Die pulmonale Hypertonie (PH) ist schwer zu
behandeln. In schweren Fällen kann durch dauerhafte Inhalation von Stickoxid
(NO) oder Infusion von Prostazyklin der arterielle pulmonale Druck gesenkt
werden. Inhalativ oder oral verabreichbare Medikamente (z.B. Iloprost oder
Bosentan) sind zwar bereits untersucht, aber noch nicht ausreichend zu
beurteilen (s.a. 1, 2). Patienten mit primärer oder sekundärer PH haben in der
Ausatmungsluft viel weniger NO als Gesunde. Der lokale Vasodilatator NO wird in
der Lunge selbst durch die NO-Synthetasen Typ II und III gebildet, erreicht
aber nur in geringen Mengen den arteriellen Kreislauf.
H.A. Ghofrani et al. aus Gießen veröffentlichten
jetzt im Lancet (3) die Ergebnisse einer Pilotstudie, in der die Wirkung von 50
mg oralem Sildenafil als Einzeldosis mit dem einer Dauerinfusion von
Epoprostenol in einer ohne wesentliche Nebenwirkung tolerierten Dosis bei 16
Patient(inn)en mit Lungenfibrose und schwerer pulmonaler Hypertonie (> 35 mm
Hg) und einem pulmonal-kapillären Verschlußdruck < 15 mm Hg verglichen
wurde. Sildenafil ist ein Typ-V-Phosphodiesterase-Inhibitor, der für erektile
Impotenz unter dem Namen Viagra im Handel ist, Epoprostenol ist ein
Prostaglandin. Initial wurden bei den während der gesamten Zeit horizontal
gelagerten Patienten der hämodynamische Effekt von inhaliertem NO bei
zusätzlicher Sauerstoffatmung mittels Swan-Ganz-Katheter und der Gasaustauch
gemessen. Nach Rückkehr der Werte auf den Ausgangszustand wurden die Effekte
der beiden Medikamente miteinander und retrospektiv mit dem der NO-Inhalation
verglichen.
Der pulmonale Widerstands-Index wurde durch NO um im
Mittel 21,9%, durch Epoprostenol um 36,9% und durch Sildenafil um 32,5%
gesenkt. Der Quotient aus pulmonalem und peripher-arteriellem Widerstand fiel
aber nur unter NO und Sildenafil ab, d.h. Epoprostenol senkte den Blutdruck
unerwünscht stark. Während Epoprostenol die Perfusion schlecht ventilierter
Lungenabschnitte deutlich steigerte, trat dieser unerwünschte Effekt bei NO und
Sildenafil nicht auf. Sildenafil steigerte zudem den peripher-arteriellen
Sauerstoff-Partialdruck.
Somit ist Sildenafil ein Kandidat für die orale
Therapie von Patienten mit Lungenfibrose und pulmonaler Hypertonie. Hier sei
daran erinnert, daß Theophyllin, ein seit langem angewandtes Therapeutikum bei
Patienten mit pulmonaler Hypertonie, ebenfalls ein Phosphodiesterase-Hemmer
ist, allerdings ein unspezifischer mit vielen UAW. In einem Editorial von R.A.
Dweik aus Cleveland/Ohio, USA, im gleichen Heft des Lancet werden die Befunde
als bemerkenswert und ermutigend gewürdigt (4). Außerdem werden die
Pathophysiologie der pulmonalen Hypertonie und die Rolle von NO in der Lunge
gut verständlich besprochen, so daß auch die Methodik des Artikels von Ghofrani
et al. dem Nicht-Pulmologen besser verständlich wird.
Fazit:
Sildenafil hat offenbar einen günstigen Effekt auf die Lungenhämodynamik bei
Lungenfibrose und pulmonaler Hypertonie. Von unerwünschten Erektionen als
Nebenwirkung ist in der Arbeit nicht die Rede. Dies war auch nicht zu erwarten,
da Erektionen nach Sildenafil nur bei aktuellem sexuellen Interesse auftreten.
Literatur
-
AMB 2002, 36, 73.
-
AMB 2002, 36, 61.
-
Ghofrani, H.A., et al.: Lancet
2002, 360, 895.
-
Dweik, R.A.: Lancet 2002, 360, 886.
|