Die Inzidenz der
infektiven Endokarditis nach chirurgischem Klappenersatz liegt bei 1-6% (1). Seit
einigen Jahren wird statt des operativen Aortenklappenersatzes vermehrt die „Transcatheter Aortic Valve Implantation“ (TAVI)
durchgeführt, vorwiegend bei älteren Patienten mit Aortenstenose und hohem
Operationsrisiko (2, vgl. 3). Die Inzidenz einer infektiven
Endokarditis nach TAVI ist nicht bekannt. Die bisherigen Publikationen beschränken
sich auf Kasuistiken oder kleine Fallserien (4, 5, 8-11). Sie zeigen
aber eine hohe Letalität (47-87%). Daten zur längeren Nachbeobachtung gibt es kaum.
Nun wurde eine größere, auf Registerdaten basierende Studie zu den Risikofaktoren
für eine Post-TAVI-Endokarditis und zum klinischen Verlauf dieser Komplikation
publiziert (12).
Aus einem
Register von 47 Zentren in Europa, Nord- und Südamerika wurden die Daten von Patienten
mit gesicherter Post-TAVI-Endokarditis aus den Jahren 2005 bis 2015 analysiert.
Dabei wurde nur die erste Endokarditis nach TAVI berücksichtigt. Zusätzlich
wurden die Zentren gebeten, die Gesamtzahl der Patienten zugänglich zu machen,
die eine TAVI erhalten, aber keine Endokarditis entwickelt hatten und
mindestens ein Jahr nachverfolgt worden waren.
Eine infektive Endokarditis nach TAVI wurde bei 250 der 20.006
Patienten (Inzidenz 1,1% pro Personenjahr; 95%-Konfidenzintervall = CI: 1,1%-1,4%)
diagnostiziert. Das mediane Alter war 80 Jahre,
64% waren Männer. Die mediane Dauer nach TAVI und
ersten Symptomen einer infektiven Endokarditis war 5,3 Monate (1,5-13,4
Monate). Bei 178 Patienten trat die Endokarditis nach weniger als einem Jahr auf.
Enterokokken und Staphylokokkus aureus waren die häufigsten Erreger (zusammen
bei ca. 50% der Patienten), danach folgten Koagulase-negative Staphylokokken (ca.12%).
Die Hälfte aller Infektionen war durch Krankenhauskeime bedingt.
Die Letalität im Krankenhaus betrug 36% (CI: 30,0%-41,9%;
90 Tote; 160 Überlebende), die Zwei-Jahres-Letalität 66,7% (CI:
59,0%-74,2%; 132 Tote; 115 Überlebende; bei drei Patienten konnte die
Nachbeobachtungszeit nicht ermittelt werden).
Für die Entwicklung einer infektiven Endokarditis nach TAVI
wurden folgende Risikofaktoren gefunden: etwas jüngeres Alter (78,9 Jahre vs.
81,8 Jahre; Hazard ratio = HR: 0,97 pro Jahr; CI: 0,94-0,99), männliches
Geschlecht (62,0% vs. 49,7%; HR: 1,69; CI: 1,13-2,52), Diabetes mellitus (41,7%
vs. 30,0%; HR: 1,52; CI: 1,02-2,29) sowie moderate bis schwere Aorteninsuffizienz
(22,4% vs. 14,7%; HR: 2,05; CI: 1,28-3,28).
Die Auswertung eines Registers in 47 Zentren zeigt, dass die
Endokarditis nach TAVI nicht seltener ist als nach chirurgischem Klappenersatz,
ein bisher offenbar fälschlicherweise angeführtes Argument für die TAVI. Die
Letalität ist möglicherweise sogar höher, weil bei der Entfernung des verankerten,
infizierten TAVI-Materials der Aortenring zerstört wird und die Implantation
einer neuen Klappe operativ sehr schwierig macht, und dies bei Patienten, die
sowieso schon ein erhöhtes Operationsrisiko hatten.
Fazit: Die
Inzidenz der infektiven Post-TAVI-Endokarditis ist wahrscheinlich nicht niedriger
als nach chirurgischem Aortenklappen-Ersatz. Die Letalität dieser Komplikation ist
sehr hoch.
Literatur
- Habib, G., et al.: Eur. Heart J. 2015, 36, 3075.

- Nishimura, R.A., et al.: J.Am. Coll. Cardiol. 2014, 63, e57.
Erratum J. Am. Coll.Cardiol. 2014, 63, 2489.
- AMB 2012, 46, 89.
AMB 2014, 48, 30b.
- Amat-Santos, I.J., et al.: Circulation 2015, 131, 1566.

- Olsen, N.T., et al.: Circ.Cardiovasc. Interv. 2015, 8, e001939.

- Calderwood, S.B., et al.: Circulation1985, 72, 31.
- Agnihotri, A.K., et al.: J.Thorac. Cardiovasc. Surg. 1995, 110, 1708.

- Amat-Santos, I.J., et al.: JACC Cardiovasc. Interv. 2015, 8, 334.

- Latib, A., et al.: J. Am.Coll. Cardiol. 2014, 64, 2176.

- Martínez-Sellés, M., et al. (GAMES = Grupo de Apoyoal Manejo de la EndocarditiS): EuroIntervention 2016, 11, 1180.

- Pericas, J.M., et al.: J. Infect. 2015, 70,565.
- Regueiro, A., et al.:JAMA 2016, 316, 1083.
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