Caspofungin
(Caspofungin MSD), eine halbsynthetische Lipopeptid-Verbindung (Echinocandin),
ist eine neue therapeutische Alternative zu Amphotericin B und den
Imidazolderivaten (z.B. Flu-, Itra- und Voriconazol, s.a. 1) für die Behandlung
von invasiven Pilzinfektionen. Echinocandine sind zyklische Hexapeptide mit
fungizider bzw. fungistatischer Wirkung gegen die meisten Candida- und
Aspergillusspezies sowie Pneumocystis carinii, nicht aber gegen Cryptococcus
neoformans. Echinocandine hemmen die Biosynthese von Beta(1,3)-D-Glukan, einem
wichtigen Bestandteil der Zellwand vieler Fadenpilze und Hefen. Sie können im
Unterschied zu den Imidazolderivaten nur parenteral gegeben werden und hemmen
nicht die Enzyme des Zytochrom-P450-Systems. Bisherige klinische Studien
zeigten eine gute Wirksamkeit von Caspofungin bei Schleimhaut-Candidiasis bei
nur geringer Leber- und Nierentoxizität (2, 3). Eine zwischen November 1997 und
Juni 2001 an insgesamt 56 Kliniken in 20 Ländern durchgeführte, von Merck
finanziell unterstützte doppeltblinde Studie hat jetzt die Wirksamkeit und
Sicherheit von Caspofungin mit konventionellem Amphotericin-B-Desoxycholat
(K-AMB) bei der primären Behandlung der invasiven Candidiasis verglichen (4).
In diese Studie wurden 239 Patienten (auswertbar 224; Alter über 18 Jahre) mit
einer oder mehreren positiven Candida-Kulturen (aus dem Blut oder anderen
normalerweise sterilen Körperregionen) und klinischen Hinweisen für eine
Infektion aufgenommen. Nach Randomisierung erhielten die Patienten entweder
initial 70 mg Caspofungin, gefolgt von 50 mg/d, oder 0,6-0,7 mg/kg K-AMB
(Patienten ohne Neutropenie) bzw. 0,7-1,0 mg/kg K-AMB (mit Neutropenie). Die
Verblindung der Prüfsubstanzen wurde durch die ”double-dummy”-Technik
gewährleistet. Caspofungin oder K-AMB wurde mindestens 10 Tage lang i.v.
gegeben. Anschließend wurde bei kulturell nachgewiesener Infektion mit C.
krusei oder C. glabrata die i.v. Therapie fortgesetzt oder Caspofungin bzw.
K-AMB durch Fluconazol (400 mg/d) ersetzt. Zielkriterium für die Wirksamkeit
der Substanzen war ein günstiges Gesamtansprechen auf die antimykotische
Therapie, definiert als Verschwinden aller Symptome und klinischen Zeichen der
Candida-Infektion. Der primäre Zeitpunkt für die Beurteilung der Wirksamkeit
war Tag 10 der i.v. Gabe; weitere Zeitpunkte waren das Ende der i.v. Therapie
bzw. der antimykotischen Therapie und zwei Nachbeobachtungstermine. Die vor
Studienbeginn definierte Studienpopulation, die stratifiziert nach Schweregrad
der Erkrankung und Vorhandensein einer Neutropenie hinsichtlich Wirksamkeit der
Prüfsubstanzen ausgewertet wurde, umfaßte zum einen Patienten in der ”modified
intention-to-treat analysis” (dokumentierte invasive Candidiasis mit Gabe des
Antimykotikums für zumindest einen Tag) und zum anderen eine Population von
Patienten mit speziellen Kriterien (u.a. keine gleichzeitige Gabe anderer
Antimykotika, Dauer der Studienbehandlung mindestens 5 Tage). Endpunkte zur
Beurteilung der Sicherheit waren u.a. Nephrotoxizität, andere
Medikamenten-assoziierte unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) und
Hypokaliämie. Knapp 60% der eingeschlossenen Patienten hatten einen Diabetes
mellitus, Leukämien bzw. Lymphome, Niereninsuffizienz oder eine HIV-Infektion,
und bei etwa 80% bestand eine Candidämie. Nur 11% der Patienten hatten bei
Beginn der Studie eine Neutropenie. Mit Ausnahme der in der K-AMB-Gruppe
signifikant häufiger nachgewiesenen C.-albicans-Infektionen unterschieden sich
beide Behandlungsgruppen nicht signifikant hinsichtlich wichtiger klinischer
Merkmale. Die mediane Dauer der Gabe von Caspofungin betrug 12,1 Tage und von
K-AMB 11,7 Tage. Die ”modified intention-to-treat analysis” ergab keine
signifikanten Unterschiede in der Wirksamkeit (günstiges Ansprechen für
Caspofungin 73,4% vs. 61,7% für K-AMB; p = 0,09) am Ende der i.v. Therapie,
jedoch einen signifikanten Vorteil für Caspofungin (günstiges Ansprechen 80,7%)
in der Untergruppe von Patienten mit speziellen Kriterien (siehe oben)
gegenüber K-AMB (64,9%; p = 0,03). Die Unterschiede in der Wirksamkeit waren in
erster Linie auf die bekannten toxischen UAW von K-AMB zurückzuführen (K-AMB
vs. Caspofungin: Nephrotoxizität 24,8 vs. 8,4%, Hypokaliämie 26,4% vs. 11,4%,
Infusions-assoziierte UAW 48,8% vs. 20,2%), die bei 23% der Patienten zu einem
Absetzen der Therapie mit K-AMB (Caspofungin: 2,6%) führten. Während der
Behandlung starben 39 Patienten in der Caspofungin- und 38 Patienten in der
K-AMB-Gruppe. Die in dieser Studie beobachtete Häufigkeit von
Candida-”non-albicans”-Infektionen (55%) bestätigt neuere epidemiologische
Untersuchungen zu den mikrobiologischen Merkmalen von Candidainfektionen (5).
Bemerkenswert ist auch, daß 5 von 9 Patienten in der Caspofungin-Gruppe mit
anhaltend positiven Kulturen Infektionen mit C. parapsilosis hatten.
Fazit: Caspofungin ist
bei Patienten mit invasiver Candidiasis zumindest ebenso gut wirksam wie
konventionelles Amphotericin B, besser verträglich, aber auch deutlich teurer
(Verzehnfachung der Tagestherapiekosten auf ca. 430 EUR). Die antimykotische
Wirksamkeit bei Patienten mit persistierender Neutropenie muß in weiteren
randomisierten Studien untersucht werden. Offene Fragen hinsichtlich
Caspofungin betreffen u.a. die Wirksamkeit und Sicherheit bei Kindern, der
Vergleich von Caspofungin mit liposomalem Amphotericin B und die möglicherweise
synergistische Wirksamkeit bei der Kombination mit Imidazolderivaten oder
Amphotericin B (5).
Literatur
-
AMB 2002, 36, 93b.
-
Villanueva, A.
et al.: Am. J. Med. 2002, 113, 294.
-
Arathoon, E.G.,
et al.: Antimicrob. Agents Chemother. 2002, 46, 451.
-
Mora-Duarte, J.
et al.: N. Engl. J. Med. 2002, 347, 2020.
-
Walsh,
T.J.: N. Engl. J. Med. 2002, 347, 2070.
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