Trotz
der Verfügbarkeit mehrerer anti-retroviraler Medikamente besteht weiterhin die
Notwendigkeit, neue Substanzen zu entwickeln, um auch bei schon mehrfach
vorbehandelten Patienten eine komplette Unterdrückung der Virusreplikation zu
erreichen. Mit diesem Ziel wurde ein neuer Proteaseinhibitor (TMC114 =
Darunavir = Prezista®) entwickelt. Die Effizienz und Sicherheit des
neuen Medikaments, das durch eine niedrige Dosis Ritonavir (100 mg) geboostert
wird, wurden in der POWER-1- und -2-Studie ausgewertet und publiziert (1). Die
Ergebnisse führten zur Zulassung für mehrfach vorbehandelte Patienten.
Darunavir
bindet stark an die HIV-Protease und wirkt in vitro gegen
Wildtyp-HI-Viren sowie auch gegen mehrfach resistente HIV-1-Stämme (2). In der
multinationalen, multizentrischen Phase-IIb-Studie (POWER I und II) wurde die
Substanz im Vergleich mit herkömmlichen Proteaseinhibitoren bei mehrfach
vorbehandelten Patienten geprüft. Einschlusskriterien waren: 18 Jahre oder
älter; HIV-RNS-Kopienzahl > 1000/ml; mindestens eine primäre
Proteaseinhibitormutation; außerdem sollten die Patienten mehr als einen
Nukleosid-Antagonisten, einen oder mehrere nicht-nukleosidische und mindestens
schon einen Proteaseinhibitor mindestens drei Monate lang bekommen haben.
Patienten, die mit dem Fusionsinhibitor (Enfuvirte) behandelt wurden, konnten
auch teilnehmen. Es wurden insgesamt 1331 Patienten für den Einschluss in die
Studie geprüft und schließlich 674 randomisiert. Alle Patienten in beiden
Gruppen hatten eine optimale Hintergrundtherapie (Nukleosid/Nicht-Nukleosid-Reverse-Transskriptor-Inhibitoren).
In die Auswertung gingen am Schluss 131 Patienten ein, die mit zweimal 600 mg
Darunavir + 100 mg Ritonavir täglich behandelt worden waren, und 124 Patienten,
die einen Kontroll-Proteaseinhibitor erhalten hatten. Insgesamt war ein
Beobachtungszeitraum von 48 Wochen vorgesehen.
Zum
Zeitpunkt der Analyse hatten 110 Patienten aus der Darunavir-Guppe und 120
Patienten aus der Proteaseinhibitor-Kontroll-Gruppe (PI-Kontroll-Gruppe) die 48
Wochen erreicht oder früher abgebrochen. Bei den Patienten, die früher abgebrochen
hatten, wurden die Daten bis zu diesem Zeitpunkt ausgewertet. Ein wichtiges
Ergebnis dieser Studie war, dass in der Darunavir-Gruppe zu allen Zeitpunkten
mehr Patienten eine nicht messbare HIV-Replikation (< 50 Kopien/ml) hatten
als in der PI-Kontrollgruppe. In der Darunavir-Gruppe waren nach 48 Wochen 50
Patienten (48%) unter der Nachweisgrenze aber nur 12 (10%) in der
PI-Kontrollgruppe (p < 0,0001).
Als
UAW traten in der Darunavir-Gruppe auf: Diarrhö (20%), Übelkeit (18%),
Nasopharyngitis (14%), Müdigkeit (12%) und Herpes-simplex-Infektionen (12%).
Die bekannten UAW der Proteaseinhibitoren wie Diarrhö, Übelkeit und Müdigkeit
waren in der Kontroll-PI-Gruppe häufiger als in der Darunavir-Gruppe, Herpes-simplex-Infektionen
dagegen häufiger in der Darunavir-Gruppe. Die häufigsten Laborveränderungen
unter der Therapie betrafen die Triglyzeride, Cholesterin, Leber- und
Pankreasenzyme. Klinisch wurde bei keinem Patienten eine Pankreatitis
beobachtet. Die Laborveränderungen unterschieden sich nicht in den beiden
Gruppen. Fünf Patienten der Darunavir-Gruppe starben (Lungenembolie,
Analkarzinom, Sepsis, Tod im Rahmen einer Schmerztherapie wegen peripherer
Neuropathie). In der Kontroll-PI-Gruppe starb ein Patient an einer nosokomialen
Infektion. Die Todesfälle wurden nicht im Zusammenhang mit der PI-Therapie
gesehen.
Fazit: Darunavir, geboostert mit Ritonavir, bewirkte in einer Studie mit
mehrfach vorbehandelten Patienten ein besseres virologisches Ansprechen als in
der Proteaseinhibitor-Kontroll-Gruppe. Daher erscheint die Zulassung für diese
Patientengruppe gerechtfertigt. Ob die beobachtete Reduktion der Viruslast auch
zu Verbesserungen harter klinischer Endpunkte führt, kann nur durch Studien mit
mehr Patienten und längerem Beobachtungszeitraum entschieden werden.
Literatur
-
Clotet, B., et al.
(POWER 1 und 2 = Performance Of TMC114/r When evaluated in
treatment-Experienced patients with PI Resistance): Lancet 2007, 369,
1169.

-
De Meyer, S., et al.:
Antimicrob. Agents Chemother. 2005, 49, 2314.

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