Zusammenfassung: Die
durch den ersten in der Europäischen Union zugelassenen
Adenovirus-basierten Impfstoff ChAdOx1 nCoV-19
(zuvor AZD1222; AstraZeneca)
induzierte Immunität – gemessen an der Induktion
neutralisierender Antikörper und spezifischer T-Zellen –
ist vergleichbar mit den beiden bereits zugelassenen
mRNA-Impfstoffen, auch bei älteren Menschen. Die klinische
Wirksamkeit, also der Schutz vor Erkrankung an COVID-19, liegt bei
ca. 70%. Bei einem Vergleich der Wirksamkeit von ChAdOx1 nCoV-19
mit den
beiden zugelassenen mRNA-Vakzinen muss jedoch berücksichtigt
werden, dass die Studien mit der ChAdOx1 nCoV-19-Vakzine
in
4 Einzelstudien und 3 Regionen der Welt (Großbritannien,
Brasilien, Südafrika) durchgeführt wurden. Das Auftauchen
stärker ansteckender Virusmutationen in diesen Ländern und
das nicht sehr einheitliche Behandlungsprotokoll in den 4 Studien
mit der ChAdOx1 nCoV-19-Vakzine
(z.B.
Dosis, Impfintervall) erlauben keine indirekten Vergleiche mit den
mRNA-Impfstoffen. In das bisherige Impfprogramm von AstraZeneca
wurden nur relativ wenige Probanden über 65 Jahre
eingeschlossen. Deshalb ist die Schutzwirkung bei älteren
Menschen derzeit nicht ausreichend zu beurteilen, sodass weitere
Auswertungen abgewartet werden müssen. Das gilt auch für
die Wirksamkeit gegen neue Virusmutationen sowie für die
Beobachtung, dass die Wirksamkeit möglicherweise
höher
ist bei niedrigerer Erstdosis und/oder einem längeren Intervall
zwischen der 1. und 2. Impfung. Weiterhin ist unklar – wie
auch bei den mRNA-Impfstoffen –, ob durch die Impfung die
Transmission von SARS-CoV-2 vermindert wird.
Vektorimpfstoffe
verwenden manipulierte, für Menschen nicht pathogene,
replizierende oder nicht replizierende Viren als Transportvehikel
(Vektoren) für das Impfantigen selbst bzw. seine Erbinformation.
Bei zugelassenen Impfstoffen sind diese Verfahren bisher nicht
routinemäßig eingesetzt worden. Eines der wenigen
Beispiele ist die Ebola-Vakzine – hierfür wurde ein
vesikuläres Stomatitis-Virus als Vektor benutzt (vgl. 1).
Für
die jetzt gegen SARS-CoV-2 geprüften Impfstoffe werden
Adenoviren menschlicher Herkunft (Schnupfenviren; z.B. beim Impfstoff
von Johnson & Johnson bzw. beim Sputnik V-Impfstoff) oder
von Schimpansen (bei ChAdOx1 nCoV-19)
verwendet
(2). Sie transportieren die Erbinformation für das
Spike-Glykoprotein, das SARS-CoV-2 bei der Infektion zu seinem
Eintritt in die Wirtszellen benötigt. Diese produzieren das
Spike-Glykoprotein dann selbst und generieren eine Immunantwort.
Zu
den derzeit bereits eingesetzten Vektorimpfstoffen gegen SARS-CoV-2
zählen neben der ChAdOx1 nCoV-19-Vakzine
von AstraZeneca (vormals auch AZD1222
oder Oxford-Impfstoff genannt), Gam-COVID-Vac
(Sputnik V,
Gamaleya-Institut, Russland), Ad5CoV (CanSino, China) und Ad26.CoV2-S
(Johnson & Johnson). Ergebnisse
aus Phase-I/II-Studien mit diesen Vakzinen haben gezeigt, dass die
Induktion von neutralisierenden Antikörpern und
CD4-/CD8-vermittelter T-Zell-Immunität ähnlich stark ist
wie bei den beiden mRNA-Impfstoffen
(3, 4, 5).
Am 2.2.2021
wurde die erste Zwischenanalyse der Phase-III-Studie mit
Gam-COVID-Vac (Sputnik V) publiziert. Diese Vakzine verwendet
für die 1. und 2. Impfung zwei verschiedene adenovirale
Vektoren (rAd26 und rAd5). Damit soll verhindert werden, dass bei der
1. Impfung gegen rAd26 gebildete Antikörper die
Immunogenität der 2. Impfung abschwächen (3). Wir
werden ausführlich auf diese Daten eingehen, wenn eine
Empfehlung für die Zulassung dieses Impfstoffs durch die
Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) erfolgt. Die EMA hat dem
Gamaleya-Institut in Moskau Hilfe beim Zulassungsantrag in der EU
angeboten (6).
ChAdOx1 nCoV-19-Vakzine
(vormals AZD1222)
Zulassung:
Der erste Vektorimpfstoff gegen COVID-19 wurde von der
Europäischen Kommission (European Commission = EC) am 29.1.2021
für Menschen ab 18 Jahren bedingt zugelassen (7). Der
an der Universität Oxford
und deren Partnerfirma AstraZeneca entwickelte
Impfstoff hat
bereits einen Monat zuvor eine Notfallzulassung in Großbritannien
erhalten und es wurden schon mehrere Millionen Briten damit geimpft.
Die US-amerikanische Behörde FDA und die Arzneimittelbehörde
in der Schweiz (Swissmedic) haben ChAdOx1 nCoV-19
noch nicht zugelassen. Swissmedic
fordert noch mehr Daten zur Wirksamkeit (8).
Beschreibung
(nach 9):
Die gelieferten Glasfläschchen enthalten 8 bzw. 10 Dosen
ChAdOx1 nCoV-19-Vakzine.
Eine Dosis (0,5 ml) enthält „nicht weniger als“
2,5 x 108
infektiöse Einheiten des adenoviralen Vektors (vom Schimpansen),
der die DNA des SARS-CoV-2-Spike-Glykoproteins (ChAdOx1-S)
transportiert. ChAdOx1-S wird in „human
embryonic kidney“ (HEK)293-Zellen mittels rekombinanter
DNA-Technologie hergestellt.
Zu den weiteren deklarierten Hilfsstoffen der Vakzine zählen
u.a. L-Histidin, Polysorbat 80 (E 433) und Ethanol.
Die ungeöffneten
Fläschchen können 6 Monate im Kühlschrank bei +2
bis +8°C gelagert werden. Nach der Öffnung dürfen
maximal 48 Stunden lang weitere Impfdosen entnommen werden. Die
Impfung besteht aus zwei Dosen mit jeweils 0,5 ml, wobei der vom
Hersteller empfohlene Abstand zwischen den beiden Impfungen
4-12 Wochen beträgt. Der Impfschutz tritt etwa 3 Wochen
nach der 1. Impfung ein und ist etwa 2 Wochen nach der
2. Impfung vollständig. Die Dauer der durch die Impfung
induzierten Immunität ist, wie bei den mRNA-Vakzinen, nicht
bekannt.
Kontraindikation ist eine
Überempfindlichkeit gegen den Impfstoff sowie gegen die o.g.
Hilfsstoffe (25). Bei Kindern, Schwangeren, Stillenden und
Immunsupprimierten wurde die Vakzine bislang nicht geprüft. Wie
bei allen anderen COVID-19-Vakzinen müssen Chargennummer und
Name des Geimpften nachvollziehbar dokumentiert und alle
unerwünschten Reaktionen an die für die Pharmakovigilanz
zuständigen Behörden gemeldet werden (vgl. 26).
Studienübersicht:
Es sind bislang 4 Phase-I-, 7 Phase-II- und
5 Phase-III-Studien mit der ChAdOx1 nCoV-19-Vakzine
gemeldet
(10). Die
noch laufenden Studien werden
mit > 60.000 Probanden
über 18 Jahren in Großbritannien, Japan, Russland,
Südafrika, Kenia und Südamerika durchgeführt. Während
die Studien mit den mRNA-Vakzinen überwiegend in Nordamerika und
Europa durchgeführt wurden, ist von Beginn an das
Studienprogramm von AstraZeneca auf eine weltweite Prüfung und
Anwendung der ChAdOx1 nCoV-19-Vakzine
ausgerichtet.
Bei der Auswertung zu
Wirksamkeit und Sicherheit (s.u.) werden die Daten aus 4 noch
laufenden, einfach verblindeten Phase-I-III-Studien (COV001-003 und
005) verwendet. Dabei wird die ChAdOx1 nCoV-19-Vakzine
teilweise mit
einem zugelassenen Meningokokken-Impfstoff (MenACWY)
verglichen und teilweise mit Kochsalzlösung. Es werden auch
unterschiedliche Dosen und Impfschemata angewendet.
COV001 ist eine
Phase-I/II-Studie mit 1.077 britischen Probanden zwischen
18-55 Jahren. Getestet wurde die Einmal- vs. eine Doppelimpfung.
Im Vergleichsarm wurde mit einem Meningokokkenimpfstoff (MenACWY)
geimpft. Ein Teil der Probanden erhielt prophylaktisch Paracetamol
(11).
COV002 ist eine
Phase-II/III-Studie mit 12.390 britischen Probanden. Ein kleiner Teil
war ≥ 70 Jahre (n = 444). Getestet wurde mit
Impfabständen von 4-12 Wochen eine Einmal- vs. eine
Doppelimpfung und – versehentlich (s.u.) – die
Standarddosis vs. eine reduzierte Dosis. Im Vergleichsarm wurde
zweimal mit MenACWY geimpft. Ein Teil der Probanden erhielt
prophylaktisch Paracetamol (12).
COV003 ist eine
Phase-III-Studie mit 10.300 brasilianischen Probanden > 18 Jahre
(gesund oder mit stabiler chronischer Erkrankung). Getestet wurde die
doppelte Impfung in Standarddosis. Im Vergleichsarm wurde zuerst mit
MenACWY geimpft, bei der 2. Impfung jedoch mit Kochsalzlösung.
Alle Probanden erhielten prophylaktisch Paracetamol (13).
COV005 ist eine
Phase-I/II-Studie mit 2.070 südafrikanischen Probanden zwischen
18-65 Jahren, davon 100 mit HIV-Infektion. Getestet wurde die
Doppelimpfung in Standarddosis. Im Vergleichsarm wurde zweimal mit
Kochsalzlösung geimpft und Paracetamol
nur bei Bedarf gegeben (14).
Analysen aus dieser bislang nicht publizierten Studie haben zuletzt
starke Zweifel an der Wirksamkeit der ChAdOx1 nCoV-19-Vakzine
bei der sog. südafrikanischen Mutation (B.1.351) geweckt und zum
Abbruch der Impfungen in Südafrika geführt (15).
Die Unterrepräsentation
älterer Personen (< 2%) hat dazu geführt, dass
sowohl die deutsche „Ständige Impfkommission“
(STIKO) am Robert Koch Institut als auch das nationale
österreichische Impfgremium eine Anwendung der
ChAdOx1 nCoV-19-Vakzine
nur für
Personen von 18-64 Jahren empfiehlt (16, 17). Demgegenüber
hat die britische Arzneimittelbehörde (MHRA) diesen Impfstoff
auch für ältere Personen zugelassen.
Insgesamt
sind Studienprogramm und die unterschiedliche Zusammenführung
der Ergebnisse aus den 4 Studien in den bisherigen Publikationen
auch für Experten schwer verständlich (27). Besonders
irritierend war, dass
–
angeblich wegen Änderungen im Herstellungsprozess –
versehentlich bei einem Teil der britischen Probanden nur die halbe
Impfdosis (2,5 x 1010
virale Partikel) bei der 1. Impfung gegeben wurde (sog.
„Low-dose“-Kohorte; n = 1.367). Diese nicht
vordefinierte Subgruppe wies dann überraschenderweise aber die
höchste Wirksamkeit auf (s.u.). Diese Unregelmäßigkeiten,
wie auch der Streit zwischen AstraZeneca und der EC zu den
vertraglich vereinbarten und gelieferten Kontingenten, haben das
Vertrauen in die Vakzine und ihren Hersteller sicher nicht gestärkt.
Sicherheit:
Die Daten in Tab. 1 stammen aus den britischen
Zulassungsunterlagen (18). Sie basieren auf einer Zwischenanalyse der
gepoolten Ergebnisse aus den 4 Studien COV001/002/003/005 vom
4.11.2020 mit insgesamt 23.745 Geimpften. Wegen der geringen
Zahl älterer Probanden, ist eine altersabgestufte Analyse wie
bei den mRNA-Impfstoffen nicht sinnvoll. Die angegebenen Werte zur
Reaktogenität (lokale und systemische unerwünschte
Arzneimittelereignisse = UAE nach 7 Tagen) basieren auf einer
Auswertung von 5.145 Personen, deren UAE systematisch mittels
Impftagebuch erfasst wurden. Dabei zeigt sich, dass die
ChAdOx1 nCoV-19-Vakzine
in den ersten 7 Tagen um ca. 50% häufiger lokale und
systemische UAE verursacht als der Meningokokken-Impfstoff in der
Kontrollgruppe. Im indirekten Vergleich mit den mRNA-Impfstoffen
(z.B. Moderna Covid-19-Vakzine, Alterskohorte 18-65 Jahre)
scheint die 2. Dosis besser vertragen zu werden (lokale UAE
46,8% vs. 90,3% und systemische UAE 44,6% vs. 81,9%).
Bei 168 Studienteilnehmern wurden schwerwiegende UAE
beschrieben: 79 mit ChAdOx1 nCoV-19
und 89 mit der Kontrolle. Ein Proband in der Kontrollgruppe
entwickelte eine hämolytische Anämie, ein Patient mit
ChAdOx1 nCoV-19
14 Tage
nach der Zweitimpfung eine transverse Myelitis (neuroimmunologische
Erkrankung des zentralen Nervensystems). Zwei weitere Fälle von
transverser Myelitis (10 Tage nach der 1. Impfung mit
ChAdOx1 nCoV-19
und 68 Tage nach MenACWY) wurden durch ein unabhängiges
neurologisches Expertengremium nicht im Zusammenhang mit der Impfung
interpretiert. Es gab zudem auch noch eine neue Diagnose von
Multipler Sklerose im Arm mit ChAdOx1 nCoV-19,
wobei die MRT-Befunde darauf hinwiesen, dass diese Erkrankung schon
zuvor bestanden hatte. Insgesamt
wurden mehr neurologische UAE mit ChAdOx1 nCoV-19
beobachtet (11,7% vs. 7,8%);
meist handelte es sich dabei um Kopfschmerzen (9,3% vs. 6,1%).
Allergische Reaktionen wurden nicht explizit berichtet. Eine
anaphylaktische Reaktion trat 64 Tage nach der Impfung auf, ein
Zusammenhang ist somit nicht sehr wahrscheinlich. Vier Probanden
starben, einer im ChAdOx1 nCoV-19-Arm
und drei im Kontrollarm. Als Todesursachen wurden Verkehrsunfall,
stumpfes Gewalttrauma, Tötungsdelikt und eine Pilzpneumonie
genannt.
Wirksamkeit:
Primärer Studienendpunkt in 2 der 4 Studien (COV002 und
003) war die Verhinderung eines bestätigten, symptomatischen
Auftretens von COVID-19 14 Tage nach der 2. Impfung. Ein
Krankheitsfall war definiert über einen positiven RT-PCR-Test
und das Vorhandensein von mindestens einem der nachfolgenden
Symptome: Fieber ≥ 37,8°C, Husten, Kurzatmigkeit,
Geruchs- oder Geschmacksverlust. Jeder Fall musste von einem
verblindeten „Endpoint Review Commitee“ bestätigt
werden. Die Daten aus COV001 und COV005 fehlen in dieser ersten,
vorab am 8.12.2020 publizierten Zwischenanalyse (19), weil die
prädefinierte Mindestfallzahl von COVID-19 (mindestens 5) in
diesen Studien noch nicht erreicht war. Der primären Analyse zur
Wirksamkeit liegen somit die Daten von 11.636 Probanden aus
Großbritannien und Brasilien zu Grunde, die beide Impfungen
erhalten hatten; davon waren 86,7% im Alter von 18-55 Jahren
(mittleres Alter 40 Jahre) und 60,5%
Frauen.
Die mediane Nachbeobachtungszeit beträgt 3,4 Monate.
Insgesamt
wurden in dieser Zeit 131 Fälle von COVID-19
diagnostiziert, 30 im ChAdOx1 nCoV-19-Arm (0,5%) und 101 im
Kontrollarm (1,7%). Hieraus errechnet sich eine relative Wirksamkeit
der Impfung von insgesamt 70,4% (95%-Konfidenzintervall: 54,8-80,6).
Unter den 1.367 Geimpften, die versehentlich eine geringere
Erstdosis erhalten hatten, lag die Wirksamkeit der Impfung bei 90% (3
vs. 30 COVID-19-Fälle im Kontrollarm), bei allen übrigen
nur bei 62,1% (15 vs. 38 Fälle). Als mögliche
Erklärungen hierfür werden diskutiert, dass das Immunsystem
der Geimpften auch eine Immunantwort gegen den Vektor entwickelt und
der Effekt der 2. Impfung dadurch abgeschwächt wird, weil
viele Vektor-Adenoviren schon inaktiviert werden, bevor sie die
Wirtszelle infizieren. Eine weitere diskutierte Erklärung ist,
dass die Wirksamkeit durch das längere Intervall zwischen den
beiden Impfungen in der Low-dose-Kohorte erhöht wurde (53,6%
≥ 12 Wochen). Letztlich kann dieser Befund aber bei den
geringen Fallzahlen auch Zufall sein. Mögliche
Erklärungen hierfür werden in einem begleitenden Editorial
ausführlicher diskutiert (20).
Die
von den Autoren berechneten Ergebnisse (70,4%) suggerieren eine
deutlich geringere Wirksamkeit, verglichen mit den mRNA-Impfstoffen
(> 90%). Ein derartiger indirekter Vergleich ist jedoch aus
unserer Sicht nicht zulässig, u.a. weil die Studien
unterschiedliche Probanden in unterschiedlichen Regionen der Welt
eingeschlossen haben, in denen teilweise auch schon stärker
ansteckende Virusvarianten kursierten. Zudem unterscheiden sich die
Studien mit ChAdOx1 nCoV-19
in ihrer
Durchführung deutlich (Einschlusskriterien, verwendete
Impfdosis, Impfabstand, Vergleichstherapie), was externe Vergleiche
erschwert.
Bei
dem wesentlich wichtigeren Endpunkt, der Verhinderung von
Krankenhausbehandlungen bzw. schweren COVID-19-Verläufen („WHO
clinical progression score“ ≥ 4; vgl. 28) 2 Wochen
nach der 2. Dosis, betrug die Wirksamkeit der Impfung 100% (0
vs. 5 Fälle). Für die Interpretation dieses
Ergebnisses müssen jedoch weitere Zwischenanalysen mit mehr
Fällen abgewartet werden.
Eine
Reihe von Zwischenanalysen aus den 4 Studien haben weitere
Informationen ergeben, die ebenfalls mit Vorsicht gedeutet werden
müssen. Dazu zählt ein „Preprint“ im Lancet vom
7.12.2020 (21). Basierend auf 332 Patienten mit COVID-19 und 619
positiven Abstrichen bei 17.177 initial seronegativen Probanden wird
darin eine Wirksamkeit der ChAdOx1 nCoV-19-Vakzine ab Tag 22
nach der 1. Impfung von 76% berechnet. Außerdem habe man
Hinweise darauf, dass die Wirksamkeit mit den Abständen zwischen
beiden Impfungen ansteigt: 54,9% bei < 6 Wochen und
82,4% nach ≥ 12 Wochen. Aus dieser
Auswertung ergaben sich auch schwache
Hinweise darauf, dass die Impfung mit ChAdOx1 nCoV-19
zum Teil auch vor asymptomatischen Infektionen schützen könnte.
Für diesen Teil der Studie standen Daten von 6.638 Teilnehmern
zur Verfügung, von denen 69 eine asymptomatische Infektion
entwickelten. Die Auswertung in der Gruppe mit der niedrigeren
1. Dosis ergab einen, wenn auch geringen Schutz gegen eine
asymptomatische Infektion (58,9%; CI: 1,0-82,9), was Hoffnung
weckt auf eine gewisse Abschwächung der Infektionskette
(vgl. 20, 22).
Eine
weitere post-hoc-Auswertung zu den älteren Studienteilnehmern
(12) konzentrierte
sich auf die Frage, ob ChAdOx1 nCoV-19
auch
bei Älteren eine ausreichende Immunität induziert.
Insgesamt
3 Alterskohorten wurden in diese Analyse eingeschlossen, 160 im
Alter von 18-55, 160 im Alter von 56-69 Jahren und 240
> 70 Jahre alt. Die Titer der gegen das
Spike-Glykoprotein von SARS-CoV-2 gerichteten neutralisierenden
IgG-Antikörper waren 28 Tage nach der 2. Impfung in
allen Gruppen ähnlich hoch, genauso wie die Ergebnisse der gegen
das Spike-Glykoprotein gerichteten T-Lymphozyten.
Dies weist darauf hin, dass ChAdOx1 nCoV-19
möglicherweise auch bei älteren Personen ausreichend
wirksam ist.
Alle
diese Überlegungen und Thesen stammen aus post-hoc-Analysen,
sind vorläufig und meist nicht „peer reviewed“.
Angesichts fehlender Impfstoffe gegen SARS-CoV-2 wurden sie rasch
publiziert und breit diskutiert. Die Evidenz für diese
Ergebnisse –
ebenso wie die Beobachtungen in der Low-dose-Gruppe –
reichen aus unserer Sicht jedoch nicht aus, um das vom Hersteller
vorgegebene Impfschema zu verändern.
Immunogenität
(11):
In der COV001-Studie wurde die Immunantwort von ChAdOx1 nCoV-19
bei
543 Personen gemessen. Der Höhepunkt der spezifischen
T-Zell-Immunität wurde an Tag 14 nach Impfung erreicht. Die
Titer der neutralisierenden IgG-Antikörper lagen an Tag 28
nach der Impfung im Median bei 157 ELISA-Einheiten und stiegen
nach der 2. Dosis deutlich an auf 639 ELISA-Einheiten.
Neutralisierende Antikörper gegen SARS-CoV-2 wurden bei 91% nach
einer Einzeldosis und bei 100% nach der 2. Dosis nachgewiesen.
Mögliche Vorteile
Adenovirus-basierter Impfstoffe:
Sie
benötigen beim Transport keine Kühlkette mit sehr niedrigen
Temperaturen, was die Lagerung und den Transport vereinfacht.
Außerdem sind die Kosten niedriger, sodass sie auch für
Entwicklungsländer erschwinglich sind. Sie sind robuster in der
Handhabung als die mRNA-Impfstoffe, denn diese können durch
unsachgemäßes Auftauen, durch stärkeres Schütteln
oder durch zu schnelle Durchführung der Injektionen an
Wirksamkeit verlieren, weil die Lipidhülle zerstört wird.
Adenovirus-basierte Impfstoffe können auch in Hausarztpraxen
verimpft werden, wo die medizinische Vorgeschichte der Impflinge gut
bekannt ist und deshalb auch die Aufklärung meist besser
erfolgen könnte. Außerdem könnten für
gebrechliche Menschen mitunter lange und mühsame Wege zu einem
Impfzentrum vermieden werden.
Justierung der
Impfstoffe auf Mutationen sowie Auffrischimpfungen:
Es muss
damit gerechnet werden, dass die protektive Immunität gegen
COVID-19 mit keinem der derzeit verfügbaren Impfstoffe über
mehrere Jahre anhält und dass vielleicht immer wieder
Auffrischimpfungen nötig werden. Auch ist es möglich, dass
durch Mutationen des SARS-CoV-2, die auch im Spike-Protein auftreten
können (23), Impfstoffe unwirksam werden und nachjustiert werden
müssen. Dies wird möglicherweise nicht ganz so schnell und
häufig wie bei den Grippe-Impfstoffen notwendig sein, da die
Grippe-Viren über mehr genetische Möglichkeiten der
Veränderung verfügen („Immune-Escape“). Bei den
Adenovirus-basierten Impfstoffen muss außerdem bedacht werden,
dass eine starke Immunreaktion gegen das Adenovirus selbst die
Wirksamkeit abschwächen kann. Bei beiden Impfstofftechnologien
sind Langzeit-Nachbeobachtungen daher sehr wichtig.
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