Vor drei Jahren haben wir die Ablationsbehandlung bei
Vorhofflimmern (A-VHF) überwiegend negativ bewertet (1). Ausschlaggebend waren
häufige (> 7%) und teilweise bedrohliche periprozedurale Komplikationen
und ein unzureichender mittelfristiger Therapieerfolg (Rezidivrate innerhalb
eines Jahres um 30%). Zudem fehlten – und fehlen auch bis heute – Beweise, dass durch den Eingriff Schlaganfälle oder
Herzinsuffizienz verhindert werden können. Wir haben daher empfohlen, die A-VHF
nur bei stark symptomatischen Patienten ohne bedeutsame strukturelle
Herzerkrankung und bevorzugt in frühen Krankheitsstadien durchzuführen.
Außerdem sollten die Patienten und die zuweisenden Ärzte sehr kritisch über die
Grenzen und Risiken dieses komplexen Eingriffs aufgeklärt werden (1).
Trotz berechtigter Kritik und vieler offener Fragen nimmt die
A-VHF in Deutschland kontinuierlich zu: 2012 wurden ca. 30.000 und drei Jahre später
schon > 45.000 Eingriffe durchgeführt (2, 3). Diese Zunahme
spiegelt nach unserer Einschätzung weniger den klinischen Bedarf als die
wachsende Menge an Einrichtungen wider, die diesen Eingriff anbieten (in Deutschland
ca. 250).
Zur Nutzen- und Risikobewertung der A-VHF
sind gerade neue Zahlen der European Heart Rhythm Association (EHRA; 4)
erschienen, der Rhythmussektion der europäischen Herzgesellschaft (ESC). Die
EHRA betreibt mit finanzieller Unterstützung von 14 pharmazeutischen Unternehmern
(pU) ein Stichproben-Register, in dem prospektiv die Daten der A-VHF
gesammelt werden. Insgesamt 104 Zentren aus 27 europäischen Ländern haben im
Zeitraum April 2012 bis April 2015 auf freiwilliger Basis ihre Daten eingegeben.
Die Zahl der Prozeduren in diesen Zentren betrug im Median 113/Jahr. Für die
vorliegende Stichprobe sollte jedes Zentrum die ersten 50 Patienten
konsekutiv registrieren. Warum nach drei Jahren anstelle der zu erwartenden 5.200
nur 3.630 Eingriffe zusammenkamen, wird nicht erläutert. Die Dateneingabe
erfolgte web-basiert durch die Zentren bzw. das involvierte Team selbst. Die
Eingaben wurden nur punktuell überprüft, ein Monitoring vor Ort fand nur bei
23 Zentren (22,1%) statt.
Bei 1% der Patienten aus den Stichproben
(37 von 3.630) wurde entgegen der ursprünglichen Absicht die A-VHF nicht
durchgeführt, davon bei 13 (0,35%) wegen Misslingens bzw. einer Perforation bei
der transseptalen Punktion oder anderer technischer Probleme. Die verbliebenen
3.593 Patient(inn)en (31,9% Frauen) waren im Median 59 Jahre alt. Unter paroxysmalem VHF litten 67,6% und unter persistierendem
VHF 33,4%. Nur ein Drittel der Patienten hatte VHF ohne Grunderkrankung („lone atrial
fibrillation“). Nahezu alle Patienten (97%) wurden als „symptomatisch“ klassifiziert
(überwiegend Palpitationen, Müdigkeit, Dyspnoe, Schwäche), wobei 57% nur milde
Symptome hatten (EHRA-Symptomscore ≤ 2; s.u.). Als Begründung für
die A-VHF wurde überwiegend (91,1%) „Symptomlinderung“ angegeben. Eine
„Verbesserung der Lebensqualität“ erhofften sich 66,2%, bei 35,6% bestand der
„Wunsch nach Sinusrhythmus“ und 29,7% äußerten den „Wunsch, ohne Arzneimittel
auszukommen“.
Prozedurale Ergebnisse: Nahezu alle
Patienten (98,9%) erhielten eine Pulmonalvenen-Isolation und 32,7% zusätzlich
eine lineare Ablation in den Vorhöfen. Die mediane Dauer des Eingriffs betrug
160 Minuten und die Verweildauer im Krankenhaus zwei Tage. Die
periprozedurale Komplikationsrate war hoch: 7,8%. Am häufigsten wurden
kardiovaskuläre Komplikationen beobachtet (4,1%). Dabei handelte es sich
mehrheitlich um kardiale Perforationen (n = 47; 1,3%), Perikarditiden
(n = 26; 0,7%), atypisches Vorhofflattern (n = 10; 0,3%)
und Luftembolien (n = 8; 0,2%). Drei Patienten mussten periprozedural
reanimiert werden (wegen Hypotension, Kammerflimmern und Sinusarrest). Eine
49-jährige Patientin starb 48 Stunden nach dem Eingriff an einer atrio-ösophagealen
Fistel mit Sepsis. Bedeutsame Gefäßkomplikationen (AV-Fisteln,
Pseudoaneurysmata, große Hämatome) traten bei 1,3% (n = 45) und
neurologische Ereignisse (3 Schlaganfälle, 8 TIA und 15 Phrenicusläsionen) bei 0,7%
auf.
Langzeit-Ergebnisse: Mit Sinusrhythmus
entlassen wurden 94,9% der Patienten. Alle erhielten ein orales Antikoagulans
(OAK) und ein spezifisches Antiarrhythmikum. Eine Kontrolle nach 12 Monaten
erfolgte bei 3.180 Patienten (87,6%). Persönlich im Zentrum stellten sich 52,8%
der Patienten vor und 44,2% wurden über Telefon und 3% über den Hausarzt
kontaktiert. In dem Jahr nach der A-VHF hatte ein Drittel (34,2%) der Patienten
wieder mindestens eine dokumentierte Episode von VHF. Knapp die Hälfte dieser
Rezidive trat in den ersten 60 Tagen auf. Die meisten Rezidive wurden an
Hand von Symptomen entdeckt oder zufällig im 12-Kanal- bzw. Holter-EKG. Nur bei
3,1% der Patienten wurde das Rezidiv über ein systematisches Monitoring erfasst
(implantierte Loop-Recorder oder Telemetrie-Überwachung). Insgesamt waren die
Kontrollen des Ergebnisses der A-VHF in den meisten Zentren nicht sehr
konsequent. Da die Mehrzahl der VHF-Rezidive asymptomatisch sind, muss daher von
einer höheren Rezidivquote ausgegangen werden.
Immerhin sollen 61,7% der Patienten bei der
Kontrolle nach 12 Monaten angegeben haben, hinsichtlich ihres VHF
beschwerdefrei zu sein (= EHRA-Score 1) und 28,8% hatten nur leichte
Beschwerden (= EHRA-Score 2). Vor der A-VHF waren 2,5% beschwerdefrei
und 54,1% beschwerdearm. Starke Beschwerden durch das VHF (= EHRA-Score ≥ 3)
hatten vor dem Eingriff 43,4% und nach einem Jahr 9,5%. Diese Zahlen werden
allerdings dadurch relativiert, dass die Angaben nicht von den Patienten selbst,
sondern von den beteiligten Ärzten eingegeben wurden und möglicherweise auf einem
Plazeboeffekt bei den Patienten beruhen.
Unverständlicherweise werden keine Angaben
zur Häufigkeit von Rezidiveingriffen gemacht. Aus der Literatur ist mit 10-15%
innerhalb eines Jahres zu rechnen (1). Während solcher Folgeeingriffe traten
nochmals 2 TIA, 2 Phrenicusparesen, 7 kardiale Perforationen und
27 periphere Gefäßkomplikationen auf. 14 Patienten waren gestorben: Myokardinfarkt
[2], Herzinsuffizienz [1], plötzlicher Herztod [1], hämorrhagischen
Schlaganfall [3], GI-Blutung [1], Krebs [4], Lungeninfektion [1], Suizid [1].
Insgesamt addierten sich alle Komplikationen innerhalb eines Jahres nach A-VHF
auf 16,8%.
Trotz dieser ernüchternden Zahlen wurde die
Strategie von den Zentren bei 73,6% der Patienten als Erfolg bewertet. Nach 12 Monaten
erhielten nur noch 36,4% ein spezifisches Antiarrhythmikum, und das OAK wurde
bei 40% abgesetzt. Allerdings erwies sich die OAK-Strategie insgesamt als
undurchsichtig. So erhielten 37,1% der Patienten mit einem CHA2DS2-Vasc-Score
von 0 über das Jahr hinaus weiter ein OAK, während 26,5% der Patienten mit
einem CHA2DS2-Vasc-Score ≥ 2 kein OAK erhielten.
An Hand dieses und weiterer Beispiele
beklagen die Autoren des Registers, dass vielerorts die periprozeduralen
Standards nicht eingehalten werden. Explizit werden auch die teilweise sehr hohen
Strahlendosen und die unsystematische Nachsorge genannt.
Fazit: Daten aus einem europäischen Register
zur Ablationsbehandlung bei Vorhofflimmern zeigen, dass innerhalb eines Jahres
nur 6 von 10 Patienten symptomfrei sind und mindestens 3 von 10 Patienten
ein dokumentiertes Rezidiv erleiden. Außerdem zeigt sich erneut eine hohe
Komplikationsrate: Rechnet man Rezidiveingriffe mit ein, dann erleidet einer von
6 Patienten eine Komplikation. Die Hoffnungen der Patienten
(Symptomfreiheit, bessere Lebensqualität, weniger Arzneimittel) lassen sich
maximal bei jedem zweiten erfüllen. Auch beim Management der Patienten offenbarten
die Registerdaten kritikwürdige Abweichungen von den aktuellen Empfehlungen der
Fachgesellschaften, insbesondere bei der Nachsorge und dem
Antikoagulanzien-Management. Insgesamt ist es nach unserer Einschätzung notwendig,
die Pathogenese des Vorhofflimmerns bei der Entscheidung zur Ablationsbehandlung
stärker zu berücksichtigen, um möglicherweise Patienten zu definieren, die von
diesem Eingriff mit großer Wahrscheinlichkeit nicht profitieren.
Literatur
- AMB2014, 48, 81.

- http://deutsch.medscape.com/artikel/4901602

- Herzbericht2016.
- Arbelo, E., etal.: Eur. HeartJ. 2017, 1-14.doi:10.1093/eurheartj/ehw564.

|