni major (Vateri) vorgenommen worden. Die Randomisierung erfolgte 1:1. In der
einen Gruppe (n = 1297, davon 305 mit hohem, 992 mit
durchschnittlichem Risiko) erhielten alle Patienten ca. 30 Minuten vor
der Untersuchung rektal 100 mg Indometacin. In der anderen Gruppe (n = 1303)
erhielten nur die 281 Patienten, die als Hochrisikopatienten eingestuft
wurden, direkt nach der ERCP 100 mg Indometacin rektal, die anderen
1022 Patienten mit durchschnittlichem Risiko erhielten kein Indometacin. Bei
83 Patienten (3%) konnte die ERCP aus technischen Gründen nicht durchgeführt
werden. Insgesamt wurden 586 Patienten als Hochrisiko-Patienten eingestuft.
Die zwei häufigsten Kriterien für diese Klassifizierung waren Papillotomie („Pre-Cut-Sphincterotomie“;
323 Patienten) oder schwierige Kanülierung der Papille (> 8 Versuche;
365 Patienten). Die Risiko-Konstellation war in beiden Gruppen gleich. Der
primäre Endpunkt war eine Post-ERCP-Pankreatitis.
Insgesamt entwickelte sich eine Post-ERCP-Pankreatitis
bei 47 Patienten mit Indometacin vor der ERCP (4%). In der
Post-Interventionsgruppe mit hohem Risiko trat sie bei 100 (8%) Patienten auf
(Differenz: 4,1%; 95%-Konfidenzintervall = CI: 2,3-5,8; relatives Risiko 0,47;
CI: 0,34-0,66; p < 0,0001). Vergleicht man die Patienten mit hohem
Risiko aus den beiden Gruppen, dann war das Ergebnis wie folgt: 6% (18 von 305)
in der Gruppe mit Indometacin vor der ERCP und 12% (35 von 281) in der
Post-Interventionsgruppe. Betrachtet man die Patienten mit durchschnittlichem
Risiko separat, ergibt sich: Post-ERCP-Pankreatitis bei 3% (29 von 992) in der
Gruppe mit Indometacin vor ERCP und bei 6% (65 von 1022) in der Post-ERCP-Gruppe
(Plazebo). Andere Komplikationen traten bei 3% (48 Patienten, bei zweien schwer)
in der Gruppe mit Indometacin-Vorbehandlung und bei 4% (48 Patienten, bei einem
schwer) in der Post-Interventionsgruppe auf. Am häufigsten war eine Infektion der
Gallenwege (22 vs. 33). Zu einer gastrointestinalen Blutung kam es bei 1% der
Patienten (13 vs. 10).
Fazit: Die
Ergebnisse dieser großen Studie zur Prophylaxe der Post-ERCP-Pankreatitis
zeigen, dass die routinemäßige rektale Applikation von Indometacin vor dem
Eingriff wirksamer ist als eine bei hohem Risiko stratifizierte Applikation
nach der ERCP. Die gastrointestinalen Blutungen waren gleich häufig.
Literatur
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