Ärzte und Apotheker wurden am 4. Juli 2018 in
Deutschland von dem Bundesinstitut für Arzneimittel und
Medizinprodukte (BfArM) und am 5. Juli 2018 in Österreich vom
Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) darüber
informiert, dass bestimmte Chargen Valsartan-haltiger Arzneimittel,
die von dem chinesischen Hersteller Zhejiang Huahai Pharmaceutical
produziert wurden, mit N-Nitrosodimethylamin
(NDMA) verunreinigt sind (1, 2). NDMA
wird von der Agentur für Krebsforschung der WHO als
wahrscheinlich krebserregend eingestuft. Erkenntnisse darüber,
ob und in welchen Mengen NDMA in den aus diesen Chargen hergestellten
Arzneimitteln enthalten ist bzw. ob möglicherweise noch andere
Arzneimittel von dieser Verunreinigung betroffen sind, lagen dem
BfArM noch nicht vor. Am 9. Juli wurden vom BfArM drängende
Fragen und Antworten zu diesem Vorfall veröffentlicht,
beispielweise wie Patienten sich verhalten sollen, die
Valsartan-haltige Arzneimittel einnehmen und wo sie Informationen
bekommen, ob ihre Arzneimittel von der Verunreinigung betroffen sind
(3). Mit Stand vom 9. Juli 2018 informierte dann die
Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker über den Rückruf
von insgesamt 15 Valsartan-haltigen Arzneimitteln (abrufbar derzeit
nur über die Homepage der AkdÄ; 4). In Österreich sind
8 von 11 Herstellern Valsartan-haltiger Arzneimittel betroffen (1).
Wie NDMA in die betroffenen Valsartan-Chargen gelangen konnte, ist
noch nicht bekannt. Aus Sicht des BfArM besteht nach derzeitigem
Stand der Erkenntnisse kein akutes Risiko für Patienten. Das
Risiko durch ein alternativloses Absetzen Valsartan-haltiger
Arzneimittel sei um ein Vielfaches höher als das mögliche
Risiko durch die Verunreinigung selbst (1, 3).
Die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) hat am
5. Juli 2018 eine umfassende Untersuchung des Vorgangs nach Artikel
31 der Richtlinie 2001/83/EG (Gemeinschaftskodex Humanarzneimittel)
durch das Committee for Medicinal Products for Human Use (CHMP)
eingeleitet (5). Inhalt der Untersuchung sind die Auswirkungen auf
betroffene Patienten und Maßnahmen, wie künftig derartige
Qualitätsmängel reduziert oder eliminiert werden können.
Die Erkenntnisse und Schlussfolgerungen aus dieser Untersuchung
sollen der Europäischen Kommission (EC) vorgelegt werden. Diese
wird am Ende eine rechtlich bindende Entscheidung für alle
EU-Staaten verfassen.
Die Produktion der pharmazeutisch aktiven Bestandteile
von Arzneimitteln (active pharmaceutical ingredient = API) erfolgt
bei den meisten Arzneimitteln aus betriebswirtschaftlichen Gründen
nicht in Europa, sondern meist in Asien. Dort sind die
Produktionskosten sowie die Vorschriften und Kontrollen im Rahmen der
Herstellung von Arzneimitteln mitunter weniger streng als in Europa
oder Nordamerika. Diese Situation betrifft nicht nur Generika,
sondern auch die meisten Originalpräparate. Eine Recherche des
ZDF-Magazins „Frontal 21“ im Jahr 2016 beim Verband der
forschenden Arzneimittelhersteller (VfA) – damals im
Zusammenhang mit einem verunreinigtem Heparin aus China –
ergab, dass inzwischen rund 80% der zugelassenen Wirkstoffe (Generika
und patentgeschützte Arzneimittel) im Nicht-EU-Ausland
produziert und nach Europa importiert werden (6). Der sogenannte
„Global API Market“ ist sehr groß: Er setzte 2016
> 150 Mrd. US$ um – mit jährlichen
Wachstumsraten von 6% (7). Die meisten der mehr als 3.000
API-Hersteller befinden sich heute in China und Indien.
Fazit: Der globalisierte
Arzneimittelmarkt hat wieder einmal einen Skandal. Nach
verunreinigten Heparinen aus China wurde diesmal
N-Nitrosodimethylamin,
ein Stoff, der im Verdacht steht, kanzerogen zu sein, in Chargen
Valsartan-haltiger Arzneimittel eines Herstellers aus China entdeckt.
Die betroffenen Arzneimittel wurden inzwischen in Deutschland und
Österreich zurückgerufen. Die Verunreinigung fiel nicht bei
externen Qualitätskontrollen auf, sondern wurde vom chinesischen
Hersteller Zhejiang Huahai Pharmaceutical selbst gemeldet. Die EU
täte gut daran, angesichts der Tatsache, dass wahrscheinlich ca.
80% der „active pharmaceutical ingredients“ importiert
werden, dafür zu sorgen, dass die Qualitätskontrollen von
im fernen Ausland produzierten Arzneimitteln schärfer werden und
auch, dass Arzneimittel wieder vermehrt in Europa produziert werden.
Die Versorgung ihrer Bürger mit qualitativ hochwertigen und
sicheren Arzneimitteln sicherzustellen, ist oberstes Gebot.
Literatur
-
https://www.bfarm.de/SharedDocs/ Pressemitteilungen/DE/
2018/pm5-2018.html

-
https://www.basg.gv.at/ news-center/news/news-detail/
article/rueckruf-von-arzneimitteln-mit-
wirkstoff-valsartan-vom-chinesischen-hersteller-
zhejiang-huahai-pharma/

-
https://www.bfarm.de/DE/Arzneimittel/
Arzneimittelzulassung/Arzneimittelinformationen/
Arzneimittelfaelschungen/ RapidAlertSystem/Valsartan/_node.html

-
https://www.akdae.de/Arzneimittelsicherheit/...

-
http://www.ema.europa.eu/...

-
http://apotheke-medikamente.info/
zdf-magazin-frontal-21-heparin-aus -china-verunreinigt/

-
https://www.oceanicpharmachem.com/...

|