Artikel herunterladen

Kein Anhalt für eingeschränkte Fertilität bei Frauen nach Impfung gegen SARS-CoV-2 mit Vaxzevria®

In verschiedenen sozialen Medien kursiert die Behauptung, dass die Impfung gegen SARS-CoV-2 Frauen unfruchtbar machen könne (1, vgl. 2). Begründet wird die Behauptung u.a. damit, dass die durch die Impfung entstandenen Antikörper auch gegen Bestandteile der Plazenta wirken und so zur Unfruchtbarkeit führen. Der Leiter des Plazenta-Labors und der Direktor der Klinik für Geburtsmedizin des Universitätsklinikums Jena erklären in einer Stellungnahme, dass die Behauptungen völlig unbegründet sind (3): Das Spike-Glykoprotein von SARS-CoV-2, gegen das sich die Antikörper richten, besteht aus 1.273 Aminosäuren. Darin enthalten ist die aus 5 Aminosäuren bestehende Sequenz VVNQN. Eine ähnliche, aber nicht identische Sequenz aus 5 Aminosäuren (VVLQN) befindet sich in Syncytin-1, einem Protein aus 538 Aminosäuren, das in der menschlichen Plazenta gebildet wird. Die Strukturähnlichkeit beträgt also nur ca. 0,75%. Darüber hinaus liegt die VVLQN-Aminosäuren-Sequenz im Synzytiotrophoblasten – diese sezernieren lytische Enzyme und andere Faktoren, welche das Endometrium abbauen – unterhalb der Oberfläche zwischen den beiden Lipidschichten der Oberflächenmembran und ist somit für Antikörper gegen SARS-CoV-2, unabhängig davon, ob nach Impfung oder bei COVID-19 gebildet, nicht direkt erreichbar. Außerdem weisen die Fachleute darauf hin, dass gemäß der Behauptung auch COVID-19 zu einer Infertilität führen müsse, da in dem Fall ebenfalls Antikörper gegen das Corona-Spike-Protein gebildet werden. Die Behauptung wird auch durch die Erfahrungen an COVID-19 erkrankter Frauen nach fast 2 Jahren Pandemie nicht bestätigt (vgl. 6).

Nun ergibt sich auch aus Studiendaten keinerlei Anhalt dafür, dass eine Impfung gegen SARS-CoV-2 zur Unfruchtbarkeit führt. Hillson et al. (4) verglichen die Anzahl von Schwangerschaften bei insgesamt 9.755 Studienteilnehmerinnen aus vier laufenden Phase-I-, -II- und -III-Studien mit Vaxzevria® (vormals ChAdOx1 nCoV-19-Vakzine von AstraZeneca), die im Rahmen der Zulassung des Impfstoffs in drei Ländern durchgeführt werden (Vereinigtes Königreich, Brasilien, Südafrika). Teilnehmerinnen im gebärfähigen Alter (≤ 49 Jahre) erhielten randomisiert entweder Vaxzevria® oder Plazebo. Schwangerschaft war in allen vier Studien ein Ausschlussgrund. Vor der Impfung wurde ein Urintest auf Beta-HCG durchgeführt. Alle Schwangerschaften nach der Impfung wurden dokumentiert und über drei Monate nach der Geburt nachverfolgt.

Insgesamt 121 (1%) der 9.755 Teilnehmerinnen berichteten von einer Schwangerschaft. Ein Unterschied zwischen der Verum- und Kontrollgruppe hinsichtlich der Rate an allen Schwangerschaften und an intakten Schwangerschaften bestand nicht (p = 0,53 bzw. p = 0,80). Auch beim Risiko für Fehl- oder Frühgeburten unterschieden sich die beiden Gruppen nicht (jeweils p = 0,51).

Den Unfruchtbarkeits-Mythos gab es übrigens schon bei anderen Impfungen (5). So hatten beispielsweise in Nigeria muslimische Geistliche verbreitet, dass dem Impfstoff gegen Polio ein Mittel beigemischt werde, mit dem Christen Muslime unfruchtbar machen wollten. Es kam zu einem Boykott der Impfungen, in dessen Folge in Nigeria noch bis 2014 Polio-Ausbrüche auftraten.

Fazit: Die Behauptung, dass eine Impfung gegen SARS-CoV-2 zur Unfruchtbarkeit von Frauen führt, ist biologisch und pathophysiologisch nicht plausibel. Nun ergibt sich auch auf der Basis von Studiendaten kein Anhalt für eine eingeschränkte Fertilität nach Impfung mit Vaxzevria®.

Literatur

  1. https://correctiv.org/faktencheck/2021/01/ 14/keine-belege-dass-die-covid- 19-impfung-unfruchtbar-macht/ Link zur Quelle
  2. AMB 2021, 55, 47. Link zur Quelle
  3. https://www.uniklinikum-jena.de/geburtsmedizin_media/ 1_Wir+sind+f%C3%BCr+Sie+da/ Impfung_unfruchtbarkeit.pdf Link zur Quelle
  4. Hillson, K., et al.: Lancet 2021. Online veröffentlicht am 21. Oktober. Link zur Quelle
  5. https://www.swr.de/wissen/ durch-corona-impfung-unfruchtbar-100.html Link zur Quelle
  6. https://www.pei.de/SharedDocs/Downloads/DE/ newsroom/dossiers/sicherheitsberichte/sicherheitsbericht -27-12-20-bis-30-09-21.pdf?__blob= publicationFile&v=8 Link zur Quelle