Vor zwei Jahren haben wir über den Vergleich der
Effekte von Statinen bei Diabetikern und Nicht-Diabetikern berichtet (1). Die
damals referierte Metaanalyse ergab einen mindestens gleichwertigen Effekt der
Statine bei Diabetikern bezüglich der Reduktion kardiovaskulärer Ereignisse.
Eine im Jahr 2006 erschienene Vier-Jahres-Studie von Knopp et al. (2), in der
2410 Typ-2-Diabetiker mit Atorvastatin oder Plazebo behandelt worden waren,
ergab dagegen eine sehr moderate 10%ige (nicht signifikante) Reduktion eines
sehr umfangreich zusammengesetzten kardiovaskulären Endpunkts in der
Statin-Gruppe. Wegen der medizinischen und wirtschaftlichen Bedeutung der
Statintherapie bei Diabetikern möchten wir über eine neue, sehr große, im
Lancet (3) erschienene Metaanalyse der Cholesterol Treatment Trialists’
Collaborators (CTT) berichten. Die Studie sollte über den Effekt von Statinen
auf bestimmte Endpunkte Auskunft geben und über die Wirksamkeit in Abhängigkeit
vom Typ des Diabetes mellitus (DM).
Es konnten Behandlungseffekte in 14 größeren
randomisierten Studien bei 18 686 DM-Patienten und bei 71 370
Nicht-Diabetikern ausgewertet werden. Alle Aussagen beziehen sich auf
Änderungen von Endpunkten im Laufe von im Mittel 4,3 Jahren durch eine Senkung
des Serum-LDL-Cholesterins um 1 mmol/l (ca. 39 mg/dl) unter Statin-Therapie.
Bei DM-Patienten traten im angegebenen Zeitraum 3247
größere kardiovaskuläre Ereignisse (Herzinfarkte, Schlaganfälle, koronare
Interventionen etc.) auf. Statine reduzierten die Gesamtletalität um 9% (vgl.
Tab. 1). Bei Nicht-Diabetikern war der Statineffekt auf die Gesamtletalität
etwas größer: Reduktion um 13%. Bei den Diabetikern wurde die „vaskuläre Letalität”
durch Statine signifikant um 13% reduziert (p = 0,008). Der Effekt der Statine
auf größere kardiovaskuläre Ereignisse (Herzinfarkt, koronare Revaskularisation,
koronarer Tod, Schlaganfall) war bei DM wie bei Nicht-DM mit 21% Reduktion sehr
bedeutsam (in beiden Gruppen p < 0,0001). Detaillierten Tabellen in der
Arbeit (3) ist auch die Wirksamkeit der Statine in Untergruppen zu entnehmen
(Geschlecht, Alter, Blutdruck, Nierenfunktion, Raucherstatus, Body mass index,
Hypertonie, Serum-Lipide, vorbestehende Gefäßkrankheiten). Diese Faktoren
bestimmen das Gesamtrisiko eines Patienten. Bei der relativ kleinen Zahl von
Typ-1-Diabetikern, die in die Studien eingeschlossen worden waren, wurde das
vaskuläre Ereignisrisiko wie bei Typ-2-DM reduziert. Bei Patienten mit hohem LDL-Cholesterin
und hohem LDL/HDL-Quotienten war die absolute Ereignisrate und die absolute
Risikosenkung deutlich größer als bei niedrigem LDL-Cholesterin, jedoch war die
relative Risikosenkung für alle Lipidprofile ähnlich.
Bei allen DM-Patienten zusammengenommen verhinderte eine
Behandlung mit Statinen pro LDL-Cholesterin-Senkung um 1 mmol/l nach ca. vier
Jahren bei 3,6% der Patienten ein größeres kardiovaskuläres Ereignis. Bei hohem
Gesamtrisiko ist der Effekt größer, bei niedrigem kleiner (s. Tab. 1).
In einem begleitenden Editorial von B.M.Y. Cheung aus
Birmingham, England, wird diese Metaanalyse kommentiert (4). Nach Ansicht
dieses Autors brauchen die derzeit gültigen Empfehlungen zum Einsatz von
Statinen bei Diabetikern nicht geändert zu werden. Bei der Verordnung sollten absolutes
kardiovaskuläres Risiko, Lebenserwartung und Begleiterkrankungen berücksichtigt
werden. Änderungen des Lebensstils hinsichtlich Ernährung und körperlicher
Aktivität sollten weiterhin hohen Stellenwert haben.
Fazit: Diese
Metaanalyse zur Effektivität von Statinen bei Diabetikern bestätigt, dass kardiovaskuläre
Ereignisse gleich häufig wie bei Nicht-Diabetikern reduziert werden. Die Zahl
verhinderter kardiovaskulärer Ereignisse korreliert positiv mit dem
Gesamtrisiko eines Patienten. Dieses ist die Grundlage der therapeutischen
Überlegungen. Bei Patienten mit einem Gesamtrisiko < 4,5%/Jahr senkt eine
Statintherapie zwar noch signifikant die Ereignisrate, aber möglicherweise
nicht klinisch relevant. Ob in dieser Situation eine Therapie mit einem Statin
sinnvoll ist, müssen Arzt und Patient entscheiden. Das Gesamtrisiko kann aus
Tabellen abgelesen werden (5). Für das Gespräch mit dem Patienten ist ein
Informationsblatt hilfreich (6).
Literatur
-
AMB 2006, 40, 53a.

-
Knopp, R.H., et al. (ASPEN = Atorvastatin Study
for Prevention of coronary heart disease Endpoints in Non-insulin-dependent
diabetes mellitus): Diabetes Care 2006, 29, 1478.

-
Kearney, P.M., et al.
(CTT = Cholesterol Treatment Trialists' collaborators):
Lancet 2008, 371, 117.

-
Cheung, B.M.: Lancet 2008, 371,
94.

-
Fettstoffwechselstörungen.
Therapieempfehlungen der AkdÄ. AVP-Sonderheft 1999.
-
Hohes Cholesterin - was nun? Gute
Pillen - Schlechte Pillen. 2007, Heft 4 (Juli/August), S. 3. Der Artikel kann vom
Westkreuz-Verlag angefordert werden.
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