Zusammenfassung: Die kardiale
Resynchronisationstherapie (CRT) ist eine effektive apparative Maßnahme zur
Besserung einer schweren Herzinsuffizienz bei Patienten mit verbreitertem
QRS-Komplex (≥ 120 ms) auf Grund eines Linksschenkelblocks, Nachweis
einer ventrikulären Asynchronie und stark eingeschränkter Pumpfunktion (EF ≤
35%). In diesen Fällen ist die Implantation des CRT-Systems als
Kombinationsgerät mit gleichzeitiger Defibrillatorfunktion gegebenenfalls
sinnvoll. Die Therapie sollte nur in erfahrenen Zentren angeboten und die
Patienten in einem Register nachverfolgt werden.
Die CRT ist eine neue, nicht unproblematische
Therapieoption für Patienten mit schwerer Herzinsuffizienz auf dem Boden einer
systolischen Funktionsstörung des linken Ventrikels mit Linksschenkelblock.
Typischerweise führt die intraventrikuläre Leitungsstörung bei
Linksschenkelblock zu einem asynchronen Kontraktionsablauf des linken
Ventrikels mit reduzierter Ejektionsfraktion, verkürzter diastolischer
Füllungszeit und funktioneller Mitralinsuffizienz (1-3).
Die simultane elektrische Stimulation der rechten und linken Herzkammer durch
die CRT, die sich unter diesem Namen allgemein durchgesetzt hat, führt zu einer
Koordination des durch den Linksschenkelblock gestörten linksventrikulären
Kontraktionsablaufs. Hingegen verschlechtert eine reine rechtsventrikuläre
Stimulation in dieser Situation die kardiale Auswurfleistung und kann deshalb
nicht zur Behandlung der Herzinsuffizienz eingesetzt werden (4, 5). Die Elektrode für den linken Ventrikel wird in
einer technisch aufwändigen und nicht risikolosen Katheterintervention durch
den rechten Vorhof in den Sinus coronarius in Richtung auf den linken Ventrikel
vorgeschoben.
Auswahl der Patienten (Abb. 1): Die üblichen Auswahlkriterien von Patienten für eine
CRT sind: QRS-Dauer über 120 ms (130 ms), eingeschränkte linksventrikuläre
Funktion (Ejektionsfraktion = EF < 35%) und Herzinsuffizienz des klinischen
Schweregrads NYHA III oder IV. Bei diesen Kriterien kann man bei bis zu einem
Drittel der Patienten keine Besserung der Herzinsuffizienz durch CRT
beobachten. Voraussetzung für eine effiziente CRT ist daher der Nachweis einer
inter- und/oder intraventrikulären Asynchronie (6,
7). Die interventrikuläre Dyssynchronie spiegelt sich in der
Differenz des ventrikulären Präejektionsintervalls zwischen der Pulmonalklappe
(QRS-Beginn bis Öffnung der Pulmonalklappe) und der Aortenklappe (QRS-Beginn
bis Öffnung der Aortenklappe) wider. Ein Wert über 40 ms gilt als signifikant.
Die intraventrikuläre Asynchronie ist gekennzeichnet durch die verspätete
Kontraktion der posterioren Wand im Vergleich zum Septum. Gemessen wird sie
typischerweise in der M-Mode-Echokardiografie in der kurzen parasternalen
Achse. Ein Wert von ≥ 130 ms identifiziert Patienten, die mit der CRT
deutlich gebessert werden können. Das Ausmaß der intraventrikulären
Kontraktionsverzögerung ist kein Schwellenwert, sondern verändert sich
kontinuierlich. Nicht bei jedem Patienten gelingt es, das Ausmaß der
intraventrikulären Dyssynchronie eindeutig zu messen, da entweder die
Ultraschallbedingungen unzureichend sind oder - gerade bei ischämischer
Kardiomyopathie - das Septum akinetisch ist. Neuere Methoden, wie die regionale
Bewegungsanalyse, Gewebe-Doppler und Messung der Wandspannung, können hier
helfen, sind allerdings noch nicht ausreichend validiert.
Da die CRT die Störung der interventrikulären und
intraventrikulären Asynchronie ausgleichen soll, ist eine sorgfältige Positionierung
der linksventrikulären Elektrode essentiell. Nicht nur die Auswahl der
Patienten entscheidet über den Erfolg der CRT, sondern ebenso die Platzierung
der linksventrikulären Sonde (möglichst in das bei Spontanleitung spät
kontrahierende Herzmuskelareal). Große Erfahrung mit der Sondierung des
Koronarvenen-Sinus und der Implantation linksventrikulärer Sonden sind
unabdingbare Voraussetzungen für eine effektive Implantation eines CRT-Systems.
Studienlage zur kardialen Resynchronisationstherapie: Erste Studien zur CRT zeigen eindeutig positive
Effekte auf „Lebensqualität” und körperliche Belastbarkeit (8, 9, 10). Zwei große randomisierte Studien zur CRT
wurden erst kürzlich veröffentlicht. COMPANION (11) ist eine prospektive
randomisierte Studie, in der eine optimierte medikamentöse Therapie mit einer
zusätzlichen CRT bzw. einer zusätzlichen CRT und gleichzeitiger ICD-Therapie
verglichen wurde. Wesentliche Einschlusskriterien waren eine Herzinsuffizienz
des klinischen Schweregrads NYHA III oder NYHA IV, eine EF < 35% und eine
QRS-Dauer > 120 ms. Der kombinierte primäre Endpunkt war der Zeitraum bis
zur ersten Krankenhausaufnahme jedweder Ursache bzw. der Zeitraum bis zum Tod
jedweder Ursache. Sowohl die alleinige biventrikuläre Stimulation als auch die
Kombination von biventrikulärer Stimulation mit einer ICD-Therapie führte zu
einer signifikanten Reduktion der Ereignisse. Allerdings ist die
Nachbeobachtungszeit bei COMPANION sehr kurz. Zu einer signifikanten Reduktion
der Gesamtletalität führte nur die Implantation eines CRT-Systems mit
gleichzeitiger ICD-Funktion (intrakardialer Defibrillator).
Die zweite große Studie zur CRT ist die
CARE-HF-Studie (12). Verglichen wurde eine Patientengruppe mit einer
optimierten medikamentösen Therapie mit einer Gruppe, die zusätzlich zur
optimierten medikamentösen Therapie ein CRT-System erhielt. Primärer Endpunkt
war die Kombination aus Tod jedweder Ursache und unerwartete
Krankenhausaufnahme aus kardialer Ursache. Die CRT führte zu einer
signifikanten Reduktion der als primärer Endpunkt definierten Ereignisse. Aber
auch der sekundäre Endpunkt Gesamtletalität wurde durch die CRT signifikant
reduziert. Inzwischen wurden weitere Daten zur Nachbeobachtung vorgetragen, die
eindeutig zeigen, dass die Vorteile unter CRT nicht nur länger als drei Jahre
erhalten bleiben, sondern dass sich auch die linksventrikuläre Funktion
kontinuierlich bessert.
Stellenwert der CRT in den Leitlinien: In den gerade publizierten Empfehlungen der European
Society of Cardiology zu Diagnostik und Therapie der chronischen
Herzinsuffizienz ist die Implantation eines Schrittmachersystems zur CRT
indiziert bei Patienten mit eingeschränkter linksventrikulärer Funktion, einer
ventrikulären Asynchronie bei einer QRS-Breite ≥ 120 ms und einer
klinisch manifesten Herzinsuffizienz des Schweregrads NYHA III oder NYHA IV
trotz optimaler medikamentöser Therapie (13).
Sehr wichtig ist der Nachweis der ventrikulären Asynchronie. Kann die
ventrikuläre Asynchronie nicht nachgewiesen werden, fehlt nach Ansicht der Autoren
die Grundlage für die klinische Wirksamkeit der biventrikulären Stimulation.
Dies ist insofern problematisch, als in den wesentlichen großen Studien zur CRT
als Einschlusskriterium allein die QRS-Dauer als
Hinweis auf das Vorliegen einer ventrikulären Asynchronie verwendet wurde (11, 12). In den deutschen Empfehlungen wird daher
erneut auf die QRS-Breite als wesentlicher Parameter zur Identifikation von
Patienten für eine CRT verwiesen (14). In den
Leitlinien zur Therapie der Herzinsuffizienz wird die Implantation eines
CRT-Systems empfohlen bei Linksschenkelblock oder echokardiografischem Nachweis
einer ventrikulären Dyssynchronie und ≥ 120 ms breitem QRS-Komplex (15).
Die Frage, ob ein CRT-System bevorzugt in Kombination
mit einem ICD erfolgen sollte, kann letztlich nicht sicher beantwortet werden.
Viele Daten sprechen für die Kombination von CRT-System und ICD. In der bereits
oben zitierten COMPANION-Studie konnte die Gesamtletalität nur durch die
Kombination von CRT und ICD signifikant gesenkt werden. In der CARE-HF-Studie
erlitt rund ein Drittel der Patienten in der CRT-Gruppe einen plötzlichen
Herztod. Es erscheint möglich, dass diese Zahl durch die Kombination von
CRT-System mit einem ICD weiter gesenkt werden kann (12).
Mehrere ICD-Studien konnten eindeutig zeigen, dass die Gesamtletalität sowohl
bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit als auch bei Patienten mit
nicht-ischämischer Kardiomyopathie und eingeschränkter linksventrikulärer
Funktion durch die Implantation eines automatischen Defibrillators wesentlich
gesenkt werden kann (16, 17, 18). In den
Europäischen Leitlinien zur Therapie der Herzinsuffizienz stellt die
prophylaktische Implantation eines automatischen Defibrillators bei diesen
Patienten eine Klasse-1a-Indikation dar (13). Es
erscheint daher nur konsequent, bevorzugt ein kombiniertes ICD-CRT-System zu
implantieren, zumal der Aufwand und die Belastung für den Patienten bei
Implantation eines reinen CRT-Systems bzw. eines kombinierten ICD-CRT-Systems
nicht wesentlich unterschiedlich ist. Im Einzelfall kann die Besserung der
Symptome ein so deutlich vorrangiges klinisches Ziel sein, dass man auf ein
reines CRT-System zurückgreift.
Eine therapeutisch bisher nicht geklärte Situation
liegt bei Patienten vor, die auf Grund einer AV-Leitungsstörung und/oder einer
symptomatischen Bradykardie bei Vorhofflimmern eine dauerhafte ventrikuläre
Stimulation benötigen. Die reine rechtsventrikuläre Stimulation geht mit einer
Verschlechterung der linksventrikulären Funktion einher, eine biventrikuläre
Stimulation hingegen verschlechtert die linksventrikuläre Funktion nicht (4, 5, 19). Die Implantation eines Systems mit der
Möglichkeit der CRT erscheint daher bei solchen Patienten mit einer schweren
Herzinsuffizienz sinnvoll, die eine dauerhafte ventrikuläre Stimulation
benötigen.
Kosteneffektivität: Wenn das Budget gedeckelt ist, muss überlegt werden, wieviel Geld für
welche medizinische Maßnahme ausgegeben werden kann. Die Entscheidung hat eine
tief greifende ethische Dimension. Keine Ärztin und kein Arzt in Praxis und
Krankenhaus kann sich ihr entziehen. Je mehr lebenswerte Jahre eine Maßnahme
zusätzlich zur Verfügung stellt, desto wertvoller ist sie für den Patienten.
Daran kann sich der Preis für die Maßnahme orientieren. So kann (und muss) die
Kosteneffektivität einer Therapie berechnet werden als Preis pro zusätzlich
gewonnenem Lebensjahr mit guter „Lebensqualität”. Kosteneffektivität ist ein
Argument für oder gegen eine Therapie.
Nichol et al. (20) haben in einer aufwändigen
Metaanalyse der Ergebnisse aus neun Studien zur Wirksamkeit und
Kosteneffektivität der CRT folgendes festgestellt: Die an die „Lebensqualität”
adjustierte Lebenserwartung (QALY) in der konservativ behandelten Gruppe war im
Median 2,64 (2,47-2,82) Jahre, die in der CRT-behandelten Gruppe 2,92
(2,72-3,14) Jahre; der Preis pro zusätzlich gewonnenem Jahr 107800 US$. Eine
ähnliche Untersuchung gibt es von Sanders (21). Sie betrifft die Implantation
von Defibrillatoren, z.T. mit CRT. Die Daten der oben zitierten
COMPANION-Studie sind in diese Untersuchung mit aufgenommen: Die QALY bei
konservativer Behandlung war 2,95 Jahre, mit ICD/CRT 4,31 Jahre, die
Kosten/QALY 80000 US$. In beiden Arbeiten wird der Preis des Geräts als
wesentlicher Einflussfaktor auf die Kosteneffektivität herausgestellt. Darüber
hinaus sind folgende Faktoren ausschlaggebend: Die Indikation (Schweregrad der
Dyssynergie, der Herzinsuffizienz und Komorbidität), die Zahl der
Komplikationen des Eingriffs und die Änderung der „Lebensqualität” durch den
Eingriff. Es gibt daher nach Meinung der Autoren keine allgemeingültige
Kosteneffektivität, vielmehr ist sie je nach lokaler Behandlungsstrategie und
Expertise von Zentrum zu Zentrum verschieden. Das spricht nach unserer Meinung
sehr dafür, alle Patienten nach dem aufwändigen Eingriff in einem zentral
geführten und überwachten Register nachzubeobachten, um quantifizierte und
vergleichende Erfahrungen zur Kosteneffektivität zu sammeln.
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