Patienten mit chronischer
Herzinsuffizienz und reduzierter linksventrikulärer
Ejektionsfraktion (LVEF) haben oft eine sekundäre
Mitralklappeninsuffizienz (MI) und eine schlechte Prognose (1). Die
MI entsteht nicht primär durch degenerative Veränderungen
an den Segeln, Sehnenfäden oder Papillarmuskeln, sondern durch
eine veränderte Geometrie des linken Ventrikels, z.B. durch
Dilatation oder dyssynchrone Kammererregung. Seit einigen Jahren kann
perkutan ein sog. MitraClip als minimal invasives, katheterbasiertes
Verfahren zur Klappenreparatur eingesetzt werden (2), eine Option
z.B. für Patienten mit hohem OP-Risiko. Über die Vena
femoralis wird ein Katheter über den rechten Vorhof transseptal
in den linken Vorhof geschoben. Über die Spitze des Katheters
werden ein oder auch mehrere, die Mitralsegel verbindende Clips an
den Mitralsegeln platziert. Im Idealfall prolabieren die Segel nicht
mehr und schließen wieder dicht(er).
Aus den Ergebnissen prospektiver
Registerstudien der letzten Jahre (3) resultierte in den Leitlinien
bisher nur eine vage Empfehlung (IIb) für den MitraClip bei
sekundärer MI (4). Randomisierte kontrollierte Studien (RCT)
dazu gab es bisher nicht.
Mit der MITRA-FR-Studie (5) wurde
jetzt die erste multizentrische RCT aus Frankreich zu diesem
Verfahren veröffentlicht (5). Von 2013 bis 2017 wurden die
Patienten in 37 französischen Zentren eingeschlossen. Um sich
als Zentrum für diese Studie zu qualifizieren, mussten zuvor
mindestens fünf MitraClips erfolgreich implantiert worden sein,
was bei der Komplexizität dieses Eingriffs erstaunlich wenig
ist.
Insgesamt wurden 452 Patienten
mit schwerer sekundärer MI eingeschlossen. Diese war definiert
als eine echokardiografisch gemessene Regurgitationsöffnungsfläche
(Regurgitant Orifice Area) von > 20 mm2
oder ein Regurgitationsvolumen von > 30 ml pro
Herzschlag, eine reduzierte LVEF (15% bis 40%) und eine
Herzinsuffizienz im Stadium II-IV nach den Kriterien der New
York Heart Association (NYHA). Bei jedem Patienten wurde eine
transthorakale und eine transösophageale Echokardiografie
durchgeführt, die zentral in einer unabhängigen Einrichtung
nach den Kriterien der European Association of Echocardiography
Guidelines beurteilt wurden (6). Insgesamt 107 Patienten wurden
nach dieser Reevaluation von der Studie ausgeschlossen. Alle
Studien-Kandidaten wurden auch von einem interdisziplinären Team
klinisch eingeschätzt und Teilnehmer von der Studie
ausgeschlossen, wenn eine Empfehlung für eine Operation
ausgesprochen wurde.
Alle Patienten erhielten eine
leitliniengerechte Herzinsuffizienztherapie nach den Leitlinien der
ESC (vgl. 7, 8), d.h. mit ACE-Hemmern oder
Angiotensin-II-Rezeptorblockern,
Mineralokortikoid-Rezeptor-Antagonisten (Spironolacton oder
Eplerenon), Betablockern, Diuretika oder seit der letzten
Aktualisierung der Guidelines auch Sacubitril/Valsartan (vgl. 9).
Nach einer 1:1 Randomisierung von 307 Patienten wurden
schließlich 152 Patienten einer MitraClip-Prozedur
zugeordnet in Kombination mit einer individuell optimalen
medikamentösen Therapie, und 155 Patienten wurden als
Kontrollen allein medikamentös behandelt.
Kombinierter primärer
Studienendpunkt war Tod jeder Ursache oder eine stationäre
Aufnahme wegen akuter kardialer Dekompensation innerhalb von
12 Monaten seit Studieneinschluss. Sekundäre Endpunkte
waren u.a. Myokardinfarkt, dekompensierte Herzinsuffizienz sowie
Veränderungen der echokardiografischen Parameter. Belastbarkeit
und Lebensqualität wurden nach dem 6 Minuten-Gehtest und
der European Quality of Life 5-Dimensions Scale ermittelt (10).
Die Studie wurde von der höchsten
französischen Gesundheitsbehörde (French Ministry of Health
and Research National Program) finanziert. Der Hersteller des
MitraClip-Devices, Abbott Vascular, stellte das Implantationsmaterial
zur Verfügung und übernahm die Kosten für die
Koordination der Studie, war aber angeblich nicht in Studiendesign,
Patienteneinschluss und Datenanalyse involviert.
Ergebnisse:
Klinische und demographische Daten der beiden Kollektive waren etwa
gleich, ebenso die Basismedikation. Das mittlere Alter der Patienten
betrug 70 ± 10 Jahre. In der
Interventionsgruppe waren Myokardinfarkte in der Anamnese häufiger.
53,9% der Patienten in der Interventions- bzw. 63,2% in der
Kontrollgruppe befanden sich zu Studienbeginn im NYHA Stadium III,
36,8% bzw. 28,9% im Stadium II und < 10% im Stadium IV.
Die LVEF in beiden Gruppen betrug im Mittel 33%.
Bei 138 Patienten konnte das
MitraClip Device erfolgreich implantiert werden, bei 6 Patienten
scheiterte der Versuch, 8 Teilnehmer erwiesen sich als
ungeeignet. Bei 66 Patienten (44,9%) mussten zwei Clips und bei
13 (9,4%) ≥ 3 Clips implantiert werden, um ein
zufriedenstellendes Ergebnis zu erzielen. Bei 14,6% traten
periprozedurale Komplikationen auf: missglückte Implantation
4,2%, transfusionspflichtige Blutung oder gefäßchirurgische
Intervention 3,5%, relevante Verletzung des Vorhofseptums 2,8%,
kardiogener Schock 2,8%, kardiale Embolie, Schlaganfall oder
Gasembolie 1,4%, Perikardtamponade 1,4%; kardiochirurgische
Notfalleingriffe waren nicht erforderlich.
Nach 12 Monaten wurde der
kombinierte primäre Studienendpunkt Tod oder kardiale
Dekompensation bei 54,6% der Patienten in der Interventionsgruppe und
bei 51,3% in der Kontrollgruppe erreicht (Odds Ratio = OR: 1,16;
95%-Konfidenzintervall = CI: 0,73-1,84; p = 0,53). Es
starben 24,3% der Interventions- und 22,4% in der Kontrollgruppe
(Hazard Ratio = HR: 1,11; CI: 0,69-1,77). Bei 48,7% bzw.
47,4% war wegen kardialer Dekompensation ein stationärer
Aufenthalt erforderlich (HR: 1,13; CI: 0,81-1,56). Nach
30 Tagen waren in der Interventionsgruppe 5 Patienten, in
der Kontrollgruppe 4 Patienten gestorben. Schlaganfälle
(4,6% vs. 0,7%), Blutungen (7,2% vs. 3,9%) und dialysepflichtiges
Nierenversagen (3,3% vs. 0,7%) waren bei MitraClip-Patienten
häufiger. 48 Interventions-Patienten (35%) hatten nach
einem Jahr nach Echokardiografie-Kriterien noch eine höhergradige
MI.
Etwa 80% aller Studienpatienten hatten
im Laufe eines Jahres ein schweres unerwünschtes Ereignis. Bei
vielen Patienten konnten klinische und diagnostische Daten nach einem
Jahr allerdings nicht mehr erhoben werden. In keiner Subgruppe konnte
ein Vorteil des MitraClip belegt werden. Die der MI zugrunde liegende
Kardiomyopathie bestimmt offensichtlich die Prognose, unabhängig
vom Device.
Fazit:
Das katheterinterventionelle MitraClip-Verfahren ergab in der
MITRA-FR-Studie keinen Vorteil im Vergleich zu optimierter
Standardtherapie bei Patienten mit schwerer sekundärer
Mitralklappeninsuffizienz. Das kostenintensive Verfahren birgt
relevante Risiken und verbessert nicht die Prognose dieser Patienten,
zumindest bei den gewählten Einschlusskriterien dieser Studie.
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