Tuberkulose (Tbc) ist die Infektionskrankheit, die
derzeit weltweit die meisten Todesfälle verursacht. Resistenzen gegen die
etablierten Tuberkulostatika nehmen in allen Ländern zu. Die lange
Behandlungsdauer (in der Regel sechs Monate) und die zahlreichen, täglich
korrekt einzunehmenden Tabletten erschweren zudem die Therapieadhärenz.
Mangelnde Adhärenz trägt auch zur Resistenzentwicklung der Mykobakterien bei.
Viele neue antituberkulöse Wirkstoffe haben die in sie gesetzten Erwartungen,
auch im Hinblick die Verkürzung der Behandlungszeit, nicht erfüllt (1). Nun
wird nach wirksameren Behandlungsregimen – durch Änderungen der Dosierungen und
neue Kombinationen – gesucht, wie in einer aktuellen Studie aus Südafrika (2).
Diese offene, kontrollierte, mehrarmige und
mehrstufige Studie wurde an sieben Zentren in Südafrika und Tansania
durchgeführt (2). Zwischen dem 7. Mai 2013 und dem 25. März 2014 wurden
365 Patienten mit neu diagnostizierter Lungen-Tbc, verursacht durch
Rifampicin-sensible Mykobakterien, in fünf Gruppen im Verhältnis 1:1:1:1:2
randomisiert und oral folgendermaßen behandelt (jeweils einmal pro Tag):
- Gruppe 1: 35 mg/kg Rifampicin plus 5 mg/kg Isoniazid plus 25 mg/kg Pyrazinamid plus 15-20 mg/kg Ethambutol (n = 63);
- Gruppe 2: 20 mg/kg Rifampicin plus 5 mg/kg Isoniazid plus 25 mg/kg Pyrazinamid plus 400 mg Moxifloxacin (n = 59);
- Gruppe 3: 20 mg/kg Rifampicin plus 5 mg/kg Isoniazid plus 25 mg/kg Pyrazinamid plus 300 mg SQ 109 (ein neuer antituberkulöser Wirkstoff; vgl. 3; n = 57);
- Gruppe 4: 10 mg/kg Rifampicin plus 5 mg/kg Isoniazid plus 25 mg/kg Pyrazinamid plus 300 mg SQ 109 (n = 63);
- Gruppe 5: Standard-Therapie: 10 mg/kg Rifampicin plus 5 mg/kg Isoniazid plus 25 mg/kg Pyrazinamid plus 15-20 mg/kg Ethambutol (n = 123).
Die Patienten der Gruppen 1-4 erhielten die
experimentelle Therapie für 12 Wochen, danach für 14 Wochen
Rifampicin plus Isoniazid in Standarddosierung. Gruppe 5 erhielt die
Standardtherapie für 8 Wochen, danach für 18 Wochen ebenfalls Rifampicin
und Isoniazid in Standard-Dosierung. Eine Verblindung war nicht möglich, da höhere
Dosierungen von Rifampicin den Urin orange färben. Die Patienten wurden einmal
pro Woche bis Woche 12 gesehen, danach in Woche 14, 17, 22 und 26.
Mikroskopische Sputumpräparate sowie Festmedium- und Flüssigkulturen wurden
zwei Tage vor Therapie und zu jeder Visite angelegt. Weitere Visiten fanden 3
und 6 Monate nach Therapie statt.
Der primäre Endpunkt war die Zeit bis zum
Negativwerden der Flüssigkultur in zwei aufeinanderfolgenden Kulturen während
der ersten 12 Wochen Therapie. Die Analysen bis zum Ereignis
(Negativwerden der Kultur) erfolgten mittels
Cox-Proportional-Hazard-Regression-Model. Die Studie wurde nicht von der
Pharmaindustrie unterstützt.
Ergebnisse:
Einige Patienten gingen im Verlauf verloren oder mussten wegen anderer
Ereignisse wie z.B. HIV-Infektion aus der Studie genommen werden. Bei insgesamt
10 Patienten musste eine Anpassung bei erhöhten Leberwerten erfolgen. In
Gruppe 1 (35 mg/kg Rifampicin) wurde ein stabiles Negativwerden der
Flüssigkultur schneller erreicht als in Gruppe 5 (Standardtherapie = Kontrolle):
nach 48 Tagen negativ versus nach 62 Tagen negativ im Median (angepasste
Hazard Ratio: 1,78; 95%-Konfidenzintervall: 1,22-2,58; p = 0,003).
Zwischen den anderen experimentellen Armen (Gruppen 2-4) und der
Standardtherapie ergab sich kein Unterschied. Den Endpunkt erreichten in:
Gruppe 1: 80%; Gruppe 2: 79%; Gruppe 3: 59%; Gruppe 4: 65%
und Gruppe 5 (Standardtherapie): 70%.
Bei der Analyse der Festmedium-Kulturen ergab sich
kein Unterschied zwischen den Gruppen. Nach 26 Wochen Therapie waren bei
94-97% der Patienten die Festmedium-Kulturen negativ. Bei 11 Patienten versagte
die Therapie oder die Infektion rekurrierte. Von diesen war einer in
Gruppe 1, keiner in Gruppe 2 (Moxifloxacin) und keiner in
Gruppe 5 (Standardtherapie). Die anderen traten in den Gruppen 3 und
4 auf. Zwei Patienten starben, einer in Gruppe 1 und ein weiterer in
Gruppe 5. Der Patient aus Gruppe 1 starb 23 Wochen nach
Beendigung der experimentellen Therapie mit akuten Thoraxschmerzen, die nicht
im Zusammenhang mit der Therapie gesehen wurden. Der Patient aus Gruppe 5
starb während der Nachbeobachtung an den Folgen der Pneumokoniose, die er sich
als Bergwerksarbeiter zugezogen hatte. Über Nebenwirkungen Grad 3-5 berichteten
45 der 365 Patienten (12%). Sie waren ähnlich häufig in allen Gruppen. Dass die
Moxifloxacin-Gruppe (vgl. 4) nicht besser abgeschnitten hat, könnte daran
liegen, dass die Wirkspiegel von Moxifloxacin durch Rifampicin um ca. 30%
gesenkt werden (5). In dieser Kombination müsste Moxifloxacin wahrscheinlich
höher dosiert werden.
Fazit: Bei
Behandlung der Lungen-Tbc mit Rifampicin-sensiblen Mykobakterien verkürzt eine
höhere Dosierung von Rifampicin die Zeit bis zum Negativwerden der Kultur und
scheint sicher zu sein. Diese Ergebnisse und andere Behandlungsregime müssen in
größeren Studien überprüft werden, auch im Hinblick auf das Ziel, die Behandlungsdauer
zu verkürzen.
Literatur
- AMB 2014, 48, 57.

- Boeree, M.J., et al. (PanACEA = Pan African Consortium for the Evaluation ofantituberculosis Antibiotics): Lancet Infect. Dis. 2017, 17, 39.
- Hoagland, D.T., et al.:Adv. Drug Deliv. Rev. 2016, 102, 55.
- AMB 2015, 49,45
. AMB 2014, 48, 87a . AMB 2012,46, 85a . AMB 2009, 43, 61. 
- Nijland, H.M., et al.:Clin. Infect. Dis. 2007, 45,1001.

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