Aus den
USA kommen Meldungen, daß Patienten, die mit dem monoklonalen Antikörper gegen
Tumor-Nekrose-Faktor alpha (Infliximab, Remicade) behandelt werden, vermehrt an
Tuberkulose erkranken. Infliximab ist seit 1998 in den USA zugelassen und wurde
seither bei über 120000 Patienten mit M. Crohn oder Rheumatoider Arthritis
angewendet. Wir haben über die Wirksamkeit von Infliximab berichtet (AMB 1999, 33, 61b und 2000, 34, 61b).
Ärzten
aus Boston sind zwei Fälle von Tuberkulose aufgefallen, die bei Patienten mit
M. Crohn unter Infliximab-Therapie aufgetreten waren. Sie analysierten
daraufhin alle spontanen Berichte über Tuberkulosefälle bei Patienten mit
Infliximab, die der FDA in den vergangenen 2 Jahren gemeldet wurden (Keane, J.,
et al.: N. Engl. J. Med. 2001, 345, 1098). Sie stützten sich auf das
Berichtsystem für unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) der FDA (AERS: Adverse
Event Reporting System). In dieser Datenbank werden
spontane Berichte über UAW gesammelt.
Insgesamt
fanden sich 70 Berichte über aktive Tuberkulosen in den USA unter
Infliximab-Therapie. Über die Hälfte der Patienten hatten eine extrapulmonale
und ein Viertel der Patienten eine disseminierte Tuberkulose. Infliximab wurde
jeweils abgesetzt und eine tuberkulostatische Therapie eingeleitet. 12
Patienten starben. An Hand epidemiologischer Daten berechneten die Autoren eine
Inzidenz der Tuberkulose bei immunsuppressiv behandelten US-amerikanischen
Rheuma-Patienten ohne Infliximab von 6,2/100000 und mit Infliximab von
24,4/100000, also ein etwa 4fach erhöhtes Risiko. Die Zahlen sind aber
möglicherweise wesentlich höher, da sie sich auf ein freiwilliges und spontanes
Berichtsystem stützen. Weiterhin fanden sie in dem Register eine Häufung
anderer opportunistischer Infektionen unter Infliximab-Therapie wie Listeriose,
Pneumocystis-carinii-Pneumonie, Histoplasmose und Aspergillose.
Diese
Analysen führten am 5. Oktober 2001 zu einer Warnung der Herstellerfirma und
einer Ergänzung des Beipackzettels in den USA. Es wird nunmehr empfohlen, bei
Patienten vor Beginn einer Therapie mit Infliximab einen Tuberkulin-Hauttest zu
machen. Fällt dieser Test positiv aus, soll der Infliximab-Behandlung eine
tuberkulostatische Behandlung vorausgehen.
Am 24.
Oktober 2001 folgte ein weiterer Warnbrief der Herstellerfirma von Infliximab.
Im Rahmen der Weiterführung einer Phase-II-Studie zum Anwendungsgebiet
dekompensierte Herzinsuffizienz war aufgefallen, daß sich herzinsuffiziente
Patienten, insbesondere unter höheren Dosen von Infliximab, häufiger kardial
verschlechterten und sich sogar eine höhere Sterblichkeit ergab. Daher soll bei
Patienten mit Rheumatoider Arthritis oder M. Crohn und gleichzeitig bestehender
Herzinsuffizienz keine Therapie mit Infliximab mehr eingeleitet bzw. eine
bereits laufende Therapie mit Infliximab beendet werden, wenn sich eine
Herzinsuffizienz entwickelt.
Fazit: Der monoklonale
Antikörper gegen Tumor-Nekrose-Faktor alpha, Infliximab, führt offenbar zu
einer Häufung von Tuberkulose-Erkrankungen und zu einer Verschlechterung einer
Herzinsuffizienz. Daher sollte jeder Therapie mit Infliximab ein
Tuberkulose-Screening vorausgehen und bei Herzinsuffizienz auf die Therapie mit
Infliximab verzichtet werden.
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