Die
Pneumocystis-carinii-Pneumonie (PCP) bleibt trotz der inzwischen allgemein
üblichen PCP-Prophylaxe die häufigste opportunistische Infektion, die das
Vollbild des AIDS definiert. Mittel der Wahl zur Primärprophylaxe ist
Co-trimoxazol bei Patienten mit einer CD4-Zellzahl unter 200/µl; die
Sekundärprophylaxe wird als lebenslange Erhaltungstherapie nach durchgemachter
PCP ebenfalls mit Co-trimoxazol durchgeführt.
Die antiretrovirale
Therapie, bei der im Regelfall zwei Nukleosidanaloga mit einem Proteaseinhibitor
kombiniert werden (sogenannte Tripel-Therapie oder hochaktive antiretrovirale
Therapie = HAART), führt zu einem eindrucksvollen Rückgang der Virusreplikation
und wieder ansteigender Zahl der CD4-T-Lymphozyten. Es ist jedoch fraglich,
inwieweit die wieder ansteigenden CD4-T-Lymphozyten das Immunsystem funktionell
so wiederherstellen können, daß es nicht zu opportunistischen Infektionen
kommt. Insofern verdient die Studie von Schneider, M.M.E., et al. (1)
Beachtung, in der Patienten bei wieder ansteigenden CD4-Zellzahlen (>
200/µl) ohne PCP-Prophylaxe beobachtet wurden.
In diese
prospektive Studie wurden 78 Patienten eingeschlossen (62 mit Primärprophylaxe
und 16 mit Sekundärprophylaxe einer PCP). Vor Beginn der antiretroviralen
Therapie betrug die CD4-T-Lymphozytenzahl im Durchschnitt 79/µl (30 Patienten
< 50/µl und 14 < 25/µl). Die PCP-Prophylaxe wurde erst dann gestoppt,
wenn zwei CD4-Zellzahlen oberhalb von 200/µl lagen; im Durchschnitt betrug die
CD4-Zellzahl beim Absetzen von Co-trimoxazol 347/µl. Die mittlere Zeit zwischen
dem Beginn der Tripel-Therapie und dem Beenden der PCP-Prophylaxe betrug 9,8
Monate. Während der Nachbeobachtungszeit von 12,7 Monaten trat bei keinem
Patienten eine PCP auf.
Seit der Einführung
der HAART konnte ein deutlicher Rückgang der opportunistischen Infektionen und
der Sterblichkeit beobachtet werden (2). Es gab jedoch trotz steigender
CD4-Zellzahlen bisher wenig konkrete Hinweise, inwieweit die Funktion der
CD4-Zellen erhalten ist und damit ein Schutz vor Infektionen gegeben ist. Diese
Studie zeigt, daß auch nach längerem Absetzen der Prophylaxe keine PCP
aufgetreten sind.
Zu einem ähnlichen
Ergebnis kommt auch die aktuell veröffentlichte ”Swiss HIV cohort Study"
(5).
Es bleibt die
Frage, wann die PCP-Prophylaxe ohne nachteilige Effekte für den Patienten
abgesetzt werden kann und wie lange der Zeitraum zwischen dem Beginn der HAART
und dem Absetzen der Prophylaxe sein soll. Da der Anstieg der CD4-Zellzahlen
nicht von Dauer ist, bleibt somit auch die Frage, wann die PCP-Prophylaxe
wieder begonnen werden sollte.
Andere
Studien zur Häufigkeit opportunistischer Infektionen nach Beginn einer HAART
scheinen zu belegen, daß die protektiven Effekte auch für andere
opportunistische Infektionen gelten. Im Hinblick auf die CMV-Retinitis konnte
gezeigt werden, daß bei steigenden CD4-Zahlen und Weglassen der
Erhaltungstherapie keine erneute Aktivierung auftrat (3). Auch einige andere
opportunistische Infektionen können günstig beeinflußt werden (4). Zur
PCP-Prophylaxe lagen jedoch bisher keine größeren Studien vor.
Fazit: Die Ergebnisse der
genannten Studie lassen den Schluß zu, daß die PCP-Prophylaxe bei
HIV-Infizierten unter einer hochaktiven antiretroviralen Therapie ausgesetzt
werden kann, wenn die CD4-Zellzahl auf > 200/µl angestiegen ist. Es ist
jedoch noch unklar, ob es bei erneutem Abfall der CD4-Zahl ausreicht, erst bei
< 200/µl mit der PCP-Prophylaxe wieder zu beginnen.
Literatur
-
Schneider,
M.M.E., et al.: Lancet 1999, 353, 201.
-
Palella, F.J.,
et al.: N. Engl. J. Med. 1998, 338, 853.
-
MacDonald, J.C.,
et al.: J. lnfect. Dis. 1998, 177, 1182.
-
Sepkowitz, K.A.:
Lancet 1998, 351, 228.
-
Furrer, H., et
al.: N. Engl. J. Med. 1999, 340, 1301.
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