Randomisierte kontrollierte Studien (Randomized Controlled
Trials = RCT) gelten heute bei Arzneimitteln als Goldstandard der klinischen Prüfung
von Wirksamkeit und Sicherheit. Dabei zählt zu den größten Herausforderungen in
RCT, systematische Fehler bzw. Verzerrungen (Bias) im Design bzw. der
Interpretation der Ergebnisse zu vermeiden (1). Zahlreiche Untersuchungen, so
auch eine aktualisierte Literaturübersicht der Cochrane Library (2, 3),
haben nachdrücklich belegt, dass Sponsoring bzw. die Finanzierung von
klinischen Studien zu Arzneimitteln oder Medizinprodukten zu günstigen
Ergebnissen – vor allem hinsichtlich der Wirksamkeit des Arzneimittels oder
Medizinprodukts – und zu positiven Schlussfolgerungen im Sinne der industriellen
Sponsoren führen. Demgegenüber sind die Ergebnisse zu den Auswirkungen
finanzieller Verbindungen der Autoren klinischer Studien zu pharmazeutischen
Unternehmern (pU) oder Herstellern von Medizinprodukten widersprüchlich (4). Deshalb
wurde jetzt von Wissenschaftlern in den USA ein möglicher Zusammenhang zwischen
finanziellen Verbindungen der Hauptprüfer zum pU des geprüften Arzneimittels
und den Ergebnissen von klinischen Studien analysiert (5). Als Hauptprüfer galten
für diese Untersuchung die Erst- und Letztautoren der Publikationen.
Aus den im Jahr 2013 in den wichtigsten medizinischen
Fachzeitschriften publizierten RCT zur Wirksamkeit von Arzneimitteln wurden
nach dem Zufallsprinzip 195 Studien ausgewählt. Dabei handelte es sich
überwiegend um von pU finanzierte (69%) Phase-III-Studien (52%), u.a. aus der
Kardiologie (16%), Onkologie (11%) und Infektiologie (11%).
Von den insgesamt 397 Erst- und Letztautoren dieser Studien
hatten 231 (58%) finanzielle Verbindungen zu den pU. 34 Autoren hatten diese
Verbindungen allerdings nicht selbst angegeben, sondern sie wurden erst durch
Online-Recherchen, u.a. in Google und Medline, aufgedeckt. Die finanziellen
Verbindungen der Erst- und Letztautoren bezogen sich auf: Zahlungen für
Beratertätigkeiten (39%), bezahlte Vorträge (20%), nicht näher spezifizierte
finanzielle Verbindungen (20%), Honorare (13%), ein Anstellungsverhältnis
(13%), Reisekostenerstattung (13%) sowie den Besitz von Aktien (10%) und Patenten
(5%).
Bei 132 der 195 Studien (68%) bestanden finanzielle
Verbindungen zwischen den Hauptprüfern und den pU. Diese Studien führten
ungefähr dreimal häufiger zu günstigen Ergebnissen für das geprüfte Arzneimittel
als die Studien, deren Hauptprüfer keine finanziellen Verbindungen zu den pU
hatten (Odds Ratio = OR: 3,23; 95%-Konfidenzintervall = CI: 1,7-6,1). Unerwartet
war, dass diese Assoziation nicht nur in Industrie-finanzierten Studien (OR:
5,01; CI: 1,52-17) nachweisbar war, sondern auch in nicht von der Industrie
finanzierten Studien (OR: 3,49; CI: 0,62-20). Eine gründliche Analyse dieses
überraschenden Ergebnisses war jedoch nicht möglich, da der Stichprobenumfang
bzw. die Zahl der nicht von der Industrie finanzierten Studien hierfür nicht
ausreichten.
Ausführlich diskutiert werden von den Autoren der
Untersuchung, aber auch in einem begleitenden Editorial (4, 5), die Gründe
für den Zusammenhang zwischen finanziellen Verbindungen der Hauptprüfer zu pU
und den positiven Ergebnissen in diesen klinischen Studien. Neben dem gut
bekannten „publication bias“ (1, 6) bzw. „bias by design“ – d.h.
Beeinflussung oder Akzeptanz von Studiendesigns mit größeren Erfolgsaussichten
(z.B. durch Auswahl entsprechender Patientenpopulationen, Vergleichsarme oder
Endpunkte) – werden auch Mängel in der statistischen Auswertung (z.B.
unzureichende Verblindung) genannt, die von Autoren mit finanziellen
Interessenkonflikten möglicherweise eher akzeptiert bzw. nicht kritisiert werden
als von Autoren ohne finanzielle Verbindungen zur Industrie. Nicht umsetzbar ist
derzeit vermutlich – angesichts der umfangreichen Verbindungen zwischen pU und
akademischen Wissenschaftlern – die radikalste Lösung des Problems: der Ausschluss
von klinischen Forschern, deren Objektivität durch finanzielle
Interessenkonflikte beeinträchtigt ist, von der Teilnahme an klinischen Studien
zu Arzneimitteln. Kurzfristig umzusetzen wäre aber die Einbindung unabhängiger
Statistiker, das konsequente Monitoring von klinischen Studien durch gut
ausgebildete und unabhängige Experten (7) und die Verpflichtung, die
anonymisierten Datensätze jeder klinischen Studie öffentlich zugänglich zu
machen, wie es auch von der der All-Trials-Kampagne (8) gefordert und
inzwischen in einer am 1. Januar 2015 in Kraft getretenen Richtlinie der
Europäischen Arzneimittel-Agentur bereits teilweise umgesetzt wurde (9).
Fazit: Studien zu Arzneimitteln und Medizinprodukten, deren
Erst- und Letztautoren finanzielle Verbindungen zu pharmazeutischen
Unternehmern (pU) haben, kommen häufiger zu günstigen Ergebnissen für den pU als
andere Studien. Die hier besprochene Untersuchung zeigt erneut, dass den
Ergebnissen von Studien, die von pU gesponsert werden und an denen Autoren mit
finanziellen Interessenkonflikten beteiligt sind, nur eingeschränkt zu trauen
ist. Unterstrichen wird somit auch die berechtigte Forderung zahlreicher
Institutionen und Arzneimittelbulletins nach mehr unabhängiger Arzneimittelforschung
und kritischer Bewertung der in derartigen klinischen Studien erforschten
Evidenz zum Nutzen von Arzneimitteln.
Literatur
- AMB2008, 42, 79.

- AMB2010, 44, 39a.

- Lundh,A., et al.: CochraneDatabase Syst. Rev. 2017, Issue 2. Art. No.: MR000033. DOI:10.1002/14651858.MR000033.pub3.
.
- Lundh, A., undBero, L.: BMJ 2017, 356, j176.
- Ahn, R.,et al.: BMJ 2017, 356, i6770.
- McGauran,N., et al.: Trials2010, 11,37.
- AMB 2017,51, 08DB01.

- http://www.alltrials.net/.
Vgl. AMB2016, 50, 96DB01. 
- AMB2014, 48, 79.

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