Amiodaron (A) ist ein wirksames und heutzutage häufig
eingesetztes Antiarrhythmikum. Besonders bei der häufigsten Herzrhythmusstörung,
dem Vorhofflimmern, wird es vermehrt verordnet, da es auch bei Patienten mit
struktureller Herzerkrankung (KHK, Linkshypertrophie, Kardiomyopathien, Vitien)
und bei Herzinsuffizienz nicht negativ inotrop ist (vgl. 1).
Betroffen vom Vorhofflimmern und damit der Verordnung
von A sind häufig ältere Patienten. In einem laufenden Register zur
Polypharmakotherapie bei stationär aufgenommenen älteren Patienten (≥ 75
Jahre) in Salzburg sind derzeit 5% mit A behandelt (2). Auch in Deutschland
wird es erstaunlich oft verordnet. Amiodaron-ratiopharm® hat
Position 1603, AminoHexal® Position 1622 unter den 3000 am häufigsten
verordneten Arzneimitteln (3).
Der Sicherheit einer Langzeitanwendung von A,
insbesondere bei älteren, polymorbiden Patienten, widmete das N. Engl. J. Med.
kürzlich einen Übersichtsartikel (4). Die besonderen Probleme mit Amiodaron
beruhen im wesentlichen auf seinen pharmakokinetischen Besonderheiten. Die
extrem hohe Lipophilie führt zu einem sehr großen Verteilungsvolumen. A lagert
sich in nahezu allen Geweben auch dauerhaft ab. Die Eliminationshalbwertszeit
ist mit 6 Monaten extrem lang. Die Elimination erfolgt nahezu ausschließlich durch
die Leber. Besonders anfällig für die Entwicklung unerwünschter Organwirkungen
ist daher auch die Leber und wegen des hohen Jodgehalts auch die Schilddrüse.
Weitere Organe, die durch A geschädigt werden können, sind Lunge, Haut, Nervensystem
und Augen. Die schwersten und am meisten gefürchteten Komplikationen sind
Lungenfibrose, zum Teil irreversible Polyneuropathien und Thyreopathien. Die
Häufigkeit der Komplikationen und die empfohlenen Überwachungsmaßnahmen bzw.
-intervalle sind in Tab. 1 wiedergegeben.
Da bei alten Patienten der relative Fettanteil an der
Gesamtkörpermasse erhöht ist und die Eliminationsmechanismen eingeschränkt
sind, sind diese besonders häufig von den UAW betroffen. Das erfordert gerade
bei älteren Patienten eine Dosisreduktion (empfohlen wird 100 mg/d).
Ein weiterer wichtiger Aspekt bei Beginn und Überwachung
einer Therapie mit A sind Arzneimittelwechselwirkungen. A wird über CYP 3A4 in
seinen aktiven Metaboliten Desethylamiodaron umgewandelt. Jede Hemmung dieses
Enzyms (z.B. durch Grapefruitsaft, Simvastatin, Omeprazol, Verapamil,
Valproinsäure, Propofol, Metronidazol, Azol-Antimykotika u.v.m.) kann die
antiarrhythmische Wirkung abschwächen. Andererseits hemmt A über seinen
Metaboliten Desethylamiodaron mehrere Zytochrome und erhöht dadurch die
Serumkonzentration und Toxizität vieler Medikamente. In der Literatur fínden
sich Berichte über klinisch relevante Konzentrationserhöhungen von oralen
Antikoagulanzien, Metoprolol, Simvastatin, Fluvastatin, Clonazepam, Theophyllin,
Digoxin, Phenytoin, Diltiazem, Valproinsäure, Makrolidantibiotika, Propofol,
Metronidazol, Azol-Antimykotika, Fluvoxamin und Clonazepam (5). Da
Desethylamiodaron drei Zytochrome hemmt (CYP 2C8/9, CYP 2D6 und CYP 3A4), sind
aber auch bei allen anderen Substraten dieser Enzyme höhere Konzentrationen mit
verstärkter Wirkung bzw. gehäuft UAW zu erwarten (Tab. 2).
Ein dritter wichtiger Punkt muss aus Sicht
der Arzneimittelsicherheit bei Anwendung von A beachtet werden. A verlängert die QT-Zeit, induziert aber eher selten
Torsade-de-pointes-Tachykardien. In Kombination mit anderen die QT-Zeit
verlängernden Medikamenten (z.B. Psychopharmaka, Makrolidantibiotika etc.) kann
es aber sehr wohl häufiger zu Torsaden und Plötzlichem Herztod kommen.
Fazit: Amiodaron ist zwar ein wirksames, aber auch ein mit
vielen UAW belastetes Antiarrhythmikum, dessen Einsatz wohl bedacht sein sollte
und dessen Anwendung ständiger Aufmerksamkeit für UAW und Wechselwirkungen
bedarf. Als starker Enzymhemmer greift es in die Metabolisierung vieler Arzneimittel
ein und kann deren Wirkung und Toxizität steigern (z.B. orale Antikoagulanzien,
ein häufiger Kombinationspartner bei Vorhofflimmern). Ältere Menschen sind
besonders häufig von den UAW betroffen, da sie häufiger Amiodaron verordnet
bekommen und auch langsamer eliminieren. Bei ihnen sollte - wenn überhaupt
verordnet - generell die Dosis herabgesetzt werden.
Literatur
-
AMB 2000, 34, 89.
-
Schuler, J., persönliche
Mitteilung.
-
Schwabe, U., und Paffrath, D.:
Arzneiverordnungs-Report 2006. Springer, Berlin, Heidelberg, New York.
-
Zimetbaum, P.: N. Engl. J. Med.
2007, 356 , 935.
-
Stockley, I.H.: Drug
Interactions. 6th Ed. Pharmaceutical press, 2002.
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