Natrium-Glukose-Cotransporter
Typ 2 (SGLT2)-Hemmer senken den Blutzuckerspiegel, indem sie die
Reabsorption von Glukose in den proximalen Nierentubuli hemmen und
dadurch die Glukoseausscheidung im Urin erhöhen (vgl. 1).
Zu den Nebenwirkungen von SGLT2-Hemmern gehören Infektionen der
Genitalien und der Harnwege.
Ein Rote-Hand-Brief vom
Januar 2019 weist darauf hin, dass nach der Markteinführung auch
Fälle von Fournier-Gangrän mit der Einnahme von
SGLT2-Hemmern in Verbindung gebracht wurden (2). Die Fournier-Gangrän
ist eine nekrotisierende Fasziitis der äußeren Genitalien
sowie der perinealen oder perianalen Regionen (3). Sie ist sehr
selten: < 1/100.000 Einwohner pro Jahr, wobei Männer
häufiger betroffen sind (1,6/100.000 Männer pro Jahr).
Die Letalität liegt bei 20-30% (3). Benannt ist die Krankheit
nach dem französischen Dermatologen Jean Alfred Fournier, der
sie 1883 bei ansonst gesunden jungen Männern beschrieb. Zu den
Risikofaktoren gehören Erkrankungen, die das Immunsystem
beeinträchtigen, insbesondere Diabetes mellitus sowie auch
Alkohol-Abusus. Im nekrotischen Bereich werden oft bakterielle
Mischinfektionen nachgewiesen. Die intensivmedizinische Therapie muss
rasch erfolgen: radikales chirurgisches Debridement und Antibiotika.
Grundlage des
Rote-Hand-Briefs ist eine Untersuchung der US-amerikanischen
Arzneimittelbehörde FDA, in der Nebenwirkungsmeldungen einer
Fournier-Gangrän unter SGLT2-Hemmern und anderen Antidiabetika
beschrieben und verglichen wurden (4). Die FDA identifizierte in den
sechs Jahren nach der Erstzulassung eines SGLT2-Hemmers insgesamt
55 Fallberichte einer Fournier-Gangrän mit chirurgischem
Debridement bei Patienten, die einen Wirkstoff aus dieser
Arzneimittelklasse eingenommen hatten. Die Patienten waren zwischen
33 und 87 Jahre alt, 39 waren Männer und 16 Frauen. Die
Fournier-Gangrän trat auf zwischen 5 Tagen und 49 Monaten
nach Beginn der Therapie mit SGLT2-Hemmern (Canagliflozin,
Dapagliflozin, Empagliflozin). Zu den gemeldeten Komplikationen
gehörten diabetische Ketoazidose (n = 8), Sepsis
(n = 9) und akutes Nierenversagen (n = 4). Bei
8 Patienten musste ein künstlicher Darmausgang gelegt
werden, und zwei Patienten entwickelten eine nekrotisierende
Fasziitis einer unteren Extremität, die eine Amputation
erforderte. Ein weiterer Patient benötigte einen Gefäß-Bypass,
nachdem Zehen abgestorben waren. Drei Patienten starben.
Im Vergleich dazu
identifizierte die FDA ab 1984 in 35 Jahren nur 19 Fallberichte
einer Fournier-Gangrän, die mit anderen antiglykämischen
Wirkstoffen in Verbindung gebracht wurden, darunter Metformin,
Insulin, Sitagliptin und Dulaglutid. Diese Patienten waren zwischen
42 und 79 Jahre alt, 12 waren Männer und 7 Frauen.
Zwei Patienten starben.
Fazit:
Im Zusammenhang mit der Anwendung von SGLT2-Inhibitoren wurde über
Fälle von Fournier-Gangrän berichtet. Patienten, die einen
SGLT2-Hemmer einnehmen, sollte empfohlen werden, sich umgehend an
einen Arzt zu wenden, wenn Druckempfindlichkeit, Rötung oder
Schwellung im Bereich der Genitalien oder des Perineums mit Fieber
oder allgemeinem Unwohlsein auftreten. Patienten mit Verdacht auf
Fournier-Gangrän sollten sofort ins Krankenhaus eingewiesen
werden, denn eine rasche Therapie kann lebensrettend sein. Der
SGLT2-Hemmer muss abgesetzt werden.
Literatur
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https://www.akdae.de/Arzneimittelsicherheit/
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Bersoff-Matcha,
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