Um eine bessere Datentransparenz bei klinischen
Studien zu Arzneimitteln bemühen sich die Food and Drug Administration (FDA)
und die European Medicines Agency (EMA) seit mehr als zehn Jahren, in Europa
bisher leider mit wenig Erfolg. In den USA war bereits 1999 ein Register
eingerichtet worden (ClinicalTrials.gov), das heute Informationen zu mehr als
100.000 klinischen Studien zu Arzneimitteln, Biopharmazeutika und
Medizinprodukten enthält (1). Verantwortlich für die Einträge in das
Studienregister sind die Sponsoren der klinischen Studien (meistens
pharmazeutische Unternehmen = PU) oder die Prüfärzte bzw.
Prüfzentren, und erfasst werden klinische Prüfungen der Phase II–IV. Im Jahr
2007 ist dann der Food and Drug Administration Amendment Act (FDAAA) in Kraft
getreten, mit dem eine umfassende Registrierungs- und Veröffentlichungspflicht
für klinische Studien zu Arzneimitteln eingeführt wurde (1, 2). Wichtiger
Grund hierfür war, dass in der Vergangenheit infolge des Publikationsbias bei
klinischen Studien zu Arzneimitteln, insbesondere dem Zurückhalten von
negativen Studienergebnissen bzw. unerwünschten Arzneimittelwirkungen, Ärzten
und Patienten wichtige wissenschaftliche Erkenntnisse für ihre Entscheidungen
nicht vorlagen.
Wer in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union
(EU) eine klinische Studie zu Arzneimitteln beginnt, muss diese aufgrund der
Richtlinie 2001/20 EG (Anwendung der guten klinischen Praxis bei der
Durchführung von klinischen Prüfungen mit Humanarzneimitteln) in der EudraCT-Datenbank
(European Union Drug Regulating Authorities Clinical
Trials) registrieren lassen (2, 3). Diese Datenbank ist jedoch nur
den zuständigen Behörden der Mitgliedsstaaten zugänglich. Ziel dieser
Richtlinie war es, die Mitgliedsstaaten, in denen eine klinische Prüfung
stattfindet, über Inhalt, Beginn und Beendigung klinischer Prüfungen zu
informieren und auch allen anderen Mitgliedsstaaten diese Information
zugänglich zu machen (2). Um die Transparenz hinsichtlich der in der EU
zugelassenen Arzneimittel zu verbessern, wurde mit der Verordnung EG Nr.
726/2004 die EudraPharm-Datenbank (www.eudrapharm.eu) bei der EMA eingerichtet.
Diese Datenbank enthält in erster Linie Produktinformationen über die
Arzneimittel, die in der EU zugelassen sind. Ausgehend von einer Leitlinie aus
dem Jahr 2008 zu Artikel 57 dieser Verordnung wurden Felder aus EudraCT in die
EudraPharm-Datenbank aufgenommen, die ab März 2011 im Rahmen des jetzt
eingerichteten Europäischen Registers zu klinischen Studien auch der
Öffentlichkeit zugänglich sind (4). Das Register enthält Informationen zum
Prüfplan (z.B. Design und Sponsor(en) der klinischen Studie, untersuchte
Arzneimittel mit Handelsnamen und aktivem Wirkstoff, therapeutisches Anwendungsgebiet,
Status der Studie, z.B. rekrutiert Patienten oder Rekrutierung ist
abgeschlossen). Das Studienregister umfasst nur interventionelle Studien zu
Arzneimitteln und Biopharmazeutika. Es bezieht sich auf alle pädiatrischen
Studien sowie klinische Prüfungen der Phasen II–IV bei Erwachsenen, unabhängig
davon, ob das betreffende Arzneimittel bereits in der EU zugelassen ist oder
nicht. Ausführliche Informationen zu diesem Register finden sich unter www.clinicaltrialsregister.eu.
Ein Vergleich der in den USA und Europa der
Öffentlichkeit zugänglichen Studienregister zu klinischen Studien für
Arzneimittel verdeutlicht, dass die gesetzlichen Regelungen in den USA heute
deutlich weitergehen als in der EU (1, 2). In den USA besteht eine
umfassende Pflicht zur Registrierung aller Studien zu Arzneimitteln,
Biopharmazeutika und zu Medizinprodukten sowie der Veröffentlichung einer
Zusammenfassung der Ergebnisse klinischer Studien in einem jedermann
zugänglichen Register. Bei Nichtbefolgung dieser Vorgaben können spürbare
Sanktionen (z.B. Geldstrafen von bis zu 10.000 US$/Tag) verhängt werden.
Demgegenüber existiert in der EU bislang lediglich eine Registrierungspflicht
klinischer Studien in der für die Öffentlichkeit nicht zugänglichen
EudraCT-Datenbank. Eine Pflicht zur Veröffentlichung von Studienergebnissen
gibt es bislang nur für pädiatrische Studien, wobei die technischen
Voraussetzungen hierfür jedoch noch nicht geschaffen sind. Eine
Veröffentlichung der Zusammenfassung von Studienergebnissen auch bei Erwachsenen
soll anlässlich der Fertigstellung einer neuen Version von EudraCT (V 9.0) Ende
2012 erfolgen (2). Eine hierfür notwendige Leitlinie wurde jedoch noch nicht
verabschiedet. Auch hinsichtlich der für die Registrierung klinischer Studien
festgelegten Fristen besteht großer Nachholbedarf beim europäischen Register (USA:
21 Tage nach Rekrutierung des ersten Patienten in eine klinische Studie,
Veröffentlichung von Studienergebnissen grundsätzlich nicht später als ein Jahr
nach dem Abschluss der klinischen Studie; EU: entsprechende Fristen nicht
geregelt). Vermutlich wird auch die im Rahmen des Gesetzes zur Neuordnung des
Arzneimittelmarktes erfolgte Novelle des Arzneimittelgesetzes (AMG § 42b) in Deutschland das Problem der selektiven
Publikation nicht so bald lösen (5). Die Novelle besagt, dass der PU der
zuständigen Bundesoberbehörde Berichte über alle Ergebnisse konfirmatorischer
klinischer Prüfungen zum Nachweis der Wirksamkeit und Unbedenklichkeit von
neuen Arzneimitteln zur Eingabe in die Datenbank nach § 67a AMG zur
Verfügung stellen muss (6).
Fazit:
Unabhängige Arzneimittelinformation, die sich bemüht, bei Recherche und
Berichterstattung die Hintergründe und Desinformationen zu berücksichtigen,
wird noch lange und dringend erforderlich sein.
Literatur
- Zarin, D.A., et al.: N.Engl. J. Med. 2011, 364, 852.

- Quack, C.: Z. Evid.Fortbild. Qual. Gesundhwes. 2011, 105,183.

- AMB 2005, 39,71a.

- Watson, R.: BMJ 2011, 342,d1994.
- McGauran, N., et al.:Dtsch. Arztebl. 2011, 108, B 513.
- AMB 2010, 44, 89.

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