Die Inzidenz des ösophagealen Adenokarzinoms ist in den letzten
40 Jahren in Europa und Nordamerika deutlich angestiegen (1).
Das 5-Jahres-Überleben beträgt weniger als 10%, wenn das
Karzinom auf Grund klinischer Symptome diagnostiziert wird (2-5). Als
Hauptursache für die Entstehung wird ein chronischer Rückfluss
von Magensäure angenommen (Barrett-Ösophagus-Läsionen
als prämaligne Veränderungen; 2-6). Zur Prophylaxe eines
Barrett-Adenokarzinoms der Speiseröhre sind bei
gastroösophagealer Refluxkrankheit (GERD) Protonenpumpenhemmer
(PPI) etabliert (7).
Die meisten Patienten mit Barrett-Ösophagus sterben aber nicht
an einem Ösophaguskarzinom, sondern an häufigen
Komorbiditäten wie kardiovaskulären Erkrankungen oder
Pneumonien (8). In den letzten zwei Jahrzehnten wurden in
epidemiologischen Studien positive prophylaktische Effekte von
Azetylsalizylsäure (ASS), Statinen und nichtsteroidalen
Antiphlogistika (NSAID) beobachtet, zunächst bei
kardiovaskulären Erkrankungen und später auch bei
verschiedenen Krebsarten, einschließlich Malignomen des
Gastrointestinaltrakts (9). Nun wurde erstmals eine prospektive
randomisierte klinische Studie publiziert, die den Einfluss von PPI
und ASS auf Gesamtüberleben und Entwicklung von Dysplasien oder
Adenokarzinom bei Patienten mit neu diagnostizierten
Barrett-Veränderungen untersucht hat (10).
Methodik: Die vierarmige Studie wurde zwischen März 2005
und März 2009 an 84 Zentren in Großbritannien und in
einem Zentrum in Kanada durchgeführt und von der
Wohltätigkeitsorganisation in Großbritannien (Cancer
Research UK) gefördert, die sich der Krebsforschung widmet.
Weitere Förderungen vom Welcome Trust und der „Barrett’s
Oesophagus Surveillance Study“ halfen beim Sammeln der Proben
und beim Monitoring. Die PPI-Tabletten (Esomeprazol) wurden von
AstraZeneca kostenfrei zur Verfügung gestellt.
Insgesamt wurden 2.557 erwachsene Patienten (ab 18 Jahre)
eingeschlossen. Ca. 80% waren Männer, meist zwischen 50 und
70 Jahre alt. Bei ihnen waren erstmals
Barrett-Ösophagus-Läsionen diagnostiziert worden; bei
ca. 75% waren sie zwischen 2 und 8 cm lang.
Die Randomisierung erfolgte computergesteuert in vier Gruppen.
Patienten der Gruppe 1 erhielten zweimal 40 mg
Esomeprazol/d (Hochdosis) ohne
ASS (n = 704); Gruppe 2 die gleiche Hochdosis
Esomeprazol plus ASS (n = 577); Gruppe 3 einmal 20 mg
Esomeprazol/d (Niedrigdosis) ohne ASS (n = 705); Gruppe 4
die gleiche Niedrigdosis Esomeprazol plus ASS (n = 571; in
UK 300 mg/d und in Kanada 325 mg/d). Die
Nachbeobachtungszeit betrug mindestens 8 Jahre. Der primäre
Endpunkt der Studie war aus drei Komponenten zusammengesetzt (Time
Ratio): 1. Zeit bis zum Tod (alle Ursachen); 2. Zeit bis
zum Auftreten hochgradiger Dysplasien oder 3. Zeit bis zum
Auftreten eines ösophagealen Adenokarzinoms. Hochgradige
Dysplasien wurden noch in eine Modellrechnung aufgenommen, um die
Bedeutung dieser Veränderungen besser abschätzen zu können.
Dabei wurden auch das Alter der Patienten, die Länge der
Dysplasie und intestinale Metaplasien berücksichtigt.
Ergebnisse: Die mediane Beobachtungszeit betrug 8,9 Jahre
(IQR: 8,2-9,8). Insgesamt wurden 20.095 Nachverfolgungsjahre und
99,8% der geplanten Daten erreicht. Die Patientenzahlen überschritten
mit ca. 15% die vorausberechnete notwendige Studiengröße
für die maximale statistische Power.
Der kombinierte primäre Endpunkt wurde im Beobachtungszeitraum
von 313 Patienten erreicht. In den beiden Hochdosis-PPI-Gruppen
traten weniger Ereignisse auf als in den Niedrigdosis-PPI-Gruppen
(139 von 1.270 Patienten versus 174 von 1.265 Patienten;
Time Ratio = TR: 1,27; 95%-Konfidenzintervall = CI: 1,01-1,58;
p = 0,038). ASS zeigte bei erster Auswertung keinen
prophylaktischen Effekt (127 von 1.138 vs. 154 von 1.142 Patienten;
TR: 1,24: CI: 0,98-1,57; p = 0,068). Wurden
jedoch die Patienten bei der Auswertung herausgenommen, die auch
NSAID eingenommen hatten, dann war das Ergebnis mit ASS signifikant
besser als ohne ASS (TR: 1,29; CI: 1,01-1,66; p = 0,043;
n = 2.236). Die Kombination Hochdosis-PPI plus ASS hatte
den stärksten prophylaktischen Effekt, verglichen mit
Niedrigdosis-PPI ohne ASS (TR: 1,59; CI: 1,14-2,23;
p = 0,0068).
Nur 28 (1%) der Patienten erlitten schwere (Grad 3-5; vgl. 12),
mit der Studienmedikation assoziierte Nebenwirkungen, 15 unter ASS
und 13 unter PPI (z.B. Infektionen). Insgesamt wurden 64 Blutungen
bei 59 Patienten registriert. Dabei waren mehr Patienten in den
ASS-Gruppen (38 vs. 21) betroffen. Bei 20 Patienten waren es
schwere Blutungen, davon bei 7 Patienten gastrointestinale.
Diese Ergebnisse werden sowohl von den Autoren der Originalarbeit wie
auch in einem begleitenden Kommentar diskutiert (9, 10). Demnach
ergeben sich mehrere offene Fragen, wie z.B. nach der Dauer der
Prophylaxe. So trat beispielsweise der protektive Effekt von PPI plus
ASS erst nach 5 Jahren auf. Die Autoren des Kommentars (9)
verweisen auf eine eigene, allerdings retrospektive Studie, in der
das Risiko eines Adenokarzinoms der Speiseröhre bei
Langzeitbehandlung mit einem PPI sogar erhöht war (11). Diese
Diskrepanz könnte durch unterschiedliche
Patientencharakteristika sowie Selektionskriterien bedingt sein (9).
Fazit: Bei Patienten mit Barrett-Ösophagus-Läsionen
konnte durch eine Langzeit-Prophylaxe (ca. 9 Jahre) mit
Hochdosis-Esomeprazol plus Azetylsalizylsäure ein
zusammengesetzter Endpunkt aus Gesamtüberleben, Progression in
hochgradige Dysplasien oder in ein Adenokarzinom des Ösophagus
signifikant positiv beeinflusst werden. Schwerwiegende Nebenwirkungen
waren in dieser Studie selten. Die prophylaktischen Wirkungen der
hier getesteten Kombination sollten durch große
populationsbasierte Studien bestätigt sein, bevor Empfehlungen
gegeben werden können.
Literatur
- Edgren,
G., et al.: Gut 2013, 62, 1406.
- Moayyedi, P., und
Axon, A.T.R.: Aliment. Pharmacol. Ther. 2005, 22
Suppl. 1, 11.
- Lagergren, J., et
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- Arnold, M., et
al.: Gut 2015, 64, 381.
- Gavin,
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Cancer Epidemiol. 2012, 36,
505.
- Su, Z., et al.:
Nat. Genet. 2012, 44, 1131.
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J., et al.: BMJ 2010, 341,
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- Moayyedi,
P., et al.: Aliment. Pharmacol. Ther. 2008, 27,
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- Hvid-Jensen,
F., und Drewes, A.M.: Lancet 2018, Comment:
- Jankowski,
J.A.Z., et al. (AspECT = Aspirin
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Chemoprevention
Trial):
Lancet 2018,
- Hvid-Jensen, F.,
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- https://www.eortc.be/...

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