Weltweit breiten
sich Antibiotika-resistente Bakterien aus und Infektionen mit solchen Erregern sind
ein großes therapeutisches Problem (1). Wir haben mehrfach darüber berichtet (2).
Wichtigster Grund für die Zunahme von Resistenzen ist die übermäßige und unkritische
Anwendung von Antibiotika in der Humanmedizin und bei der Tierhaltung (2, 3).
Einige der Resistenzmechanismen, wie z.B. die Fähigkeit von Bakterien, Extended-spectrum
beta-lactamase“ (ESBL) zu bilden, sind auf mobilen Genen im Zytoplama
(Plasmiden) kodiert. Sie können durch sog. Sexpili (fadenförmige
Proteinfortsätze) innerhalb derselben Bakterienspezies, aber auch unter
verwandten gramnegativen Bakterien weitergegeben werden (4, 5), z.B. auch im
menschlichen Darm. Reiserückkehrer können resistente Bakterien aus Ländern
einschleppen, in denen diese häufig vorkommen. Das haben einige kleinere
Studien gezeigt (6-8). Diesem Problem wurde jetzt in den Niederlanden durch
Stuhluntersuchungen bei einer großen Zahl von Reisenden nach Südostasien nachgegangen
(9).
In diese longitudinale,
prospektive Kohortenstudie wurden niederländische Reisende (n = 2001)
und nichtreisende Haushaltsmitglieder (n = 215) einbezogen. Die Reisenden
waren im Median 50 Jahre alt (33-61 Jahre) und zum größten Teil bei
guter Gesundheit vor der Reise. 49 Reisende konnten im Rahmen der Studie nicht
nachverfolgt werden. Der Hauptgrund für die Reisen war Tourismus; der Median
der Reisedauer lag bei 20 Tagen. Zusätzlich wurden mittels Fragebögen weitere
demographische Daten, Krankheiten und Verhaltensweisen erfasst. Die Stuhlproben
wurden vor der Reise und direkt danach sowie 1, 3, 6 und 12 Monate später auf ESBL-produzierende
Enterobakterien untersucht. Aus den Stuhlproben nach der Reise wurden ESBL-Gene
sequenziert und mittels PCR identifiziert, um solche Gene in späteren Proben
sichern zu können. Lesern, die sich genauer über die verschiedenen ESBL-Gene
informieren wollen, empfehlen wir eine sehr übersichtliche Zusammenfassung im Bundesgesundheitsblatt
(10). Außerdem wurde mit multivariablen Regressionsanalysen und mathematischen
Modellen versucht, Indikatoren für die Übertragung dieser ESBL-produzierenden
Enterobakterien in den Haushalten zu finden sowie Risiko-Faktoren zu
definieren, die die Dauer der Ausscheidung dieser Bakterien beeinflussen. Die
Studie wurde durch staatliche Gesundheitsbehörden in den Niederlanden
gefördert.
Von 1.847
Reisenden, die vor der Reise ESBL-negativ waren und von denen Stuhlproben nach
ihrer Reise untersucht werden konnten, waren 633 (34,3%) ESBL-positiv geworden
(95%-Konfidenzintervall = CI: 32,1-36,5). Prozentual am häufigsten waren
Reiserückkehrer aus Südostasien betroffen: 136 von 181 (75,1%; CI: 68,4-80,9%).
Als ein wichtiger
Risikofaktor für die Besiedelung mit ESBL-produzierenden Enterobakterien wurde die
Einnahme von Antibiotika während der Reise identifiziert (angepasste Odds
Ratio: 2,69; CI: 1,79-4,05). Zwei weitere Risikofaktoren wurden gefunden und
sind wahrscheinlich auch in diesem Zusammenhang zu sehen, nämlich Reisediarrhö
und vorbestehende chronische Darmerkrankungen. Die mediane Dauer der
Ausscheidung von ESBL-produzierenden Enterobakterien nach der Reise betrug
30 Tage (CI: 29-33), jedoch waren 65 von 577 Personen auch nach 12 Monaten
noch im Darm besiedelt. Eine Untergruppe der ESBL-produzierenden
Enterobakterien (CTX-M-Enzyme) war mit längerer Persistenz assoziiert (Median
75 Tage; CI: 48-102; p = 0,0001).
Von den 215 untersuchten
nichtreisenden Haushaltsmitgliedern waren zu Beginn 63 negativ für ESBL-produzierende
Enterobakterien, teilten aber gemeinsame Haushalte mit Personen, die solche
Bakterien während einer Reise erworben hatten. Zusätzlich gab es 105
Mitreisende, die ESBL-negativ zurückkamen, die aber in einem Haushalt mit einer
Person zusammen lebten, die ESBL-Bakterien auf der Reise erworben hatte. Somit
waren 168 Haushaltmitglieder (in 152 Haushalten) dem Risiko ausgesetzt,
ESBL-Bakterien zu erwerben. Eine Übertragung wurde bei 13 nachgewiesen (7,7%).
In einer hieraus resultierenden Modellrechnung (Markov-Modell) für 3.330
Personen in 1.542 Haushalten als Ausgangsbasis wurde die Wahrscheinlichkeit
einer Übertragung von ESBL-produzierenden Bakterien von einem positiven Träger
auf einen negativen Mitbewohner untersucht, wobei die Hintergrundübertragung (d.h.
in Familien ohne Rückkehrer von Fernreisen) aus von 0,00073 pro Tag für die
Niederlande sowie auch die Abklingrate von 0,010 pro Tag mitberücksichtigt
wurden. Die Sensitivität dieses Tests lag bei 90% (86-93%). Es ergab sich
rechnerisch eine Wahrscheinlichkeit für eine Übertragung von 12% (5-18%).
Fazit: Bei
Fernreisen, besonders nach Südostasien, besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass
ESBL-produzierende Enterobakterien erworben werden und sich längere Zeit im
Darm ansiedeln. Ein Risikofaktor für eine solche Besiedelung ist die Einnahme
von Antibiotika, z.B. wegen Reisediarrhö oder zur Prophylaxe bei vorbestehenden
chronischen Darmerkrankungen. Von Reiserückkehrern können ESBL-produzierende
Enterobakterien auch auf Haushaltsmitglieder übertragen werden.
Literatur
- Appelbaum, P.C.: J. Antimicrob. Chemother. 2012, 67, 2062.
- AMB 2015, 49, 33.
AMB 2013, 47, 17. AMB 2010, 44,76b.
- El Salabi, A., et al.: Crit.Rev. Microbiol. 2013, 39, 113.

- Carattoli, A.: Int. J. Med.Microbiol. 2013, 303, 298.
- Schultsz, C., und Geerlings, S.: Drugs2012, 72, 1.
- Hassing, R.J., et al.: EuroSurveill. 2015, 20.

- Ruppé, E., et al.: Clin. Infect. Dis. 2015, 61, 593.

- Kantele, A., et al.: Clin. Infect. Dis. 2015, 60, 837.

- Arcilla, M.S., et al.(COMBAT = Carriage Of Multiresistant BacteriaAfter Travel): LancetInfect. Dis 2016.

- Witte, W., und Mielke, M.:

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