AMB 2011, 45, 86b
Schweinegrippe-Impfstoff Pandemrix® – Hinweis auf Aktivierung entzündlicher Darmerkrankungen
In Stockholm wurden im letzten Jahr über eine Million Einwohner mit dem monovalenten adjuvantierten Schweinegrippe-Impfstoff Pandemrix® (GlaxoSmithKline, Middlesex, UK) geimpft. Jetzt wurde eine retrospektive Kohortenstudie im BMJ publiziert, in der bestimmte neurologische und autoimmune Ereignisse nach der Impfung (n = 1.024.019) mit der Inzidenz dieser Ereignisse im selben Zeitraum in der nicht-geimpften Bevölkerung (n = 921.005) von Stockholm in multivariater Testung verglichen wurden (1).
Durch die gute Registrierung in Schweden ist es möglich, die Bevölkerung hinsichtlich ihrer Kontakte mit dem Gesundheitssystem lückenlos zu erfassen. Es wurden ICD-Kodierungsnummern mit der Patientenidentitätsnummer zusammengebracht, um bestimmte Ereignisse wie Guillain-Barré-Syndrom, Fazialislähmung, Multiple Sklerose, Polyneuropathie, Gefühlsstörungen, Rheumatoide Arthritis, entzündliche Darmerkrankungen und Typ 1-Diabetes zu erfassen. Die Größe der Population erlaubte auch Rückschlüsse auf seltene Ereignisse wie z.B. das Guillain-Barré-Syndrom. Die Nachbeobachtung betrug 8-10 Monate.
In dieser Studie war das Guillain-Barré-Syndrom in der Impfgruppe nicht häufiger. Auch die Inzidenz von Diabetes mellitus Typ 1, Rheumatoider Arthritis und Multipler Sklerose war in der Impfgruppe nicht höher. Allerdings kam es bei den Zuerst-Geimpften (innerhalb von 46 Tagen nach Beginn der Impfkampagne) vermehrt zu Fazialislähmungen (Hazard ratio = HR: 1,34; 95%-Konfidenzintervall = CI: 1,11-1,64), Parästhesien (HR: 1,25; CI: 1,10-1,41) und entzündlichen Darmerkrankungen (HR: 1,25; CI: 1,04-1,50). Diese UAW traten vermehrt innerhalb der ersten sechs Wochen nach der Impfung auf.
Auffällig sind die entzündlichen Darmerkrankungen, die besonders bei den Zuerst-Geimpften auftraten. In dieser Gruppe befand sich auch der Großteil der Patienten, die wegen spezieller gesundheitlicher Risiken vorrangig vor der Schweinegrippe geschützt werden sollten. Hierunter waren wahrscheinlich auch vermehrt Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen. Sie haben vermutlich durch die Impfung und die damit verbundene Aktivierung des Immunsystems einen Schub bekommen. Gerade von dieser Gruppe hatte man sich erhofft, dass sie von der Impfung profitiert.
Fazit: Bei retrospektiver Analyse einer großen Kohorte (gesamte Bevölkerung von Stockholm), die zu über der Hälfte mit Pandemrix® gegen Schweinegrippe geimpft worden war, fand sich das Guillain-Barré-Syndrom, eine der am meisten gefürchteten UAW der Schweinegrippe-Impfung, in der Impfgruppe nicht häufiger, jedoch andere neurologische Erkrankungen. Häufiger waren nach der Impfung auch Aktivierungen entzündlicher Darmerkrankungen.
Literatur
Schlagworte zum Artikel:
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Schweinegrippe-Impfstoff Pandemrix
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