Zusammenfassung:
Zu den Empfehlungen der aktualisierten Nationalen
VersorgungsLeitlinie (NVL) Asthma gehört, dass sich
Klassifikation und Behandlung nun ausschließlich nach dem Grad
der Asthmakontrolle richten. Die Grundprinzipien der Therapie sind
geblieben: Reicht die Bedarfsmedikation mit einem kurz wirkenden
Beta-2-Sympathomimetikum (SABA) nicht aus, bilden inhalative
Glukokortikosteroide die Basis der Langzeittherapie. Nach einem
Stufenschema werden sie in steigender Dosierung mit anderen
Wirkstoffen kombiniert, wie lang wirkenden Beta-2-Sympathomimetika
(LABA) und lang wirkenden Anticholinergika (LAMA). Von einer
Monotherapie mit LABA raten die Autoren entschieden ab. Monoklonale
Antikörper sind erst in der letzten Therapiestufe vorgesehen und
sollten von Pneumologen verordnet werden.
Ende September
2018 wurde die 3. Auflage der Nationalen VersorgungsLeitlinie
(NVL) Asthma veröffentlicht (1). Die Leitlinie gibt
119 Empfehlungen zur Diagnostik und Therapie von Kindern,
Jugendlichen und Erwachsenen mit Asthma. Die Leitliniengruppe war
multidisziplinär zusammengesetzt mit Vertretern aus
21 Fachgesellschaften und Organisationen, darunter auch
Mitglieder der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft.
Obwohl der Anteil der Autoren mit deklarationspflichtigen
Interessenkonflikten hoch war – 28 von 41 Autoren gaben solche
an – wurde der Umgang mit den Interessenkonflikten von
„Leitlinienwatch“ als vorbildlich beurteilt (2).
Zu den
wichtigsten Empfehlungen der aktualisierten NVL Asthma gehört,
dass sich Klassifikation und Behandlung nun ausschließlich nach
dem Grad der Asthmakontrolle richten. Der Grad der Asthmakontrolle
(gut kontrolliert/teilweise kontrolliert/unkontrolliert) ergibt sich
aus der Symptomkontrolle, die über Fragen u.a. zum Gebrauch
einer Bedarfsmedikation und zur Einschränkung der Aktivität
erhoben wird. Außerdem wird das Risiko für eine
Verschlechterung des Asthmas anhand der Lungenfunktion und der Zahl
von Exazerbationen eingeschätzt. Die frühere Einteilung
nach dem Schweregrad hat keinen Stellenwert mehr.
Ziele der
medikamentösen Therapie sind: Suppression der bronchialen
Entzündung und Hyperreagibilität, Beseitigung bzw.
Reduktion der Atemwegsobstruktion sowie Erreichen einer bestmöglichen
Asthmakontrolle. Die Behandlung folgt einem medikamentösen
Stufenschema, das für Erwachsene – wie in der letzten
Version der NVL – 5 Stufen umfasst (s. Tab. 1).
Wenn die Bedarfsmedikation mit einem kurz wirksamen
Beta-2-Sympathomimetikum (SABA) nicht ausreicht, um die Beschwerden
zu kontrollieren, sollen Patienten regelmäßig ein
inhalatives Glukokortikosteroid (ICS) erhalten. ICS vermindern die
Entzündung, die der Erkrankung zugrunde liegt. Ein möglichst
geringer Bedarf eines SABA ist ein wichtiges Ziel und zudem ein
Kriterium für den Erfolg der Therapie.
In Therapiestufe
3 wird für erwachsene Patienten bevorzugt die Kombination eines
niedrig dosierten ICS mit einem lang wirkenden
Beta-2-Sympathomimetikum (LABA) empfohlen. Alternativ soll ein ICS in
mittlerer Dosierung eingesetzt werden. Ausdrücklich gewarnt wird
vor einer Monotherapie mit einem LABA, weil diese zwar
Asthmasymptome, aber nicht die zugrunde liegende Entzündung
vermindern. Eine Monotherapie mit einem LABA ohne ICS führt zu
mehr Exazerbationen, Krankenhauseinweisungen und Todesfällen.
Sind ICS und LABA indiziert, sollen Patienten möglichst eine
Fixkombination erhalten, um eine Gefährdung durch die alleinige
Anwendung eines LABA zu verhindern.
In Stufe 4 soll
bei Erwachsenen bevorzugt die Kombination aus einem ICS im mittleren
oder hohen Dosisbereich und einem LABA angewandt werden. Als
Therapiealternative in dieser Stufe sehen die NVL-Autoren eine
additive Behandlung mit einem lang wirkenden Anticholinergikum (LAMA)
zu einer bereits bestehenden Medikation aus ICS in mittlerer oder
hoher Dosis plus einem LABA.
Monoklonale
Antikörper, wie der Anti-IgE-Antikörper Omalizumab
(Xolair®)
für schweres IgE-vermitteltes allergisches Asthma (vgl. 3)
bzw. die Anti-Interleukin-5-Rezeptor-Antikörper Mepolizumab
(Nucala®),
Reslizumab (Cinqaero®)
und Benralizumab (Fasenra®)
für schweres eosinophiles Asthma, sind erst in der letzten
Therapiestufe vorgesehen, um eine Langzeittherapie mit einem oralen
Glukokortikosteroid zu vermeiden. Zuvor sollen alle anderen
medikamentösen Optionen ausgeschöpft werden, d.h., wenn
selbst unter dreimonatiger maximaler inhalativer antiobstruktiver
Kombinationstherapie mit einem ICS in Höchstdosis plus einem
LABA plus einem LAMA (z.B. Tiotropium) keine Asthmakontrolle erreicht
wird. Die Behandlung mit monoklonalen Antikörpern soll durch
Pneumologen erfolgen.
Im Stufenschema
für die Asthmatherapie bei Kindern und Jugendlichen wurde eine
zusätzliche Therapiestufe eingeführt, so dass es jetzt
6 Stufen umfasst. Leitend war dabei der Gedanke, Nebenwirkungen
so gering wie möglich zu halten. In der 3. Stufe soll
allein, mittelhoch dosiert, ein ICS verordnet werden. In der 4. Stufe
wird diese Behandlung mit zusätzlichen Wirkstoffen, wie einem
Leukotrien-Antagonisten oder einem LAMA, kombiniert. Hoch dosierte
ICS kommen nun erst ab der 5. Stufe zum Einsatz. Ab der
4. Therapiestufe soll ein pädiatrischer Pneumologe
hinzugezogen werden.
Nur wenn die
allergische Komponente der asthmatischen Beschwerden gut dokumentiert
ist (nachgewiesene spezifische Sensibilisierung und eindeutige
klinische Symptomatik nach Allergenexposition), soll bei Patienten
mit allergischem Asthma die Indikation zu einer spezifischen
Immuntherapie (SIT) geprüft werden.
Zu den nicht
empfohlenen Wirkstoffen gehört Theophyllin, das aus Sicht der
Leitliniengruppe aufgrund seiner geringen therapeutischen Breite,
Nebenwirkungen (z.B. Krampfanfälle, Herzrhythmusstörungen,
Magen-Darm-Beschwerden) und der verfügbaren Alternativen in der
Behandlung des Asthmas keinen Stellenwert mehr hat. Auch Antitussiva
und Mukoregulatoren sind laut Leitlinie nicht indiziert, da für
diese keine überzeugenden Daten zur Wirksamkeit aus klinischen
Studien vorliegen und ebenfalls ein Potenzial für Nebenwirkungen
besteht.
Es wird betont,
dass Patienten in die korrekte Handhabung eines neuen
Inhalationssystems eingewiesen werden müssen und ein Wechsel
vermieden werden sollte. Patienten mit Asthma und der Indikation für
eine medikamentöse Langzeittherapie sollte die Teilnahme an
Schulungen empfohlen und zu körperlicher Aktivität ermutigt
werden. Bei nicht ausreichender Asthmakontrolle ist zunächst
u.a. Therapieadhärenz, Schulungsbedarf, Allergenvermeidung und
die Diagnose Asthma selbst zu überprüfen (vgl. 4),
bevor die Therapie intensiviert wird. Die Fraktion des
Stickstoffmonoxids in der Ausatemluft (FeNO) kann künftig zur
Therapiekontrolle und -anpassung verwendet werden.
Weitere
Therapiealternativen in besonderen Situationen finden sich in der NVL
Asthma, ebenso wie z.B. Vergleichstabellen der Dosierungen der ICS.
Sie ist kostenfrei abrufbar auf der Webseite des Ärztlichen
Zentrums für Qualität in der Medizin und auf der Webseite
der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen
Fachgesellschaften (1, 5). Aktuell werden noch ergänzende
Kapitel überarbeitet, wie beispielsweise die Behandlung beim
Asthmaanfall.
Literatur
- https://www.leitlinien.de/nvl/asthma

- https://www.leitlinienwatch.de/nationale-versorgungsleitlinie-asthma/

- AMB
2007, 41,
01.

- AMB
2017, 51,
12.

- https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/
nvl-002l_S3_Asthma_2018-09.pdf

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