Die Europäische
Arzneimittel-Agentur (European Medicines Agency = EMA) hat im Jahr
2015 einen Workshop durchgeführt zur Bedeutung
pharmakokinetischer und pharmakodynamischer Messungen bei der
Einnahme von direkten oralen Antikoagulanzien (DOAK), um das Risiko
für schwere Blutungen zu senken (1, vgl. 2). Da deutlich
wurde, dass weitere Forschung notwendig ist, gab die EMA im Anschluss
eine Studie in Auftrag zu Blutungsrisiken der DOAK Apixaban
(Eliquis®),
Dabigatran (Pradaxa®)
und Rivaroxaban (Xarelto®)
(3). Die Studie vergleicht das Risiko für schwere Blutungen
unter DOAK und Vitamin-K-Antagonisten (VKA) bei Patienten mit nicht
valvulärem Vorhofflimmern. Verwendet wurden sogenannte „Real
world“-Daten aus Dänemark, Frankreich, Deutschland,
Spanien, den Niederlanden und Großbritannien. Zu der
Untersuchung sind bisher nur wenige Daten veröffentlicht (4).
Nun informiert die EMA,
dass das Muster der schweren Blutungen in dieser Untersuchung den
Zulassungsstudien entspricht und deshalb eine Änderung der
Bedingungen für die Anwendung der DOAK nicht erforderlich ist
(5). In den Zulassungsstudien traten schwere Blutungen unter DOAK im
Vergleich zu dem VKA Warfarin ähnlich häufig auf oder
geringfügig seltener. Intrakranielle und lebensbedrohliche
Blutungen waren unter allen DOAK seltener, gastrointestinale
Blutungen traten dagegen vermehrt auf (außer unter Apixaban)
(6). Laut EMA reichten die Daten der Untersuchung nicht aus, um die
Arzneimittel untereinander zu vergleichen. Detaillierte Ergebnisse
sind weiterhin leider nicht veröffentlicht. Zur ursprünglichen
Frage des Workshops, ob Kontrollen des antikoagulatorischen Effekts
die Therapiesicherheit der DOAK verbessern, scheint die Studie nichts
beizutragen.
Die Untersuchung
analysierte auch, ob die DOAK in der Praxis gemäß den
zugelassenen Anwendungsgebieten eingenommen werden und ob
Kontraindikationen und Warnhinweise Beachtung finden. Es ergaben sich
laut EMA keine belastbaren Daten dafür, dass die
Fachinformationen häufig nicht berücksichtigt werden.
Bestätigt wurde das bekannte erhöhte Blutungsrisiko bei
älteren Patienten (> 75 Jahre). Die EMA forderte
die pharmazeutischen Unternehmer deshalb auf, diesen Aspekt weiter zu
untersuchen und zu prüfen, ob Änderungen der empfohlenen
Dosierung für ältere Patienten von Nutzen sein könnten.
Fazit:
Eine
Untersuchung zu Blutungen unter DOAK bei Patienten mit nicht
valvulärem Vorhofflimmern, basierend auf sogenannten „Real
World“-Daten, hat laut Information der EMA ein ähnliches
Risiko ergeben wie in den Zulassungsstudien; ein Vergleich der
Arzneimittel untereinander sei nicht möglich. Entsprechende
Publikationen mit detaillierten Daten stehen leider noch aus. Da
Beobachtungsstudien durch nicht quantifizierbare Verzerrungen mit
erheblichen Unsicherheiten behaftet sind (vgl. 7), wäre aus
unserer Sicht eine randomisierte Studie mit DOAK und dem in
Deutschland überwiegend verwendeten VKA Phenprocoumon
wünschenswert.
Literatur
-
https://www.ema.europa.eu/en/events/role-
pharmacokinetic-pharmacodynamic-measurements-
use-direct-oral-anticoagulants-doacs

-
AMB 2019, 53,
17
.
AMB 2018,
52,
49 .
AMB 2018,
52,
41.

-
https://www.ema.europa.eu/en/documents/
referral/direct-oral-anticoagulants-doacs-
ema-starts-review-study-bleeding-risk-direct-
oral-anticoagulants_en.pdf

-
http://www.encepp.eu/encepp/viewResource.htm?id=28664

-
https://www.ema.europa.eu/en/news/
no-change-needed-use-direct-oral- anticoagulants-following-ema-
funded-study

-
Arzneimittelkommission
der deutschen Ärzteschaft: Leitfaden Orale Antikoagulation bei
nicht valvulärem Vorhofflimmern. 3., überarbeitete Auflage
November 2019.
-
AMB 2019, 53,
79b.

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